Heft 6 / 2016 (Juni 2016)

Abhandlungen

Notarassessor Dr. Daniel Seebach, LL. M.:
Die Europäische Testamentsregisterverknüpfung – eine neue Informationsmöglichkeit bei grenzüberschreitenden Erbfällen – 317

1.Nationales Testamentsregister und europäisches Erbrecht
2.Grundlagen der europäischen Testamentsregisterverknüpfung
a) Europäischer Hintergrund
b) Anbieter der europäischen Testamentsregisterverknüpfung
3. Funktionsweise der europäischen Testamentsregisterverknüpfung
a) Zentrale elektronische Kommunikationsplattform
b) Austausch auf Ebene der beteiligten Testamentsregister
c) Keine Abfrage des ZTR durch ausländische Stellen
d) Qualität des Datenbestands
4. Konkreter Ablauf einer RERT-Anfrage
a) Anfrageberechtigung
b) Vermittlung durch das ZTR
c) Antragsformular
d) Abfrage nur nach Eintritt des Sterbefalls
e) Übermittlung der Anfrage
f) Bearbeitung und Antwort
g) Bearbeitungsdauer
h) Kosten einer RERT-Anfrage
i) Support
j) Schematische Darstellung des Prozesses
5. Fazit

Dipl.-Rechtspfleger (FH) Oliver Weber
Gerichtskosten in Grundbuchsachen 321

I. Einführung
1. Gebühren
2. Geschäftswert
3. Auslagen
4. Kostenberechnung
II. Fallgruppen
1. Eigentum
2. Sondereigentum, Anlegung von Wohnungs- oder Teileigentumsgrundbüchern
3. Eintragungen von Belastungen
4. Veränderungen von Belastungen
5. Löschungen von Belastungen
6. Vormerkungen
7. Widerspruch und Rechtshängigkeitsvermerk
8. Sonstige Eintragungen und Tätigkeiten
9. Gebührenfreiheit
10. Sonstige Erledigung und Rechtsmittelverfahren
11. Rechtsbehelfe in Gerichtskostensachen
III. Altverfahren und Übergangsvorschriften
1. Antragseingang vor dem 1. August 2013
2. Antragseingang vor dem 4. Juli 2015

Rechtsprechung

Sachen- und Grundbuchrecht
BGB § 900 Abs. 1, § 937 Abs. 1; NGO § 92 Abs. 6 [jetzt NKomVG jetzt § 120 Abs. 6] (Erbbaurechtsvertrag) BGH, Urteil vom 22.1.2016, V ZR 27/14

1. Ein Erbbaurechtsvertrag bedarf als kreditähnliches Rechtsgeschäft der Genehmigung durch die Kommunalaufsichtsbehörde, wenn er eine Verpflichtung der Gemeinde begründet, einen Erbbauzins zu zahlen.
2. Der Erwerb durch Ersitzung trägt seinen Rechtsgrund in sich und schließt Ansprüche gegen den Erwerber aus ungerechtfertigter Bereicherung aus.

ErbbauRG § 2 Nr. 4 (Erlöschen der Erbbauzinsreallast, Heimfallanspruch) BGH, Urteil vom 6.11.2015, V ZR 165/14

a) Einem Heimfallanspruch kommt keine dingliche Wirkung zu. Sind dessen Voraussetzungen bei einem früheren Erbbauberechtigten eingetreten, kann er daher nicht gegen den Erwerber des Erbbaurechts geltend gemacht werden.
b) Hat ein Grundstückseigentümer der Belastung des Erbbaurechts mit einem gegenüber der Erbbauzinsreallast vorrangigen Grundpfandrecht zugestimmt, kann er gegenüber dem Ersteher des Erbbaurechts kein Heimfallrecht mit der Begründung ausüben, dieser sei nicht bereit, in die schuldrechtlichen Verpflichtungen des früheren Erbbauberechtigten hinsichtlich des Erbbauzinses einzutreten (Fortführung von Senat, Beschluss vom 26. Februar 1987 – V ZB 10/86, BGHZ 100, 107 [= Rpfleger 1987, 257]).

FamFG § 26; GBO § 13 Abs. 1, § 18 Abs. 1, 3, § 47 Abs. 1; RPflG § 5 Abs. 2 und 3 (Anwendung ausländischen Rechts) OLG München, Beschluss vom 30.11.2015, 34 Wx 364/15

1. Um Fragen zum anwendbaren ausländischen Recht zu klären (hier: polnisches Internationales Privatrecht, Ehegüterrecht), kann das Grundbuchamt auch im Antragsverfahren nicht durch Zwischenverfügung aufgeben, ein Rechtsgutachten vorzulegen.
2. Zur Grundbucheintragung von Eheleuten polnischer Staatsangehörigkeit als Erwerber zum Miteigentum zu gleichen Teilen, wenn diese im gesetzlichen Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft leben.

BGB § 1829 Abs. 1 Satz 2; Haager Übereinkommens über den internationalen Schutz von Erwachsenen Art. 14 (Doppelbevollmächtigung) PfälzOLG Zweibrücken, Beschluss vom 9.11.2015, 3 W 54/15

1. Der Anwendungsbereich der notariellen Eigenurkunde ist nicht darauf beschränkt, verfahrensrechtliche Erklärungen der Beteiligten zu ändern, zu ergänzen oder zu berichtigen, soweit dies zum grundbuchlichen Vollzug dieser Urkunde erforderlich ist. Sie kann auch materiellrechtliche Erklärungen zum Gegenstand haben, jedenfalls soweit diese dem Geschäftskreis des Notars zuzuordnen sind.
2. Zum Umfang einer dem Notar erteilten Vollmacht, die gerichtliche Genehmigung nach § 1829 Abs. 1 Satz 2 BGB entgegenzunehmen, dem anderen Teil mitzuteilen und diese Mitteilung für ihn in Empfang zu nehmen.

GBO § 71 Abs. 2 Satz 1; BGB §§ 705 ff., 741 ff., 1008 ff. (Mehrfachberechtigung am Grundstück) PfälzOLG Zweibrücken, Beschluss vom 1.12.2015, 3 W 107/15

Eine Mehrfachberechtigung an einem Grundstück in Form einer Gesamthandsberechtigung i. S. der §§ 705 ff. BGB oder einer Bruchteilsberechtigung i. S. der §§ 741 ff., 1008 ff. BGB erfordert grundsätzlich ein gemeinschaftliches Zusammenwirken aller Miteigentümerzur Wahrung der auf das Gemeinschaftseigentum bezogenen Rechte (§ 709 Satz 1, § 744 Abs. 1 BGB). Auch die Beschwerdebefugnis steht deshalb nur allen Berechtigten gemeinsam zu.
Mit Anmerkung von: Dipl.-Rechtspfleger HorstBestelmeyer, Gauting

GBO §§ 19, 27 Satz 1; BGB § 157 (Zustimmung zur Löschung) OLG München, Beschluss vom 8.10.2015, 34 Wx 289/15

Soll im Rahmen einer Grundstücksveräußerung die Zustimmung des Eigentümers zur Löschung eines Gesamtgrundpfandrechts alle Grundstücke umfassen, an denen das Recht lastet, so muss dies in so eindeutiger Weise geschehen, dass kein Zweifel bestehen bleibt, es könne nur die Löschung der Belastung an dem veräußerten Grundstück gemeint sein (Bestätigung von Senat vom 26.11.2007, 34 Wx 119/07).

GBO § 29 Abs. 1 Satz 2, § 32 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1, 2; BNotO § 21 Abs. 1 (Nachweis der Vertretungsberechtigung) OLG Düsseldorf, Beschluss vom 23.12.2015, I-3 Wx 243/15

Hat der um Eintragung des Eigentumswechsels in das Grundbuch nachsuchende Notar in der beurkundeten Verkaufsvollmacht nicht nur die Firma der Komplementär-GmbH benannt, sondern auch das Registergericht und das Registerblatt derjenigen Eintragungen im – elektronisch geführten – Handelsregister angegeben, denen die Vertretungsbefugnis der Komplementär-GmbH für die Grundstückseigentümerin (GmbH & Co. KG als Bauträgerin) und des Geschäftsführers der KomplementärGmbH für diese als persönlich haftende Gesellschafterin zu entnehmen sind, so bedarf es zum Nachweis einer Vertretungsberechtigung in der grundbuchrechtlich vorgeschriebenen Form darüber hinaus keiner ausdrücklichen Bezugnahme auf das elektronisch geführte Handelsregister.

GBV § 23 Abs. 1, § 28 Abs. 1, 2 lit. a (Anlegung eines neuen Grundbuchblattes) OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21.10.2015, I-3 Wx 10/15

1. Bei dem Begehren, das vorhandene (nach erfolgter Eigentumsumschreibung) für unübersichtlich gehaltene Grundbuchblatt zu schließen und ein neues Grundbuchblatt anzulegen, handelt es sich um eine Anregung auf Umschreibung des existierenden Grundbuchblattes, deren Voraussetzungen in § 28 GBV geregelt sind.
2. Außerhalb des Vorhandenseins zwingender Umschreibungsvoraussetzungen (kein Raum mehr für Neueintragungen und Unübersichtlichkeit) steht es im pflichtgemäßen Ermessen des Grundbuchamts, durch Umschreibung eine wesentliche Vereinfachung herbeizuführen.
3. Lässt eine die Umschreibung ablehnende Entscheidung des Grundbuchamts nicht erkennen, dass es sich der Möglichkeit der (fakultativen) Umschreibung gemäß § 28 Abs. 2 GBV bewusst gewesen ist und hat das Grundbuchamt demnach das ihm zustehende Ermessen nicht ausgeübt, so eröffnet sich dem Beschwerdegericht die Möglichkeit einer eigenen Ermessensentscheidung.

BGB § 1416 Abs. 1 und Abs. 2, § 1925 Abs. 2, § 2042; GBO § 22 Abs. 1, § 47 Abs. 1 (Erbschaft, Güterstand der Gütergemeinschaft) OLG München, Beschluss vom 26.10.2015, 34 Wx 233/15

Fällt die Erbschaft Eltern, die im Güterstand der Gütergemeinschaft leben, als gesetzlichen Erben zweiter Ordnung an, so ist für eine rechtsgeschäftliche Übertragung des Vermögens von der Erbengemeinschaft in das Gesamtgut der Ehegatten kein Raum, weil die Erbschaft kraft Gesetzes in das Gesamtgut fällt.

BGB § 2113, GBO § 51 (Nachweis weiterer Abkömmlinge) OLG Hamm, Beschluss vom 15.12.2015, 15 W 514/15

Hat die Erblasserin ihre Tochter als Vorerbin und sowohl ihren namentlich benannten Enkel als auch alle künftig der Vorerbin geborenen leiblichen Kinder als Nacherben eingesetzt, so reicht die Erklärung der im 59. Lebensjahr stehenden Vorerbin, sie habe keine weiteren Kinder geboren und wolle und könne keine weiteren Kinder mehr gebären, nicht aus, um von der Eintragung eines Nacherbenvermerks absehen zu können.

Familien-, Betreuungs- und Vormundschaftsrecht
BGB § 1896 Abs. 2 (Erforderlichkeit einer Betreuung trotz Vorsorgevollmacht) BGH, Beschluss vom 17.2.2016, XII ZB 498/15

Zur Frage, wann die Einrichtung einer Betreuung trotz bestehender Vorsorgevollmacht erforderlich sein kann

BGB § 1903 Abs. 1 Satz 1, § 1908 d Abs. 3 und 4; FamFG § 293 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 (Aufgabenkreis des Betreuers) BGH, Beschluss vom 27.1.2016, XII ZB 519/15

1. Auch die Gefahr des Entstehens von Verbindlichkeiten, die der Betroffene aktuell nicht erfüllen kann und die eine Verschuldung bewirken, kann einen Betreuungsbedarf begründen.
2. Neigt ein Betroffener krankheitsbedingt dazu, sich durch das Betreiben einer Vielzahl von sinnlosen Verfahren zu schädigen, kommt die isolierte Bestimmung der rechtlichen Vertretung des Betroffenen als Aufgabenkreis in Betracht (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 21.1. 2015 – XII ZB 324/14 – FamRZ 2015, 649 [= Rpfleger 2015, 332]).
3. Droht der Betroffene durch eine Vielzahl von unsinnigen Anträgen oder Rechtsstreitigkeiten zu seinen Lasten erhebliche Kosten zu verursachen, wie etwa Gerichtsgebühren, die Kosten der gegnerischen Rechtsvertretung oder auch die Auferlegung von Verschuldenskosten bei missbräuchlicher Rechtsverfolgung in sozialgerichtlichen Verfahren, so kann das die Annahme einer die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts erfordernden erheblichen Gefahr für sein Vermögen rechtfertigen.
4. Zur Frage, wann die Erweiterung von Betreuung und Einwilligungsvorbehalt nicht wesentlich im Sinne des § 293 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 FamFG ist.

GVG § 17a Abs. 6, Abs. 4 S. 3; ZPO §§ 567 ff. (Rechtswegentscheidung in FamFG-Verfahren) OLG Frankfurt, Beschluss vom 5.1.2016, 20 W 393/15

1. Besteht im Rahmen eines Verweisungsbeschlusses nach § 17a Abs. 4 GVG in Verbindung mit dem weiteren Vorgehen des verweisenden Gerichts eine auch nicht durch Auslegung sicher zu klärende Unklarheit, die es dem Rechtsmittelgericht nicht ermöglicht, die Entscheidung auf ihre inhaltliche Richtigkeit in verfahrensrechtlicher und materiell-rechtlicher Hinsicht zu prüfen, ist der Beschluss aufzuheben und das Verfahren an das abgebende Gericht zurückzugeben (hier: Verweisung eines Verfahrens auf Aufgebot der Nachlassgläubiger vom Nachlassgericht an die Zivilprozessabteilung desselben Amtsgerichts).
2. Für die Anfechtung von Entscheidungen nach § 17a Abs. 4 S. 3 GVG in FamFG-Verfahren sind die Bestimmungen der ZPO über die sofortige Beschwerde nach §§ 567 ff. ZPO entsprechend anwendbar.

BGB §§ 1840, 1908i Abs. 1 Satz 1 (Berichterstattungspflicht des Betreuers) AG Brandenburg, Beschluss vom 21.12.2015, 91 XVII 95/15

Zur Ausgestaltung und (hier abgelehnten) Verlängerung der Berichterstattungspflicht des Betreuers.

Erb- und Nachlassrecht
BGB § 2205 Satz 3 (Unentgeltlichkeit einer Verfügung des Testamentsvollstreckers) BGH, Urteil vom 24.2.2016, IV ZR 342/15

Bei der Beurteilung der Unentgeltlichkeit einer Verfügung des Testamentsvollstreckers gemäß § 2205 Satz 3 BGB ist beim Erwerb eines in den Nachlass fallenden Miteigentumsanteils an einem Grundstück durch den Testamentsvollstrecker persönlich kein Wertabschlag vorzunehmen, wenn sich durch den Vertrag sämtliche Miteigentumsanteile an dem Grundstück in seiner Hand vereinigen sollen (Fortführung von Senatsurteil vom 13. Mai 2015 – IV ZR 138/14, ZEV 2015, 482).

BGB §§ 2065, 2197, 2208 Abs. 1 Satz 2, § 2368 Abs. 2, § 2361 Abs. 1 i. d. F. vom 17.12.2008 bzw. vom 2.1.2002 (Einziehung des Testamentsvollstreckerzeugnisses) OLG Düsseldorf, Beschluss vom 25.11.2015, I-3 Wx 77+78/15

1. Das Testamentsvollstreckerzeugnis ist einzuziehen, wenn die Voraussetzungen seiner Erteilung von Anfang an nicht vorlagen oder nachträglich nicht mehr vorhanden sind, so wenn etwa die erneute Überprüfung (hier: wegen Fehlens einer Andeutung des Erblasserwillens, die Verwaltung und Aufteilung des Nachlasses auf ein in einem früheren Testament erwähntes Auslandskonto zu erstrecken), nicht die ausgewiesene Stellung als Testamentsvollstrecker ergibt oder nunmehr auf anderer rechtlicher Beurteilung beruht.
2. Ist schon die Ernennung zum Testamentsvollstrecker unwirksam (hier: gegenstandslos, weil die Anordnung der Testamentsvollstreckung mit Blick auf den im Zeitpunkt der Antragstellung bereits vollständig abgewickelten Nachlass nicht mehr in Betracht kam), so bedarf die Frage, ob der Testamentsvollstrecker aus wichtigem Grund aus seinem Amt zu entlassen ist, keiner Erörterung.

Prozesskosten-, Verfahrenskosten- und Beratungshilfe
ZPO § 114; FamFG § 76 (Mutwilligkeit, Inanspruchnahme des Familiengerichts) OLG Karlsruhe, Beschluss vom 7.1.2016, 20 WF 209/15

1. Es ist nicht grundsätzlich mutwillig im Sinne der § 76 FamFG, § 114 ZPO, einen Antrag auf Umgangsregelung beim Familiengericht zu stellen, ohne zuvor die Beratung und Unterstützung durch das Jugendamt nachgesucht zu haben.
2. Die Mutwilligkeit der Inanspruchnahme des Familiengerichts kann nur angenommen werden, wenn nach den konkreten Umständen im Einzelfall aussichtsreiche Möglichkeiten einer vorgerichtlichen Verständigung bestanden, die jedoch nicht genutzt wurden.

RVG VV 2501, 2503; RVG § 33 Abs. 3, § 56 Abs. 2 Satz 1 (Beratungshilfe, Vergütung des Anwalts bei vorbereitender Akteneinsichtnahme) OLG Bamberg, Beschluss vom 8.2.2016, 4 W 120/15

1. Eine vorbereitende Akteneinsicht durch den Anwalt führt nicht zur Entstehung der Geschäftsgebühr gemäß RVG VV 2503, wenn die Akteneinsicht ausschließlich zur Beratung dient und es zum Betreiben eines Geschäfts, also zu einer über die Beratung hinausgehenden Tätigkeit, nicht kommt.
2. Die Beratungsgebühr gemäß RVG VV 2501 deckt sämtliche mit der Beratung zusammenhängenden Tätigkeiten und damit auch eine vorbereitende Akteneinsicht ab.

Zivilprozess und Zwangsvollstreckung
BGB §§ 705, 719; ZPO § 767 Abs. 1 (Vollstreckungstitel gegen GbR) BGH, Urteil vom 3.11.2015, II ZR 446/13

a) Richtet sich ein Vollstreckungstitel gegen eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Vollstreckungsschuldnerin, steht die Befugnis zur Erhebung einer Vollstreckungsabwehrklage der Gesellschaft zu, nicht ihren Gesellschaftern.
b) Bei einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts können – ebenso wie bei einer Personenhandelsgesellschaft (BGH, Urteil vom 8. November 1965 – II ZR 223/64, BGHZ 44, 229, 231) – unter Wahrung der Gesellschaftsidentität gleichzeitig sämtliche Gesellschafter im Wege der Anteilsübertragung ausgewechselt werden.

ZPO § 754 Abs. 1, § 775 Nr. 4, §§ 802b, 882c Abs. 1 Nr. 1 bis 3, § 882d (Zahlungsplan, Eintragung in Schuldnerverzeichnis) BGH, Beschluss vom 21.12.2015, I ZB 107/14

a) Ein Zahlungsplan nach § 802b ZPO, der festgesetzt und nicht hinfällig ist, steht der Eintragung in das Schuldnerverzeichnis gemäß § 882c Abs. 1 Satz 2 ZPO nicht nur im Falle des Eintragungsgrundes gemäß § 882c Abs. 1 Nr. 3 ZPO, sondern auch im Falle der Eintragungsgründe nach § 882c Abs. 1 Nr. 1 und 2 ZPO entgegen.
b) Eine Stundungs- oder Stillhalteabrede im Sinne des § 775 Nr. 4 ZPO, die Gläubiger und Schuldner nach der Eintragungsanordnung des Gerichtsvollziehers gemäß § 882c Abs. 1 ZPO, aber vor der Entscheidung über den dagegen gerichteten Widerspruch des Schuldners gemäß § 882d Abs. 1 ZPO oder über die sich ggf. anschließende sofortige Beschwerde vereinbaren, stellt ein Hindernis für die Eintragung in das Schuldnerverzeichnis dar.

Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung
BGB § 1192 Abs. 1; ZVG § 52 (Ablösung einer in der Versteigerung übernommenen Grundschuld) BGH, Urteil vom 29.1.2016, V ZR 285/14

Zahlt der Ersteher des Grundstücks zur Ablösung einer in der Zwangs- oder Teilungsversteigerung bestehen gebliebenen Grundschuld eine unter deren Nennbetrag liegenden Summe, darf der Grundschuldgläubiger die Löschung der Grundschuld, die ihm in Höhe des restlichen Nennbetrags weiterhin zusteht, ohne eine entsprechende Vereinbarung mit dem Sicherungsgeber nicht bewilligen (Abgrenzung zu dem Urteil des Senats vom 4. Februar 2011 – V ZR 132/10, BGHZ 188, 186 Rn. 13 [= Rpfleger 2011, 390]).

ZVG §§ 15, 16; SGB X § 66 Abs. 4 Satz 1; ZPO § 724 (Forderungsbescheid als Vollstreckungstitel) BGH, Beschluss vom 25. Februar 2016 – V ZB 25/15 – LG Traunstein

Eine als Forderungsbescheid bezeichnete und mit einer Rechtsmittelbelehrung versehene Aufstellung rückständiger Sozialversicherungsbeiträge, mit der der Adressat zur Zahlung des Saldos aufgefordert wird, stellt einen Verwaltungsakt im Sinne von § 31 Satz 1 SGB X dar, der gemäß § 66 Abs. 4 Satz 1 SGB X nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung vollstreckt werden kann; das Vollstreckungsgericht darf nicht überprüfen, ob der Bescheid ausreichend begründet ist und ob er inhaltlich zutreffend ist (Abgrenzung zu BGH, Beschluss vom 25. Oktober 2007 – I ZB 19/07, MDR 2008, 712 f.).

Insolvenzrecht
InsO § 296 Abs. 1, § 295 Abs. 2 (Versagung der RSB) BGH, Beschluss vom 4.2.2016, IX ZB 13/15

1. Im Fall des § 295 Abs. 2 InsO genügt der Gläubiger seiner Pflicht zur Glaubhaftmachung der Beeinträchtigung der Befriedigung der Insolvenzgläubiger bereits dann, wenn er darlegt, dass der Schuldner an den Treuhänder nicht den Betrag abgeführt hat, den er bei Ausübung einer vergleichbaren abhängigen Tätigkeit hätte abführen müssen.
2. Gibt das Insolvenzgericht dem Schuldner gemäß § 296 Abs. 2 Satz 1 InsO nur Gelegenheit, sich zum Versagungsantrag des Gläubigers zu äußern, handelt es sich bei der Stellungnahme des Schuldners nicht um eine Auskunft nach § 296 Abs. 2 Satz 2 InsO.
3. Eine Versagung der Restschuldbefreiung wegen nicht fristgerecht abgegebener eidesstattlicher Versicherung setzt voraus, dass der Schuldner zuvor eine Auskunft über die Erfüllung seiner Obliegenheiten gemäß § 296 Abs. 2 Satz 2 InsO erteilt hat und der Schuldner vom Gericht aufgefordert wird, die Richtigkeit bestimmter Auskünfte an Eides statt zu versichern.

InsO §§ 13, 290 Abs. 1 Nr. 3 a. F. (Erneuter Eigenantrag auf Insolvenzeröffnung) BGH, Beschluss vom 4.2.2016, IX ZB 71/15

Dem Schuldner fehlt das für den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens erforderliche Rechtsschutzinteresse, wenn er den erneuten Eigenantrag mit dem Ziel der Erteilung der Restschuldbefreiung stellt, obwohl ihm innerhalb der letzten zehn Jahre vor dem Eröffnungsantrag bereits einmal die Restschuldbefreiung in einem Insolvenzverfahren erteilt worden ist. Dies gilt auch dann, wenn in dem vorausgehenden Verfahren Forderungen einzelner Gläubiger möglicherweise zu Unrecht mit dem Zusatz der vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung festgestellt worden sind.

InsO § 290 Abs. 1 Nr. 6 (Versagung der RSB) AG Göttingen, Beschluss vom 23.12.2015, 71 IK 106/15

1. Gibt ein Schuldner im Gläubigerverzeichnis im Wesentlichen sämtliche später zur Tabelle angemeldeten Forderungen an, spricht dies bei Nichtangabe weiterer Gläubiger gegen eine zumindest grob fahrlässige Falschangabe im Sinne des § 290 Abs. 1 Nr. 6 InsO.
2. Beläuft sich die nicht angegebene Hauptforderung auf 44,07 e, ist eine Versagung der Restschuldbefreiung jedenfalls unverhältnismäßig.
3. Über einen unbegründeten Versagungsantrag kann auch entschieden werden, wenn noch kein Schlusstermin bzw. eine Schlussanhörung im schriftlichen Verfahren oder die Einstellung des Insolvenzverfahrens nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit erfolgt ist (Fortführung von AG Göttingen Beschluss vom 21.10.2014 – 74 IK 208/14, ZInsO 2014, 2455 = InsbürO 2015, 28 = NZI 2014, 1054 = VIA 2015, 13 = ZVI 2015, 43 = Rpfleger 2015, 299).

Straf-, Strafverfahrens- und Strafvollstreckungsrecht
StPO § 140; RVG § 51 Abs. 1 Satz 1 und 3; RVG VV 4101, 4103, 4105, 4113 (Erheblicher Zeitaufwand für Fahrten) OLG Nürnberg, Beschluss vom 14.1.2016, 2 AR 31/15

Zur Berücksichtigung eines überproportionalen Zeitaufwands für die Fahrt des Pflichtverteidigers vom Kanzleiort zu Haftprüfungsterminen und Besprechungsterminen mit seinem Mandanten bei der Bemessung der Pauschgebühr.

RVG VV 7000; RVG § 46 Abs. 1 (Notwendige Verteidigerauslagen, Ausdruck auf CDs gespeicherter Textdateien) OLG Celle, Beschluss vom 11.12.2015, 1 Ws 518/15

Bei der Beantragung von Aufwendungen nach RVG VV 7000 Ziff. 1 Buchst. a liegt die Darlegungs- und Beweislast für die Notwendigkeit der Ausdrucke auf Datenträger überlassener Gerichtsakten bei dem Rechtsanwalt (Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung; Beschluss vom 28. November 2011 – 1 Ws 415–418/11 – NJW 2012, 1671 [= Rpfleger 2012, 227]).

Kostenrecht
ZPO § 91; JVEG §§ 20, 22 (Verdienstausfall einer WE-Verwalterin) OLG Naumburg, Beschluss vom 6.11.2015, 12 W 31/15

Für die Geschäftsführerin einer GmbH, die gewerblich mit der Verwaltung einer klagenden Wohnungseigentumsgemeinschaft beauftragt ist, kann kein Verdienstausfall für die Wahrnehmung von Terminen im Rahmen eines Gerichtsverfahrens gemäß § 91 Abs. 1 Satz 2 ZPO i. V. m. §§ 20, 22 JVEG im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens geltend gemacht werden.

RVG § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 2, §§ 3a, 11 Abs. 5; BGB §§ 133, 157, 675; RVG VV Vorbem. 3 Abs. 3 (Zugesagte Kostenobergrenze) OLG Koblenz, Beschluss vom 1.12.2015, 14 W 777/15

Tritt der Mandant dem Kostenfestsetzungsantrag seines Bevollmächtigten mit dem Einwand entgegen, es sei ein bestimmter Betrag als Kostenobergrenze genannt worden, handelt es sich um einen die Festsetzung nach § 11 RVG hindernden Einwand, sofern die Behauptung nicht ersichtlich jeder tatsächlichen Grundlage entbehrt (hier: verneint). Auch die Festsetzung des zugestandenen Höchstbetrages ist abzulehnen.

ArbGG § 12 Abs. 1 Satz 1; RVG § 20 Abs. 1 Satz 1 (Reisekosten nach Verweisung des Rechtsstreits) HansOLG Hamburg, Beschluss vom 17.12.2015, 8 W 123/15

Nach Verweisung eines Rechtsstreits vom Arbeitsgericht an ein Landgericht können die Reisekosten des bisherigen Prozessbevollmächtigten, der die Partei auch vor dem Landgericht vertritt, erstattungsfähig sein.

GNotKG KV 14110 Nr. 1 (Vorausvermächtnis, Gebührenprivilegierung) OLG München, Beschluss vom 15.12.2015, 34 Wx 334/15

Die gebührenrechtliche Privilegierung für die Eintragung von Erben infolge einer Erbauseinandersetzung (Anm. 1 Satz 2) erfasst auch solche Vorgänge, in denen der Eigentumserwerb von Miterben auf der Erfüllung eines Vorausvermächtnisses beruht (Anschluss an OLG Stuttgart vom 16.7.2015, 8 W 255/15, juris [= Rpfleger 2015, 729]).

Gesetzgebungsreport

Berichtszeitraum vom 26.3.2016 – 25.4.2016

BGBl. I
Gesetz zur Änderung des Designgesetzes und weiterer Vorschriften des gewerblichen Rechtsschutzes vom 4. April 2016, BGBl. I 2016 S. 558
Länderreport
Berlin
Gesetz zur Weiterentwicklung des Berliner Justizvollzugs vom 4. April 2016, GVBl. 2016 S. 152

Schrifttumshinweise

Sachen- und Grundbuchrecht

Amann, Erlöschen dinglicher Vorkaufsrechte für den ersten Verkaufsfall vom Gesetzgeber übersehene Hintertür für Umgehungen?, NotBZ 2016, 161
Fröhlich, Die Kirchenfabrik 800 Jahre Rechtstradition im Rheinland, RNotZ 2016, 161
Reithmann, Vertretungsbescheinigungen ausländischer Notare, NotBZ 2016, 129
Stöhr, Mitwirkungserfordernis der Sondereigentümer und dinglich Berechtigten bei Gestaltungen und Änderungen im Recht der Wohnungseigentümer, RNotZ 2016, 137

Familien-, Betreuungs- und Vormundschaftsrecht

Campbell, Die rechtliche Elternschaft in Regenbogenfamilien, NZFam 2016, 296
Elmauer/Kauermann-Walter, Vormundschaften beim Verein nicht nur für unbegleitete ausländische Minderjährige, JAmt 2016, 116
Etzold, Bestellung eines rechtskundigen Mitvormunds für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge nach § 1775 S. 2 BGB, FamRZ 2016, 609
Klüsener, Vergütung des anwaltlichen Verfahrenspflegers in Betreuungssachen, JurBüro 2016, 169
Lamontain, Umsetzung des Gesetzes zur Verbesserung der Unterbringung, Versorgung und Betreuung ausländischer Kinder und Jugendlicher. Vorläufige Verfahren und erste Praxis, JAmt 2016, 110
Mix/Katzenstein, Inobhutnahme oder Herausgabe bei bestehender Vormundschaft/Pflegschaft, JAmt 2016, 119
Rainer, Die Aufhebbarkeit von Minderjährigenadoptionen, StAZ 2016, 33
Winzenried, Rechtliche Betreuung von Flüchtlingen Besonderheiten und Herausforderungen, BtPrax 2016, 54

Erb- und Nachlassrecht

Kuleisa, Rückzahlungspflicht bei entnommener Vergütung durch den Nachlasspfleger? ZVI 2016, 135
Siebert, Die Entwicklung des Erbrechts im zweiten Halbjahr 2015, NJW 2016, 1063

Prozesskosten- und Beratungshilfe

Christl, Konkurrenz von Prozess-/Verfahrenskostenhilfe und Sozialleistungen nach SGB II, SGB XII, NZS 2016, 293
Giers, Fehlende, unvollständige und falsche Angaben zur Verfahrenskostenhilfe, FamRZ 2016, 613
Nickel, Die Entwicklung der Rechtsprechung zur Prozesskosten- und Beratungshilfe im Jahr 2015, MDR 2016, 438
Schneider, N., Abrechnung bei nur teilweiser VKH-Bewilligung, NZFam 2016, 304

Zivilprozess und Zwangsvollstreckung

Wedel, Zur aktuellen Praxis der Mahngerichte, neben RA-Kosten geltend gemachte Inkassokosten zu monieren, JurBüro 2016, 180

Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung

Ertle, Geringstes Gebot Wunschdenken trifft auf Gesetzeskonformität, ZfIR 2016, 224
Keller, Aktuelle Rechtsprechung zur Zwangsverwaltung im Jahre 2015, ZfIR 2016, 253
Meerhoff, Rangverlust und späte Anmeldung eines Wertersatzes, ZfIR 2016, 263
Smid, Welche Voraussetzungen hat die Zulässigkeit der Tabellenfeststellungsklage? ZInsO 2016, 781

Insolvenzrecht

Blankenburg, Rettung der Insolvenzverwalter-Vorauswahlliste oder Tod auf Raten? ZIP 2016, 749
Kleine-Cosack, Grundrechtsleerlauf bei juristischen Personen Insolvenzverwalterbeschluss des BVerfG im Kreuzfeuer der Kritik, ZIP 2016, 741
Wolgast, Restschuldbefreiung im zweiten Anlauf? Entfaltet die Rücknahme des Antrags auf Restschuldbefreiung Sperrwirkung für einen erneuten Antrag in einem Folgeverfahren? ZVI 2016, 131

Straf-, Strafverfahrens- und Strafvollstreckungsrecht

Allgayer, Vertretung bei Einlegung sowie Begründung von Rechtsmitteln und Rechtsbehelfen, NStZ 2016, 192
Cirener, Die Zulässigkeit von Verfahrensrügen in der Rechtsprechung des BGH 2. Teil, NStZ-RR 2016, 97
Burhoff, Anwaltsvergütung für die Tätigkeit als Zeugenbeistand im Strafverfahren, RVGreport 2016, 122
Fromm, Kostentragungspflicht im Strafverfahren bei Freisprüchen und Einstellungen ein Überblick, JurBüro 2016, 175

Kostenrecht

Hansens, Gebührentipps für Rechtsanwälte. Gebührenanrechnung, Kostenfestsetzungsverfahren und Rückfestsetzung von Kosten, ZAP Fach 24 S. 1479
Klüsener, Verfahrens- und Gegenstandswert in Verfahren über die Anpassung des Versorgungsausgleichs bei Unterhaltszahlungen, JurBüro 2016, 113
Meyer, Zum Anfall der Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV RVG bei Erledigterklärung im Termin, JurBüro 2016, 126
Schneider, H., Erstattung von Umsatzsteuer nach dem JVEG, JurBüro 2016, 115
Schneider, N., Verfahrenswerte im Verbundverfahren, NZFam 2016, 355

Buchbesprechungen

GBO – Grundbuchordnung.
Herausgegeben von Prof. Dr. Stefan Hügel. Bearbeitet vom Herausgeber und von Dr. Johannes Holzer, Walter Kral, Aksel Kramer, Dr. Hans-Frieder Krauß, Dr. Dirk-Ulrich Otto, Dr. Wolfgang Reetz, Harald Wilsch und Andreas Zeiser. Verlag C. H. Beck, München. 3. Aufl., 2016. 1732 Seiten, Ln. 129,– Euro. Notar a. D. Prof. Walter Böhringer, Heidenheim/Brenz
Roth/Altmeppen. GmbHG.
Bearbeitet von Prof. Dr. Holger Altmeppen und Prof. Dr. Günter H. Roth. C. H. Beck Verlag, München. 8. Auflage, 2015. XXV, 1445 Seiten, Ln. 99,– Euro. ISBN-Nr. 978-3-406-67099-2 Prof. Dr. Peter Ries, Berlin
Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung.
ZPO, ZVG, Nebengesetze, europäische Regelungen, Kosten. Herausgegeben von Prof. Dr. Johann Kindl, Professor Dr. Caroline Meller-Hannich und RiOLG a. D. Hans-Joachim Wolf †. 3. Auflage 2016. Nomos Verlagsgesellschaft Baden-Baden. 3162 Seiten, geb. 108.– Euro. ISBN 978-3-8487-1696-8 Prof. Udo Hintzen, Berlin

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