Heft 3 / 2016 (März 2016)

Abhandlungen

Rechtsanwalt Thomas Fischer LL. M.:
Rechtsanwaltsvergütung für anwaltliche Berufsbetreuer 129

1. Einleitung
2. Grundlage des Anspruchs
3.Voraussetzungen für den Anspruch auf Aufwendungsersatz
4. Gegenstand des Anspruchs auf Aufwendungsersatz
5.Pauschalvergütung nach dem VBVG und Vergütung nach dem RVG schließen einander nicht aus
6.Die Inanspruchnahme von Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe ist vorrangig
7. Die Geltendmachung des Anspruchs
8. Erforderlichkeit der Aufwendungen

Dipl.-Rechtspfleger Volker Jurksch:
Der Löschungsantrag als Bedingung – eine taugliche Idee? 131

I. Einführung
II. Probleme bei der Rückabwicklung
III. Nachteile des bisherigen Modells
IV. Argumente gegen die vorgeschlagene Lösung
V. Fazit

Dipl. Rpfl. Ernst Riedel:
Entwicklung des Insolvenzrechts in den Jahren 2014 bis 2015 – im Anschluss an den Beitrag in Rpfleger 2014, 60 ff. – 133

I. Reform des Privatinsolvenzrechts
1. Zeitlicher Geltungsbereich
2. Aufhebung der Kostenstundung
3. Verschlankung des Verfahrensablaufs
4. Aufhebung des § 114 InsO
5. Restschuldbefreiung
a) Bestimmung des Treuhänders
b) Vorzeitige Restschuldbefreiung
II. Eröffnungsverfahren
1. Kostenstundung
III. Eröffnetes Verfahren
1. Auskunftspflicht der organschaftlichen Vertreter
2. Zwangsgeldfestsetzung gegen den Insolvenzverwalter/Treuhänder
3. Entlassung des Insolvenzverwalters
4. Sonderinsolvenzverwaltung
a) Anordnung der Sonderinsolvenzverwaltung
b) Aufhebung der Sonderinsolvenzverwaltung
5. Gläubigerausschuss
6. Gegenseitige Verträge
7. Abgesonderte Befriedigung
a) „Lästigkeitsprämie“
b) Pfändungspfandrecht an künftig fällig werdenden Forderungen
c) Vermieterpfandrecht
d) Pfändungspfandrecht an einem Miteigentumsanteil
8. Masseverbindlichkeiten
9. Insolvenzmasse
a) Zusammenrechnung mit ausländischen Sozialleistungen
b) Pfändungsschutz für Kapitaleinkünfte
c) Nichtberücksichtigung von Unterhaltsberechtigten
d) Pfändungsschutz für die Vergütung von Mehrarbeitsstunden
e) Bedingt pfändbare Ansprüche
f) Neuerwerb
g) Zinsgünstige Anlage von Massegeldern
h) Massefreie Vermögenswerte
IV. Forderungsanmeldung und Forderungsprüfung
1. Anmeldung einer deliktischen Forderung
2. Vollstreckbarer Tabellenauszug
3. Insolvenz- und Neuforderung
4. Wirkung der Feststellung zur Insolvenztabelle
V. Einstellung des Verfahrens
1. Einstellung nach § 212 InsO
2.Nachtragsverteilung auch bei Einstellung nach § 207 InsO
VI. Wohlverhaltensphase
VII. Restschuldbefreiung
1. Verzicht auf Restschuldbefreiung mittels AGB
2.Versagung der Restschuldbefreiung: Antragsberechtigung
3. Erteilung der Restschuldbefreiung
4. Unzulässigkeit eines Antrags auf Restschuldbefreiung
VIII. Nachtragsverteilung
1. Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung
2.Anfall einer Versicherungsleistung zugunsten des Schuldners
3. Anordnung der Nachtragsverteilung
4. Keine Nachtragsverteilung hinsichtlich freigegebener Vermögenswerte
IX. Vergütung und Auslagenersatz
1. Personalkosten bei Übertragung des Zustellungswesens
2. Vergütung bei vorzeitiger Beendigung des Amtes
3.Berücksichtigung einer Zurückbehaltungsrechts der Insolvenzmasse
4. Berechnungsgrundlage
a) Vorsteuererstattung
b) Durchlaufende Gelder
5. (Noch) kein Inflationszuschlag
6. Vergütung des Sonderinsolvenzverwalters
7. Aufhebung des Festsetzungsbeschlusses
X. Haftung des Rechtspflegers aufgrund Amtspflichtverletzung

Rechtsprechung

Sachen- und Grundbuchrecht
GBO § 28; BGB § 181 (Identitätserklärung des Grundstücks, Vertretung) BGH, Beschluss vom 1.10.2015, V ZB 181/14

1. Erfolgen Messungsanerkennung und Auflassung nach Abschluss eines Kaufvertrages, handelt es sich nicht um genehmigungsbedürftige Insichgeschäfte, wenn sie von einem Vertreter, der für beide Vertragsparteien auftritt, erklärt werden.
2. Die Messungsanerkennung (Identitätserklärung) dient nicht dazu, die vertragsgemäße Erfüllung des Kaufvertrags festzustellen, sondern nur dazu, die Identität der unvermessen verkauften Teilfläche und des bei der Teilungsvermessung neu gebildeten Flurstücks zu bestätigen. Diesem Zweck dient sie unabhängig davon, ob sie der Auflassung nachfolgt oder vorausgeht.

BGB § 894; GBO § 22 Abs. 1 und 2, § 29 Abs. 1, § 35; ZPO § 894 (Nachweis der Erbfolge durch Urteil) OLG München, Beschluss vom 4.8.2015, 34 Wx 117/15

1. Berichtigungsbewilligung und Unrichtigkeitsnachweis führen mit unterschiedlichen Mitteln zur bezeichneten Berichtigung des Grundbuchs. Trotz unterschiedlicher Voraussetzungen und Anforderungen liegt ein einheitlicher Verfahrensgegenstand vor, den Grundbuchamt wie Beschwerdegericht in jeder Richtung zu würdigen haben.
2. Ist in dem der Berichtigungsbewilligung stattgebenden Urteil dargelegt, dass der eingetragene Eigentümer (der Beklagte) vom ursprünglich eingetragenen Erblasser nicht wirksam erworben hat, der Grundbesitz vielmehr aufgrund gesetzlicher Erbfolge dem Kläger (in Gesamthand mit seinen Miterben) zusteht, ist ein Nachweis für die behauptete Erbfolge entbehrlich (Anschluss an BayObLG vom 16.5.1934, BayObLGZ 1934, 179).

GBO §§ 20, 22 Abs. 1, § 29 Abs. 1, § 47 Abs. 2; BGB §§ 166, 727 Abs. 1 (Nachweis der Auflassungsberechtigung) OLG München, Beschluss vom 22.9.2015, 34 Wx 47/14

1. Zum Nachweis der Auflassungsberechtigung, wenn der im Grundbuch eingetragene Gesellschafter einer zweigliedrigen Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) verstorben ist.
2. Der Erbnachweis macht einen zusätzlichen Nachweis zum Vorhandensein und etwaigen Inhalt einer gesellschaftvertraglichen Nachfolgeklausel nicht entbehrlich. Liegt ein – schriftlicher – Gesellschaftsvertrag nicht vor, kann das Grundbuchamt zur Glaubhaftmachung seines Inhalts grundsätzlich eidesstattliche Versicherungen des verbliebenen Gesellschafters und des (der) Erben verlangen. Von Vertretern im Urkundstermin abgegebene „einfache“ – wenn auch nachgenehmigte – Erklärungen zur Nachfolge in den Gesellschaftsanteil genügen dafür regelmäßig nicht.

GBO § 18; Gesetz über die Verwaltung des Kirchenvermögens vom 24.7.1924 (Auflassung durch Kirchenvorstand) OLG Düsseldorf, Beschluss vom 7.10.2015, I-3 Wx 187/15

1. Das Grundbuchamt kann nicht im Wege der Zwischenverfügung verlangen, eine für nicht hinreichend bestimmt gehaltene Auflassung (hier lasse sich der notariellen Urkunde mit Blick auf die als Eigentümerin eingetragene „katholische Kirchengemeinde St. K . . . (Stiftungsfonds)“ nicht entnehmen, ob die „katholische Kirchengemeinde St. K . . .“ oder deren Stiftungsfonds Veräußerer des Tauschgrundstück sein solle) erneut zu erklären.
2. Da der Kirchenvorstand nach § 1 des Gesetzes über die Verwaltung des Kirchenvermögens vom 24.07.1924 nicht nur das Vermögen der Kirchengemeinde verwaltet, sondern sowohl die Kirchengemeinde als auch das Vermögen vertritt, bestehen keine Bedenken, die von ihm abgegebenen Willenserklärungen im notariellen Tauschvertrag so auszulegen, dass sie in jedem Fall für den wahren Grundstückseigentümer abgegeben werden sollten, sei es für die Kirchengemeinde, sei es etwa für einen nach weltlichem Recht selbständigen Stiftungsfonds, mit der Folge, dass die Auflassung an den Vertragspartner als wirksam erklärt anzusehen ist.

GBO §§ 9, 3, 123; BGB § 1008 (Anteilsrecht an einem Zweckgrundstück) OLG Naumburg, Beschluss vom 17.8.2015, 12 Wx 48/14

1. Nicht zu dem Kreis der buchungsfähigen Umstände zählt der Vermerk im Bestandsverzeichnis des Grundbuchblattes eines herrschenden Grundstücks über ein Anteilsrecht an einem Zweckgrundstück, das infolge eines Rezesses im Eigentum einer deutsch-rechtlichen Gemeinschaft von Separationsinteressenten steht, also einer Gesamthandsgemeinschaft eigener Art.
2. Die Rechte des Eigentümers des herrschenden Grundstücks werden dadurch gewahrt, dass das Grundbuchamt bei dem Grundbuch des Zweckgrundstücks ein „Wohnungsblatt“ führt, in dem zur Erleichterung bei der Feststellung der Eigentümer des Zweckgrundstücks die Blattbezeichnungen der Abfindungsgrundstücke vermerkt sind.

GG Art. 5; GBO § 12; GBV § 46 (Grundbucheinsicht, Presse) OLG Düsseldorf, Beschluss vom 7.10.2015, I-3 Wx 179/15

Zum presserechtlichen Interesse publizistisch tätiger Medien („gemeinnütziges Recherchezentrum im deutschsprachigen Raum“) auf Einsicht in das Grundbuch und die Grundakten (hier bejaht hinsichtlich der eine Veröffentlichung vorbereitenden Recherche, ob eine örtliche Sparkasse über ihre Tochtergesellschaften – aktuelle bzw. frühere Grundstückseigentümer – selbst als Unternehmer im Grundstücksgeschäft tätig gewesen und in Folge einer Überbewertung der Immobilien ein öffentliche Belange tangierendes, sachfremdes Risiko eingegangen ist).

Familien-, Betreuungs- und Vormundschaftsrecht
BGB § 1896 Abs. 2, 3 (Kontrollbetreuung) BGH, Beschluss vom 9.9.2015, XII ZB 125/15

Zur Erforderlichkeit einer Kontrollbetreuung bei einem vom Betroffenen geäußerten Verdacht der unberechtigten Entnahme eines Geldbetrags durch den Vorsorgebevollmächtigten (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 16. Juli 2014 – XII ZB 142/14 – FamRZ 2014, 1693 [= Rpfleger 2014, 669]).

BGB § 1896 Abs. 3 (Bestellung eines Kontrollbetreuers) BGH, Beschluss vom 14.10.2015, XII ZB 177/15

Zu den Voraussetzungen für die Bestellung eines Kontrollbetreuers mit dem Aufgabenkreis „Widerruf einer Vorsorgevollmacht“ (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 28. Juli 2015 – XII ZB 674/14 – FamRZ 2015, 1702).

BGB § 1896 Abs. 2 Satz 2; FamFG § 26 (Notwendigkeit der Betreuung) BGH, Beschluss vom 23.9.2015, XII ZB 225/15

Eine Betreuung ist nur dann gemäß § 1896 Abs. 2 Satz 2 BGB nicht erforderlich, wenn konkrete Alternativen im Sinne dieser Vorschrift bestehen. Die Möglichkeit einer Bevollmächtigung steht der Erforderlichkeit der Betreuung daher nur entgegen, wenn es tatsächlich mindestens eine Person gibt, welcher der Betroffene das für eine Vollmachterteilung erforderliche Vertrauen entgegen bringt und die zur Übernahme der anfallenden Aufgaben als Bevollmächtigter des Betroffenen bereit und in der Lage ist.

Erb- und Nachlassrecht
BGB §§ 1936, 2018, 2021, 812 Abs. 1, § 818 Abs. 1 und 2 (Zinsanspruch des Erben gegen den Erbschaftsbesitzer) BGH, Urteil vom 14.10.2015, IV ZR 438/14

Dem Erben steht gegen den Fiskus als Erbschaftsbesitzer neben dem Anspruch auf Herausgabe des Nachlasses ein Zinsanspruch gemäß §§ 2018, 2021, 812 Abs. 1, § 818 BGB auch dann zu, wenn der Fiskus zunächst gemäß § 1936 BGB als gesetzlicher Erbe berufen war.

FamFG § 81 Abs. 1 (Kostenentscheidung in Erbscheinsverfahren) BGH, Beschluss vom 18.11.2015, IV ZB 35/15

Bei der nach billigem Ermessen zu treffenden Kostenentscheidung in Erbscheinsverfahren gemäß § 81 Abs. 1 FamFG sind sämtliche in Betracht kommenden Umstände des Einzelfalles heranzuziehen. Hierbei kann – ohneAnwendung eines Regel-Ausnahme-Verhältnisses – neben anderen Umständen auch das Obsiegen und Unterliegen berücksichtigt werden.

Handels-, Gesellschafts- und Registerrecht
BGB § 33 Abs. 1 Satz 2 (Änderung des Zwecks eines Vereins) OLG Nürnberg, Beschluss vom 17.11.2015, 12 W 2249/15

1. Eine Änderung des Zweckes des Vereins im Sinne des § 33 Abs. 1 Satz 2 BGB erfordert eine Änderung des den Charakter des Vereins festlegenden obersten Leitsatzes der Vereinstätigkeit, der für das Wesen der Rechtspersönlichkeit des Vereins maßgebend ist und der das Lebensgesetz des Vereins – seine große Linie – bildet, um derentwillen sich die Mitglieder zusammengeschlossen haben und mit dessen Abänderung schlechterdings kein Mitglied bei seinem Beitritt zum Verein rechnen kann (im Anschluss an BGH, Beschluss vom 11.11.1985 – II ZB 5/85, BGHZ 96, 245; BayObLG NJW-RR 2001, 1260).
2. Die Änderung der Satzung eines Schützenvereins dahin, dass an Stelle der Ausübung des „Schieß- und Bogensports“ lediglich noch die Ausübung des „Bogensports“ Vereinszweck ist, stellt keine Zweckänderung im Sinne des § 33 Abs. 1 Satz 2 BGB dar.

BGB §§ 31a, 31b, 40 (Haftung eines ehrenamtlich tätigen Organmitglieds) OLG Nürnberg, Beschluss vom 13.11.2015, 12 W 1845/15

1. Die durch das Gesetz zur Begrenzung der Haftung von ehrenamtlich tätigen Vereinsvorständen vom 28.09.2009 und durch das Gesetz zur Stärkung des Ehrenamtes vom 21.03.2013 neu geschaffenen Regelungen der § 31a, § 31b BGB stehen der Satzungsbestimmung eines Vereins nicht entgegen, mit der die Haftung eines ehrenamtlich tätigen Organmitglieds (§ 31a Abs. 1 Satz 1 BGB) bzw. Vereinsmitglieds (§ 31b Abs. 1 Satz 1 BGB) dem Verein gegenüber auf vorsätzliches Handeln beschränkt wird.
2. § 31a Abs. 1 Satz 1 und § 31b Abs. 1 Satz 1 BGB gewährleisten einen Mindestschutz des Organmitglieds bzw. besonderen Vertreters (§ 31a BGB) sowie des einfachen Vereinsmitglieds (§ 31b BGB) bei dessen Haftung dem Verein gegenüber. Sie sind nur im Rahmen dieses Schutzzwecks gemäß § 40 BGB zwingend, so dass durch eine Satzungsbestimmung hiervon nicht zum Nachteil des geschützten Personenkreises abgewichen werden kann. § 40 BGB schließt eine weitergehende satzungsmäßige Haftungsbeschränkung (auch für grob fahrlässiges Verhalten) dem Verein gegenüber zum Vorteil des geschützten Personenkreises nicht aus.

Prozesskosten-, Verfahrenskosten- und Beratungshilfe
BerHG § 1 Abs. 1 Nr. 2; GG Art. 3 Abs. 1, 20 Abs. 1, 3 (Nachträgliche Gewährung von Beratungshilfe) BVerfG, Beschluss vom 7.10.2015, 1 BvR 1962/11

Die nachträgliche Gewährung von Beratungshilfe für die Einlegung und Begründung eines Widerspruchs darf nicht mit dem pauschalen Hinweis darauf abgelehnt werden, dass die antragstellende Person den Widerspruch selbst hätte einlegen können. Da die Erfolgsaussichten eines Widerspruchs auch von dessen sorgfältiger Begründung abhängen, bedarf die Ablehnung der Beratungshilfe in solchen Fällen einer einzelfallbezogenen Begründung.

ZPO § 120a Abs. 2 S. 2, § 124 Abs. 1 Nr. 4 (Aufhebung der Prozesskostenhilfebewilligung – Wesentliche Verbesserung der Einkommensverhältnisse) LArbG Baden-Württemberg, Beschluss vom 29.10.2015, 4 Ta 26/15

Eine Aufhebung der Prozesskostenhilfebewilligung nach § 124 Abs. 1 Nr. 4 ZPO kommt bei einer Änderung der Einkommensverhältnisse nur in Betracht, wenn die Veränderung wesentlich ist. § 120a Abs. 2 Satz 2 ZPO ist in diesem Zusammenhang so auszulegen, dass eine Einkommensverbesserung nur dann wesentlich ist, wenn sie 100,00 EUR übersteigt und dies dazu führt, dass die Prozesskostenhilfepartei nunmehr in der Lage wäre, die Kosten des Verfahrens ganz, teilweise oder in Raten zu erbringen.

Zivilprozess und Zwangsvollstreckung
ZPO § 829 Abs. 4 Satz 2; ZVFV § 2 Satz 1 Nr. 2, § 3 Abs. 3, § 5 (Antragsformular für Pfändung und Überweisung) BGH, Beschluss vom 4.11.2015, VII ZB 22/15

Bietet das Antragsformular gemäß Anlage 2 zu § 2 Satz 1 Nr. 2 ZVFV hinsichtlich der Forderungsaufstellung eine vollständige Eintragungsmöglichkeit, ist ausschließlich das vorgegebene Formular zu nutzen.

ZPO § 727; UnterhaltsvorschussG § 7 Abs. 4 (Klauselumschreibung) BGH, Beschluss vom 23.9.2015, XII ZB 62/14

Ein vom Land gemäß § 7 Abs. 4 UVG erstrittener Unterhaltstitel kann nach Einstellung der Vorschussleistungen im Wege einer analogen Anwendung des § 727 ZPO auf das unterhaltsberechtigte Kind umgeschrieben werden.

ZPO § 91 Abs. 1, § 130 Nr. 6, § 130a, § 802c; RBStV § 10; LVwVG BW § 15a Abs. 3, Abs. 4 (Vollstreckungsersuchen einer Landesrunkfunkanstalt) BGH, Beschluss vom 8.10.2015, VII ZB 11/15

a) Das Vollstreckungsersuchen einer Landesrundfunkanstalt kann auch dann den gesetzlichen Anforderungen für die Vollstreckung von Rundfunkgebührenbescheiden genügen, wenn die im Ersuchen mit ihrem Namen aufgeführte Landesrundfunkanstalt (hier: Südwestrundfunk) nicht ausdrücklich als Gläubigerin der Forderung angeführt ist und zudem die Angabe ihrer Anschrift, ihrer Rechtsform und ihrer Vertretungsverhältnisse fehlt (Anschluss an BGH, Beschluss vom 11. Juni 2015 – I ZB 64/14, juris).
b) § 15a Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 LVwVG BW gebietet lediglich die Mitteilung, dass der der Vollstreckung zugrunde liegende Verwaltungsakt vollstreckbar ist. Eine Darlegung, ob sich die Vollstreckbarkeit aus der Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes oder dem Entfallen der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs ergibt, ist nicht erforderlich.
c) Die Kosten eines Rechtsbehelfsverfahrens in einer Zwangsvollstreckungssache, in dem der Gläubiger obsiegt, können dem Schuldner in Ausnahme zu § 91 Abs. 1 ZPO dann nicht auferlegt werden, wenn er keine Kenntnis von dem Verfahren und daher auch keine Gelegenheit sich zu äußern hatte (Anschluss an BGH, Beschluss vom 19. Mai 2004 – IXa ZB 297/03, NJW 2004, 2979, 2980 f., = Rpfleger 2004, 575).

Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung
ZVG §§ 9, 154 Satz 1; ZwVwV § 3 (Hinweispflichten des Zwangsverwalters) BGH, Urteil vom 15.10.2015, IX ZR 44/15

a) Der Zwangsverwalter ist nicht verpflichtet, mögliche dingliche Rechte Dritter an einem unter Zwangsverwaltung gestellten Grundstück durch Einsichtnahme in das Grundbuch zu ermitteln; diese Pflicht ergibt sich auch nicht aus seiner Verpflichtung zur Erstattung des Erstberichts nach der Inbesitznahme.
b) Beruft sich der unmittelbare Besitzer eines unter Verwaltung gestellten Grundstücks erst nach Beginn der Zwangsverwaltung auf das Bestehen dinglicher Rechte, hat der Zwangsverwalter das Vollstreckungsgericht unverzüglich hierüber zu unterrichten.
c) Die Nichteinlegung der Erinnerung gegen die Anordnung der unbeschränkten Zwangsverwaltung durch Inhaber dinglicher Rechte kann deren Mitverschulden an dem ihnen durch die Zwangsverwaltung entstehenden Schaden begründen; dasselbe gilt, wenn sie diese Rechte nicht unverzüglich gegenüber dem Zwangsverwalter geltend machen.

ZPO § 775 Nr. 4; ZVG §§ 15 ff. (Fortsetzung der Zwangsvollstreckung) BGH, Beschluss vom 15.10.2015, V ZB 62/15

Eine Vollstreckung ist trotz Vorlage urkundlicher Nachweise im Sinne des § 775 Nr. 4 ZPO fortzusetzen, wenn der Gläubiger eine Befriedigung oder die Stundung der titulierten Forderung bestreitet. Der Schuldner muss in diesem Fall seine materiell-rechtlichen Einwendungen mit der Vollstreckungsgegenklage gemäß § 767 ZPO geltend machen.

Insolvenzrecht
InsO § 20 Abs. 2, § 289 Abs. 2 a. F. (Hinweis auf RSB-Antrag) BGH, Beschluss vom 22.10.2015, IX ZB 3/15

a) Wird das Insolvenzverfahren auf einen Gläubigerantrag eröffnet, kann ein während des laufenden Insolvenzverfahrens gestellter Antrag des Schuldners auf Restschuldbefreiung nicht wegen verspäteter Antragstellung als unzulässig verworfen werden, wenn das Insolvenzgericht den Schuldner nicht rechtzeitig über die Notwendigkeit eines Eigenantrags verbunden mit einem Antrag auf Restschuldbefreiung belehrt und ihm hierfür eine bestimmte richterliche Frist gesetzt hat (Ergänzung zu BGHZ 162, 181).
b) Ist dem Schuldner vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens auf Antrag eines Gläubigers keine ausreichende Belehrung erteilt worden, kann ihm nach Eröffnung eine mindestens zweiwöchige Frist zur Stellung eines isolierten Restschuldbefreiungsantrags gesetzt werden. Andernfalls ist ein solcher Antrag bis zur Aufhebung des laufenden Insolvenzverfahrens zulässig.

InsO § 174 Abs. 1, §§ 181, 183 Abs. 1 (Forderungsfeststellung zur Insolvenztabelle) BGH, Beschluss vom 12.11.2015, IX ZR 313/14

Eine als Forderung aus Darlehensvertrag zur Tabelle angemeldete Forderung kann, wenn ein Vertragsmangel gegeben ist, im Forderungsfeststellungsverfahren als Forderung aus ungerechtfertigter Bereicherung verfolgt und festgestellt werden.

Kostenrecht
ZPO § 104 Abs. 1 Satz 2 (Verzinsung des Kostenerstattungsanspruchs) BGH, Beschluss vom 22.9.2015, X ZB 2/15

a) Wird eine zugunsten des Beklagten ergangene Kostengrundentscheidung aufgrund einer Klagerücknahme wirkungslos, so ist der Anspruch auf Kostenerstattung gemäß § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO dennoch vom Zeitpunkt des Eingangs eines auf der Grundlage der ersten Entscheidung eingereichten Kostenfestsetzungsantrags an zu verzinsen, soweit gemäß § 269 Abs. 4 ZPO eine inhaltsgleiche Kostenentscheidung zugunsten des Beklagten ergangen ist.
b) Wird eine Kostengrundentscheidung aufgehoben oder zu Ungunsten des Gläubigers abgeändert, zu einem späteren Zeitpunkt aber wiederhergestellt, so ist eine Verzinsung des Anspruchs auf Kostenerstattung gemäß § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO frühestens von dem Zeitpunkt an möglich, in dem die wiederherstellende Entscheidung verkündet worden ist.

GNotKG Vorbem. 1.4 Abs. 3, KV 14152 (Löschung mehrerer Vormerkungen) OLG Hamm, Beschluss vom 25.9.2015, 15 W 285/15

1. Ist in dem Zeitraum bis zum 3.7.2015 eine an mehreren Wohnungseigentumsrechten eingetragene Auflassungsvormerkung gelöscht worden, so ist die Gebühr nach GNotKG KV 14152 für jede Löschung gesondert zu erheben.
2. Die Gleichstellung von Löschungen mit Eintragungen durch den in Vorbemerkung 1.4 Abs. 3 eingefügten S. 3 mit Inkrafttreten zum 4.7.2015 hat keine rückwirkende Bedeutung für bereits vorgenommene Löschungen.

GNotKG KV 14261 (Gebühr für Vermerk auf Schiffszertifikat) OLG Oldenburg, Beschluss vom 9.9.2015, 12 W 185/15

1. Die Gebühr für den Vermerk einer Eintragung auf dem Schiffszertifikat gemäß GNotKG KV 14261 entsteht neben der für die Eintragung in das Seeschiffsregister selbst entfallenden Gebühr (hier: GNotKG KV 14231 für den Eintrag eines Eigentümerwechsels).
2. Hat ein Eintragungsantrag im Seeschiffsregister mehrere Veränderungen zur Folge, die jeweils auf dem Schiffszertifikat zu vermerken sind, wird die Gebühr nach GNotKG KV 14261 nur einmal erhoben, soweit die Veränderungen dasselbe Recht betreffen. Dies ist der Fall, wenn alle Eintragungen das Rechtsobjekt Seeschiff selbst betreffen und in Abteilung I des Seeschiffsregisters einzutragen sind (hier: Verlegung des Heimathafens, Umbenennung des Schiffes sowie vorübergehende Ausflaggung).
3. Für weitere – andere Rechte betreffende – Vermerke (hier: Eigentümerwechsel und Bestellung einer Schiffshypothek) entsteht die Gebühr nach GNotKG KV 14261 jeweils gesondert.

Gesetzgebungsreport

Berichtszeitraum vom 26.12.2015 – 25.1.2016

BGBl. I
Gesetz zur Neuordnung des Rechts der Syndikusanwälte und zur Änderung der Finanzgerichtsordnung vom 21. Dezember 2015, BGBl. I 2015 S. 2517
Gesetz zur Stärkung der Opferrechte im Strafverfahren (3. Opferrechtsreformgesetz) vom 21. Dezember 2015, BGBl. I 2015 S. 2525
Gesetz zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und weiterer Vorschriften vom 21. Dezember 2015, BGBl. I 2015 S. 2557
Gesetz zur Änderung des Aktiengesetzes (Aktienrechtsnovelle 2016) vom 22. Dezember 2015, BGBl. I 2015 S. 2565
BGBl. II
Bekanntmachung zu dem Europäischen Übereinkommen über die Adoption von Kindern vom 12. November 2015 (BGBl. II 2015 S. 1673)
Länderreport
Sachsen-Anhalt
Gesetz zur Weiterentwicklung des Justizvollzugs in Sachsen-Anhalt vom 18. Dezember 2015, GVBl. 2015 S. 666

Schrifttumshinweise

Rechtspflegerrecht

Strasser, Justizstandort Deutschland der Beitrag des Rechtspflegers im europäischen Wettbewerb, RpflStud. 2016, 14

Sachen- und Grundbuchrecht

Sick, Numerus clausus der sachenrechtlichen Rechtsinstitute, Beschränkte persönliche Dienstbarkeit und Grunddienstbarkeit in Abgrenzung zum Nießbrauch beim Wohnungseigentum, ZfIR 2016, 57

Familien-, Betreuungs- und Vormundschaftsrecht

Bienwald, Zur Sachverhaltsfeststellung vor der Entscheidung über die Bestellung eines Betreuers, RpflStud. 2016, 8
Bömelburg, Die Reform des Vereinfachten Verfahrens über den Unterhalt Minderjähriger, FamRB 2016, 27
Horn, Genehmigungsverfahren bei Ausschlagung für Betreute und Minderjährige, ZEV 2016, 20
Kroll-Ludwigs, Das Verhältnis von Haager Unterhaltsprotokoll (2007) und Haager Unterhaltsübereinkommen (1973): lex posterior derogat legi priori? IPRax 2016, 34
Nickel, UntKostRÄndG Änderungen der Kindesunterhalt-FormularVO und weiterer Nebengesetze, MDR 2016,
Veit, Das Gesetz zur Verbesserung der Unterbringung, Versorgung und Betreuung ausländischer Kinder und Jugendlicher, FamRZ 2016, 93
Zimmermann, Das Adoptionsverfahren nach dem FamFG, NZFam 2016, 12

Erb- und Nachlassrecht

Gloser, Digitale Erblasser und digitale Vorsorgefällle – Herausforderungen der Online-Welt in der notariellen Praxis Teil 1, MittBayNot 2016, 12
Lamberz, EuErbVO Einführung (mit Schwerpunkt gesetzliche Erbfolge) und mögliche Problemfälle, RpflStud. 2016, 10
Lutz, Die Ernennung mehrerer Testamentsvollstrecker als Gestaltungsmittel der Unternehmensnachfolge, NotBZ 2016, 16

Prozesskosten- und Beratungshilfe

Dölling, Die Vier-Raten-Grenze im PKH-Bewilligungsverfahren, NJW 2016, 207
Lissner, Die Aufgaben des Jugendamts als Ausschlusstatbestand für die Beratungshilfe, FamRB 2016, 32
Nickel, Abrechnung anwaltlicher Gebühren mit der Staatskasse, NZFam 2016, 18

Zivilprozess und Zwangsvollstreckung

Gehrlein, Reichweite eines Geständnisses im Zivilprozess, MDR 2016, 1
Mankowski, Verbot von Zwangsvollstreckung oder Arrest in Schiffe im Ausland innerhalb oder außerhalb einer Insolvenz? IPRax 2016, 57
Volmer, Neues zur Auslandsvollstreckung aus notariellen Urkunden, MittBayNot 2016, 20

Insolvenzrecht

Vogt, Die neue Vergütung in Verbraucherinsolvenzverfahren und der Dauerbrenner Zustellkosten, ZVI 2016, 9
Wipperfürth/Deppe, Thema: Zwangssicherungshypothek, Insolvenzverfahren und der BGH – keine Pflicht zur Erteilung einer Löschungsbewilligung trotz Rückschlagsperre? ZInsO 2016, 78

Straf-, Strafverfahrens- und Strafvollstreckungsrecht

Burhoff, Neuregelungen in der StPO durch das 3. Opferrechtsreformgesetz, ZAP Fach 22 S. 861

Kostenrecht

Schneider, N., Die Reisekosten des Rechtsanwalts, AGS 2015, 549
Schneider, N., Kosten in Unterhaltsabänderungsverfahren, NZFam 2016, 23
Volpert, Aktuelle Fragestellungen zur Aktenversendungspauschale, NJW 2016, 218

Buchbesprechungen

Uhlenbruck: InsO.
Kommentar. Hrsg. Prof. Dr. Wilhelm Uhlenbruck, Professor Dr. Heribert Hirte und Professor Dr. Heinz Vallender. 14., völlig neu bearbeitete Auflage, 2015. Verlag Franz Vahlen, München. XXXIX, 3424 Seiten, Ln. 259,– Euro Prof. Udo Hintzen, Berlin
Strafprozessordnung.
Gerichtsverfassungsgesetz, Nebengesetze und ergänzende Bestimmungen. Erläutert von Prof. Dr. Lutz Meyer-Goßner und Prof. Dr. Bertram Schmitt. 58., neu bearbeitete Auflage des von Otto Schwarz begründeten, in der 25. bis 35. Auflage von Theodor Kleinknecht und in der 36. bis 39. Auflage von Karlheinz Meyer bearbeiteten Werkes. Beck'sche Kurz-Kommentare, Bd. 6. Verlag C. H. Beck München. LXXII, S. 2442, Ln. 89 Euro. S. ISBN 978-3-406-67500-3 Prof. Dr. Edward Schramm, Friedrich-Schiller-Universität Jena

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