Heft 8 / 2014 (August 2014)

Abhandlungen

Notar a. D. Professor Walter Böhringer, Heidenheim/Brenz
Protokollierung der Grundbucheinsicht beim Grundbuchamt

I.Gegenstand einer Einsicht/Auskunft beim Grundbuchamt

II. Inkrafttreten der Protokollführungspflicht

III. Zuständigkeit für Protokollführung

IV. Inhalt des Protokolls

1. Angaben über Umfang und Art der Einsicht

2. Protokollierung nur bei bestimmten Anträgen

3. Stichwortartige Angabe des dargelegten Interesses

4. Technische Gestaltung des Protokolls

5. Aufbewahrungsdauer/Löschung der Protokolldaten

6. Nichtgestattung der Einsichtnahme

V. Auskunftsverlangen des Grundstückseigentümers

1. Kenntnisnahmemöglichkeit von Grundbucheinsicht

2. Ausnahme bei strafrechtlichen Ermittlungen

VI. Rechtsmittel

1. Gegen Versagung der Einsichtnahme

2.Gegen Gewährung der Einsichtnahme oder Abschriftenerteilung

VII. Kosten beim Grundbuchamt

1.Einsichtnahme/Aufruf von Daten in der Geschäftsstelle des GBA

2. Erteilung von Kopien, Ausdrucke

3. Protokollführung, Auskunftserteilung

4. Versagung der Einsichtsgewährung

VIII. Fazit

Dipl.-Rpfl. Volker Jurksch, Hagen
Einsicht in das elektronisch geführte Handelsregister durch das Grundbuchamt

1.Alte Rechtslage vor der bundesweiten Einführung des elektronischen Handelsregisters

2.Neue Rechtslage nach der bundesweiten Einführung des elektronischen Handelsregisters

3. Auswirkung auf die Praxis

Dipl.-Rechtspflegerin (FH) Michaela Gäullein, Erfurt
Von den Auswirkungen der Insolvenz auf die Prozesskostenhilfe oder „Wie es Euch gefällt“

A. Einleitung

B. Hintergrund und erste Zweifel

C. Kritische Betrachtung

I. ZPO oder InsO?

1.Kostenforderung aus ratenfrei gewährter Prozesskostenhilfe

a. Die Natur der ratenfreien Prozesskostenhilfe

b. Zwischenergebnis

2.Kostenforderungen aus Prozesskostenhilfe mit (Raten-)Zahlungen

a. Die Natur der PKH mit Zahlungsanordnung

b. Zwischenergebnis

3.Auswirkungen der Insolvenzeröffnung auf das PKHVerfahren an sich

4. Der Regelungszweck der InsO

a. Die Bedeutung des § 191 InsO

b. Die Reichweite der §§ 41 Abs. 1, 38 InsO

5. Prozessökonomische Betrachtung

II.Außergerichtlicher und gerichtlicher Schuldenbereinigungsplan

D. Fazit

Rechtsprechung

Sachen- und Grundbuchrecht
BGB § 879 Abs. 3; GBO § 45 Abs. 3 (Fehlerhaftes Rangverhältnis im Grundbuch) BGH, Beschluss vom 20.2.2014, V ZB 179/13

Trägt das Grundbuchamt das Rangverhältnis unter mehreren in das Grundbuch einzutragenden Rechten abweichend von einer verfahrensrechtlichen Rangbestimmung ein, hat das nicht die Unrichtigkeit des Grundbuchs im Sinne von § 894 BGB zur Folge. Diese ist jedoch gegeben, wenn die Eintragung unter Verstoß gegen eine materiell-rechtliche Rangvereinbarung erfolgt. 

 

BGB §§ 415, 883, 885 (Schuldnerwechsel, Fortbestand der Vormerkung) BGH, Beschluss vom 13.2.2014, V ZB 88/13

Übernimmt jemand im Wege der befreienden Schuldübernahme die Schuld eines anderen, deren zugrunde liegender Anspruch durch eine Vormerkung gesichert ist, und wird er zeitgleich Inhaber des von der Vormerkung betroffenen Rechts, erlischt die Vormerkung nicht. Der Schuldnerwechsel kann nicht in das Grundbuch eingetragen werden. 

 

BGB §§ 873, 1154; GBO §§ 19, 29 Abs. 1 (Abtretung einer Gesamtgrundschuld) OLG München, Beschluss vom 11.2.2014, 34 Wx 372/13

Die Abtretung einer (Gesamt-)Grundschuld führt nicht zu einer Verfügungsbeschränkung des Gläubigers, auch wenn die erste Abtretung bindend ist. Der Eintragung einer zeitlich später erklärten Abtretung steht das Legalitätsprinzip daher nicht entgegen. 

 

BeurkG §§ 6, 16; GBO § 15 Abs. 2, § 18 (Nichtigkeit der Beurkundung eines Vertrages) OLG Karlsruhe, Beschluss vom 13.12.2013, 14 Wx 16/13

1. Der Vollzug einer notariell beurkundeten Übertragung hälftigen Wohnungseigentums unter Eheleuten im Grundbuch kann vom Grundbuchamt verweigert werden, wenn die Tochter der Eheleute bei der Beurkundung als Dolmetscherin mitgewirkt hat und nicht anzunehmen ist, dass die Auflassung auch ohne die formunwirksamen vertraglichen Vereinbarungen erklärt worden wäre.

2. Beschwerde gegen die Zurückweisung eines Eintragungsantrags kann auch mit dem Rechtsschutzziel erhoben werden, dass zunächst eine Zwischenverfügung zu erlassen gewesen wäre.

3. Eine Zwischenverfügung vor Zurückweisung eines Eintragungsantrags ist nicht zu erlassen, wenn der Mangel des Antrags nicht mit rückwirkender Kraft geheilt werden kann. Das ist u. a. der Fall, wenn das einzutragende Rechtsgeschäft wegen des Mangels der Neuvornahme bedarf. 

 

GBO §§ 19, 29; BGB § 1924 (Löschung des Nacherbenvermerks) OLG Düsseldorf, Beschluss vom 10.2.2014, I-3 Wx 171/13

1. Die Löschung des Nacherbenvermerks im Grundbuch aufgrund Löschungsbewilligung vor Eintritt der Nacherbfolge erfordert, dass sie vom Nacherben und allen Ersatznacherben bewilligt wird; sind Ersatznacherben unbekannt, so ist für diese ein Pfleger zu bestellen, der (mit Genehmigung des Familiengerichts) die Löschung bewilligen kann.

2. Sind nach der Grundbucheintragung Nacherben die Abkömmlinge des Vorerben, so sind nach dem allgemeinen Sprachgebrauch alle jene Personen gemeint, die im Rechtssinne vom Erblasser abstammen, also Kinder, Enkel, Urenkel usw. 

 

GBO §§ 19, 29; WEG § 10 Abs. 2 Satz 2, § 12 Abs. 1, Abs. 4 (Wiederbegründung einer Veräußerungsbeschränkung) OLG München, Beschluss vom 4.4.2014, 34 Wx 62/14

Für die Wiederbegründung einer durch Beschluss aufgehobenen Veräußerungsbeschränkung fehlt der Versammlung der Wohnungseigentümer die Beschlusskompetenz. § 12 Abs. 4 Satz 1 WEG gilt als gesetzliche Ausnahme vom Vereinbarungsprinzip nicht für den „actus contrarius“. Hierzu bedarf es vielmehr einer Vereinbarung. 

 

GBO §§ 29, 72; ZPO §§ 171, 172, 189, 727, 750, 866 (Vollstreckungsrechtliche Voraussetzungen für die Eintragung einer Zwangssicherungshypothek) OLG Karlsruhe, Beschluss vom 13.12.2013, 14 Wx 80/13

 

1. Bei der Eintragung einer Zwangssicherungshypothek wird das Grundbuchamt als Vollstreckungsorgan tätig und hat neben den grundbuchrechtlichen Voraussetzungen der Eintragung auch die vollstreckungsrechtlichen Voraussetzungen zu prüfen. Wie jedes Vollstreckungsorgan hat das Grundbuchamt dabei zu prüfen, ob überhaupt ein vollstreckbarer Titel vorliegt und ob er einen vollstreckbaren Inhalt hat.

2. Zweifel an der Wirksamkeit einer Abtretung der titulierten Forderung und an der Rechtmäßigkeit einer diesbezüglich erteilten Rechtsnachfolgeklausel berechtigen das Grundbuchamt nicht zur Verweigerung der begehrten Eintragung einer Zwangssicherungshypothek. Die Person des Vollstreckungsgläubigers wird mit der erteilten Klausel für das Grundbuchamt bindend bescheinigt.

3. Die vollstreckungsrechtlichen Voraussetzungen einer Grundbucheintragung müssen grundsätzlich in der Form des § 29 GBO nachgewiesen werden. Bei Zustellung an einen Vertreter des Schuldners kann dessen Empfangsvollmacht als Voraussetzung für den Nachweis der wirksamen Zustellung von Vollstreckungstitel und Vollstreckungsklausel jedoch auch im Wege freier Beweiswürdigung festgestellt werden. 

Familien-, Betreuungs- und Vormundschaftsrecht
BGB § 1896 Abs. 1 a (Einrichtung einer Betreuung) BGH, Beschluss vom 26.2.2014, XII ZB 577/13

Zur Fähigkeit des Betroffenen, einen freien Willen über die Einrichtung einer Betreuung zu bilden. 

 

BGB § 1896 Abs. 2, § 1903 (Anordnung der Betreuung trotz Vorsorgevollmacht) BGH, Beschluss vom 26.2.2014, XII ZB 301/13

Eine Vorsorgevollmacht steht der Anordnung der Betreuung nicht entgegen, wenn der Bevollmächtigte als zur Wahrnehmung der Interessen des Betroffenen nicht tauglich erscheint, namentlich erhebliche Zweifel an seiner Redlichkeit im Raum stehen (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 13. April 2011 – XII ZB 584/10 – FamRZ 2011, 964 [= Rpfleger 2011, 498]). 

VBVG § 4 Abs. 2 Satz 1 (Kosten eines Gebärdendolmetschers) BGH, Beschluss vom 26.3.2014, XII ZB 346/13

Die Kosten für die Hinzuziehung eines Gebärdendolmetschers für die Kommunikation mit einem gehörlosen Betreuten sind mit der Pauschalvergütung nach §§ 4, 5 VBVG abgegolten. Der Berufsbetreuer kann daher die Beiordnung eines Gebärdendolmetschers zum Zwecke einer späteren Kostenerstattung nicht verlangen. 

 

EGGVG § 23; FamFG § 13 Abs. 2 (Beschränktes Akteneinsichtsrecht der Staatsanwaltschaft in die Betreuungsakte) OLG Köln, Beschluss vom 2.12.2013, 7 VA 2/13

Ebenso wie am Verfahren nicht beteiligten Personen, für welche § 13 Abs. 2 FamFG gilt, darf auch einer Behörde Akteneinsicht in eine Betreuungsakte nur gestattet werden, soweit sie ein berechtigtes Interesse glaubhaft macht und schutzwürdige Interessen eines Beteiligten oder eines Dritten nicht entgegenstehen oder die Beteiligten einverstanden sind.

Erb- und Nachlassrecht
BGB § 1836 Abs. 1 Satz 2, 3, § 1915 Abs. 1 Satz 1, 2; VBVG § 2 Satz 1 Hs. 1, § 3 Abs. 1 bis 3 (Vergütung des berufsmäßigen Nachlasspflegers) OLG Düsseldorf, Beschluss vom 5.3.2014, I-3 Wx 245/13

 1. Als Vergütungsanspruch eines berufsmäßigen Nachlasspflegers (hier: mit den Wirkungskreisen der Sicherung und Verwaltung des Nachlasses sowie der Ermittlung der unbekannten Erben) hat das Nachlassgericht im Falle eines vermögenden (nicht mittellosen) Nachlasses grundsätzlich unter Beachtung der konkreten Umstände des jeweiligen Einzelfalles einerseits einen Stundensatz (hier: 75 Euro netto) zu bestimmen und hierbei ausschlaggebend auf die für die Führung der Pflegschaftsgeschäfte nutzbaren Fachkenntnisse des Pflegers sowie die Schwierigkeit der Pflegschaftsgeschäfte abzustellen, andererseits den Umfang dieser Geschäfte durch den konkreten Zeitaufwand, also die Zahl der zu vergütenden Stunden zu berücksichtigen, wobei die vom Nachlasspfleger vorzulegende Aufstellung über seinen Zeitaufwand vom Gericht – ggf. mit dem Verlangen weiterer Nachweise – auf ihre Plausibilität hin zu überprüfen ist.

2. Schaltet der Nachlasspfleger zulässigerweise einen Erbenermittler ein, so kann dies die Schwierigkeit der abrechnungsfähigen Pflegschaftsgeschäfte, für die es allein darauf ankommt, welchen Stundensatz die Geschäfte im verbliebenen Wirkungskreis der Sicherung und Verwaltung des Nachlasses rechtfertigen, insgesamt auf das Maß des Durchschnittlichen reduzieren.

3. Der Einwand mangelhafter Führung der Pflegschaftsgeschäfte ist bei der Bewilligung der Vergütung, bei der es sich um eine angemessene Entschädigung für tatsächlich erbrachte Bemühungen handelt, nicht zu berücksichtigen. 

Mit Anmerkung von: Dipl.-Rechtspfleger Horst Bestelmeyer, Gauting 

RPflG § 16 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 2; BGB § 1931 Abs. 2; EGBGB Art. 25 (Feststellungsbeschluss bei Vorliegen eines Testaments, Ausschlagungserklärung in fremder Sprache) OLG Köln, Beschluss vom 12.2.2014, 2 Wx 25/14

1. Liegt ein letztwillige Verfügung vor, ist ein vom Rechtspfleger gefasster Feststellungsbeschluss im Sinne des § 352 FamFG im Beschwerdeverfahren auch dann aufzuheben, wenn aufgrund Wegfalls sämtlicher gewillkürter Erben die gesetzliche Erbfolge eingreift, sofern nicht eine Übertragung durch den Nachlassrichter stattgefunden hat.

2. Eine Ausschlagungserklärung, die in einer fremden Sprache ohne Übersetzung in die deutsche Sprache bei dem Nachlassgericht eingereicht wird, ist nicht geeignet, die Ausschlagungsfrist zu wahren. 

BGB § 1371 Abs. 1; IPRG Art. 15 Abs. 2 (Erhöhung der Erbquote) OLG Köln, Beschluss vom 11.2.2014, 2 Wx 245/13

Das türkische Internationale Privatrecht (Art. 15 Abs. 2 IPRG) führt nicht zu einer Erhöhung der Erbquote des Ehegatten über eine Anwendung des § 1371 Abs. 1 BGB. 

Handels-, Gesellschafts- und Registerrecht
GG Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1; TSG § 5 Abs. 1; GmbHG § 39; HGB § 8a Abs. 1; HRV §§ 21, 47 Abs. 1 (Keine nachträgliche Veränderung eines abgeschlossenen Handelsregistereintrags, Geschlechtsangleichung) Schles.-Holst. OLG, Beschluss vom 17.4.2014, 2 W 25/14

Es ist nicht nach § 5 Abs. 1 TSG sowie im Hinblick auf das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung nach Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG geboten, nachträglich einen abgeschlossenen Eintrag im Handelsregister zu verändern und jeden Hinweis auf die vor einer Geschlechtsangleichung geführten Vornamen einer Person aus dem Register zu beseitigen. 

HRV § 43 Nr. 6 lit. a); AktG §§ 39, 181 Abs. 2; FamFG § 383 Abs. 3 (Fassung der Registereintragung) OLG Düsseldorf, Beschluss vom 18.2.2014, I-3 Wx 154/13

Die Fassungsbeschwerde ist u. A. dann gerechtfertigt, wenn die Anmeldung des Vorstands der Gesellschaft in der Eintragung des Registergerichts – auch unter Berücksichtigung des dem Registerrichter zugestandenen Ermessens – durch die gewählte Fassung vom Verlautbarungsgehalt her nicht ausgeschöpft wird, weil die Eintragung weder die Voraussetzungen des § 43 HRV noch die geringeren Anforderungen der § 181 Abs. 2, § 39 AktG erfüllt (hier: vollständiges Fehlen eines Hinweises auf weitere geänderte Satzungsbestimmungen). 

FamFG §§ 395, 380 (Löschung unzulässiger Eintragungen) OLG Stuttgart, Beschluss vom 30.1.2014, 8 W 32/14

Die Eintragung eines eingetragenen Sportvereins kann im Register wegen des Mangels einer wesentlichen Voraussetzung gelöscht werden. Die Löschung erfolgt entweder von Amts wegen oder auf Antrag eines berufsständischen Organes nach § 380 FamFG, nicht aber auf Antrag gewerblicher Konkurrenten. 

 

Zivilprozess und Zwangsvollstreckung
ZPO § 758a Abs. 6; ZVFV §§ 1, 3; AO § 287 (Formularzwang, Verwaltungsvollstreckungsverfahren) BGH, Beschluss vom 20.3.2014, VII ZB 64/13

Der Formularzwang nach § 758a Abs. 6 ZPO i. V. m. §§ 1, 3 ZVFV gilt nicht für Anträge auf Erlass einer richterlichen Durchsuchungsanordnung im Verwaltungsvollstreckungsverfahren nach § 287 Abs. 4 AO. 

 

GKG § 66 Abs. 5 Satz 1, § 68 Satz 5; BGB § 126 Abs. 1 (Schriftliche Beschwerde ohne Unterschrift des Absenders) OLG Karlsruhe, Beschluss vom 10.3.2014, 9 W 4/14

1. Der Begriff der „Schriftlichkeit“ ist im Zivilprozess eigenständig zu bestimmen; er ist nicht identisch mit dem Begriff der Schriftform in § 126 Abs. 1 BGB.

2. Im Zivilprozess kann ein Schreiben, das nicht von einem Anwalt stammt, im Einzelfall auch ohne Unterschrift die Anforderungen an eine „schriftliche“ Erklärung erfüllen. Das ist jedoch nur dann anzunehmen, wenn auch ohne Unterschrift auf Grund bestimmter Umstände feststeht, dass es sich bei dem Schriftstück nicht um einen Entwurf handelt, sondern dass vom Absender eine prozessrechtliche Erklärung gewollt ist. 

Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung
ZVG § 180 Abs. 1; BGB § 749 Abs. 1; InsO § 88 (Teilungsversteigerung trotz Insolvenz) BGH, Beschluss vom 20.3.2014, IX ZB 67/13

Hat ein Gläubiger den Anspruch des Schuldners auf Aufhebung der Gemeinschaft einschließlich des (künftigen) Anspruchs auf eine den Miteigentumsanteilen entsprechende Teilung und Auskehrung des Versteigerungserlöses gepfändet, ist das von ihm eingeleitete Teilungsversteigerungsverfahren nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners auch dann nicht aufzuheben, wenn die Teilungsversteigerung weniger als einen Monat vor dem Insolvenzantrag angeordnet worden ist. 

I. Die antragstellende Gläubigerin ließ am 5. März 2012 eine Sicherungshypothek auf dem eingangs bezeichneten Miteigentumsanteil des Schuldners eintragen. Am 7. Mai 2012 pfändete sie den Anspruch des Schuldners auf Aufhebung der Gemeinschaft, Teilung des Erlöses und Auskehrung des auf ihn entfallenden Anteils. Am 22. Oktober 2012 ordnete das Vollstreckungsgericht auf Antrag der Gläubigerin die Teilungsversteigerung an. Am 22. November 2012 beantragte der Schuldner die Eröffnung des Insolvenzverfahrens 

 

WEG § 12 Abs. 2, Abs. 3 Satz 2 (Zwangsversteigerung, Zustimmung zur Veräußerung) BGH, Beschluss vom 21.11.2013, V ZR 269/12

Der die Zwangsversteigerung einer Eigentumswohnung betreibende Gläubiger ist befugt, den Anspruch des Wohnungseigentümers auf Zustimmung zur Veräußerung des Wohnungseigentums selbständig auszuüben. 

Insolvenzrecht
InsO § 290 Abs. 1 Nr. 3, § 287a (Rücknahme des alten und Stellung eines neuen RSB-Antrages) BGH, Beschluss vom 20.3.2014, IX ZB 17/13

Nimmt der Schuldner in der Wohlverhaltensperiode den Antrag auf Restschuldbefreiung zurück, nachdem er neue Schulden (hier: in Höhe von etwa 1.000.000 e) begründet hat, ist ein am folgenden Tag zur Durchführung eines neuen Insolvenzverfahrens gestellter Antrag auf Kostenstundung und Restschuldbefreiung unzulässig. 

InsO §§ 1, 50, 87 (Zahlung an nachrangigen Grundschuldgläubiger) BGH, Urteil vom 20.3.2014, IX ZR 80/13

Zahlt der Insolvenzverwalter aus dem Erlös des Verkaufs eines zur Masse gehörenden Grundstücks einen Betrag an einen nachrangigen Grundpfandgläubiger, dessen Recht in der Zwangsvollstreckung offensichtlich wertlos wäre, um dessen Bedingung für die Löschungsbewilligung zu erfüllen, ist weder eine entsprechende Vereinbarung noch die Zahlung selbst insolvenzzweckwidrig, wenn der Betrag ausschließlich zu Lasten eines damit einverstandenen vorrangigen Grundpfandgläubigers geht (Abgrenzung zu BGH, ZIP 2008, 884). 

Straf-, Strafverfahrens- und Strafvollstreckungsrecht
EGGVG §§ 23 ff.; StPO § 456; VwVfG § 49 Abs. 2 Nr. 3 (Entscheidung der Strafvollstreckungskammer über Mindestverbüßungsdauer) OLG Stuttgart, Beschluss vom 4.2.2014, 4 VAs 1/13

Die Entscheidung einer Strafvollstreckungskammer über die Mindestverbüßungsdauer einer lebenslangen Freiheitsstrafe mit besonderer Schwere der Schuld ist nicht einer „nachträglich eingetretenen Tatsache“ im Sinne von § 49 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG gleichzustellen; sie allein kann einen Widerruf einer rechtmäßig ergangenen Absehensentscheidung der Staatsanwaltschaft nach § 456a StPO nicht rechtfertigen. 

RVG VV Teil 4 Abschn. 1 (Vergütungsanspruch des Verteidigers anstelle des verhinderten Pflichtverteidigers) OLG München, Beschluss vom 27.2.2014, 4c Ws 2/14

1. Der Vergütungsanspruch des Verteidigers, der anstelle des verhinderten Pflichtverteidigers für einen Hauptverhandlungstermin als Verteidiger beigeordnet worden ist, beschränkt sich nicht auf die Terminsgebühren, sondern umfasst alle durch die anwaltliche Tätigkeit im Einzelfall verwirklichten Gebührentatbestände des Teils 4 Abschnitt 1 des Vergütungsverzeichnisses in Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG.

2. Die Grundgebühr entsteht nach dem gesetzlichen Wortlaut VV 4100 Abs. 1 neben der Verfahrensgebühr für die erstmalige Einarbeitung in den Rechtsfall unabhängig davon, in welchem Verfahrensabschnitt sie erfolgt. Somit werden mit der Grundgebühr das erste Gespräch mit dem Mandanten und die Beschaffung der erforderlichen Informationen abgegolten. Spätere sich anschließende Gespräche, die z. B. dem konkreten Aufbau der Verteidigungsstrategie dienen, werden nicht mehr von der Grundgebühr, sondern von der neben der Grundgebühr entstehenden Verfahrensgebühr umfasst.

3. Von der Terminsgebühr wird umfasst die gesamte Tätigkeit des Pflichtverteidigers im Hauptverhandlungstermin. Erfasst wird auch die Vorbereitung des konkreten Hauptverhandlungstermins, nicht jedoch die allgemeine Vorbereitung der Hauptverhandlung. Die insoweit erbrachten Tätigkeiten werden von der Verfahrensgebühr abgegolten. 

StPO § 170 Abs. 2, § 98 Abs. 2; RVG VV 4104, 4302 Nr. 2 (Notwendige Auslagen nach Verfahrenseinstellung) LG Potsdam, Beschluss vom 27.2.2014, 24 Qs 141/13

1. Eine Verfahrenseinstellung gemäß § 170 Abs. 2 StPO kann nicht dazu führen, dass dem ehemals Beschuldigten die Erstattung seiner im gesonderten Feststellungsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen trotz einer die Staatskasse insoweit belastenden Auslagenentscheidung nach § 473a StPO verwehrt bleibt.

2. Das Einreichen eines Antrags auf gerichtliche Entscheidung nach § 98 Abs. 2 Satz 2 StPO analog stellt eine anwaltliche Einzeltätigkeit dar, die mit einer Verfahrensgebühr nach Nr. 4302 Nr. 2 VV RVG zu vergüten ist. 

Kostenrecht
ZPO § 104; RVG § 11 Abs. 4 (Aussetzung des Kostenfestsetzungsverfahrens) BGH, Beschluss vom 20.3.2014, IX ZB 288/11

Wird im Kostenfestsetzungsverfahren die Bestimmung des maßgeblichen Gebührenstreitwerts erforderlich, ist das Verfahren bis zur Entscheidung des hierfür zuständigen Ausgangsgerichts auszusetzen. 

GNotKG § 21 Abs. 1 Satz 1, §§ 79, 83; GNotKG-KV 14110; GBO §§ 22, 39 Abs. 1, § 40 Abs. 1; KostO § 60 Abs. 4 (Eintragung von Erben im Grundbuch) OLG Köln, Beschluss vom 19.3.2014, 2 Wx 73/14

1. Wird zunächst die Erbengemeinschaft im Grundbuch eingetragen, so ist die darauf folgende Eintragung eines oder mehrerer einzelner Erben nach entsprechender Erbauseinandersetzung keine Eintragung „von Erben des eingetragenen Eigentümers“ mehr, so dass der Befreiungstatbestand nach der Anmerkung Abs. 1 zu 14110 KVGNotKG auf sie nicht anzuwenden ist.

2. Mit Einführung des Satz 2 der Anmerkung Abs. 1 zu 14110 KV-GNotKG hat der Gesetzgeber die Frage, ob die Gebührenbefreiung auch dann zum Tragen kommt, wenn ohne Voreintragung der Erbengemeinschaft sofort die Erben, die nach der Erbauseinandersetzung das jeweilige Grundstück erhalten, als dessen Eigentümer eingetragen werden, positiv entschieden. Der Fall der Erbteilsübertragung oder Abschichtung ist hiervon jedoch zu unterscheiden.

3. Es stellte keine unrichtige Sachbehandlung im Sinne des § 21 Abs. 1 S. 1 GNotKG des Grundbuchamtes dar, auf einen Antrag hinzuwirken, der darauf zielt zunächst die Erbengemeinschaft im Grundbuch einzutragen, wenn nach erfolgter Erbteilsübertragung oder Abschichtung (zu deren Zulässigkeit BGH NJW 1998, 1557 f.) letzlich nur noch ein oder mehrere Miterben als Eigentümer im Grundbuch eingetragen werden sollen. 

BGB §§ 906, 1018, 1090 Abs. 1; KostO (a. F.) §§ 22, 24, 30 Abs. 1 und 2 (Bewertung einer Immissionsduldungsverpflichtung) OLG München, Beschluss vom 28.3.2014, 34 Wx 383/13

Zur Bewertung einer durch beschränkte persönliche Dienstbarkeit gesicherten Immissionsduldungsverpflichtung von Grundstücksanliegern gegenüber dem Betreiber von Bahnanlagen (Ergänzung zu Senat vom 8.7.2013, 34 Wx 455/12 Kost). 

Gesetzgebungsreport

Berichtszeitraum vom 26.5.2014 - 25.6.2014

BGBl.I

Verordnung zur Änderung der Zwangsvollstreckungsformular-Verordnung vom 16. Juni 2014, BGBl.I 2014 S.754

Gesetz zur Umsetzung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Sukzessivadoption durch Lebenspartner vom 20. Juni 2014, BGBl.I 2014 S.786

Verordnung zur Änderung der Verbraucherinsolvenzvordruckverordnung vom 23. Juni 2014, BGBl.I 2014 S.825

 

Länderreport

 

Brandenburg

Verordnung zur Eröffnung des elektronischen Rechtsverkehrs in Vereinsregistersachen vom 12. Juni 2014, GVBl.II 2014 Nr.34.

Saarland

Gesetz Nr.1826 zur Änderung des Unterbringungsgesetzes (UBG) vom 9. April 2014, ABl. I 2014 S.156

Sachsen

Bekanntmachung der Neufassung der Sächsischen E-Justizverordnung vom 23. April 2014, GVBl.2014 S.291

Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums der Justiz und für Europa über den elektronischen Rechtsverkehr, die elektrische Aktenführung, die elektronische Register und das maschinelle Grundbuch in Sachsen (Sächsische E-Justizverordnung – SächsEJustizVO) vom 23. April 2014, GVBl.2014 S.294

Bekanntmachung der Neufassung der Sächsischen Bergwerkseigentumsverordnung vom 23. April 2014, GVBl.2014 S.299

Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums der Justiz und für Europa über die grundbuchmäßige Behandlung von Bergwerkseigentum (Sächsische Bergwerkseigentumsverordnung – SächsBWEVO) vom 23. April 2014, GVBl.2014 S.299

 

Schrifttumshinweise

Sachen- und Grundbuchrecht

Becker, Vormerkungsübernahme bei Fotovoltaikanlagen, BWNotZ 2014, 46

Böhringer, Besondere Grundbucheintragungen in den neuen Ländern im Lichte des neuen GNotKG – Teil 2, JurBüro 2014, 230

Böhringer, Das neue wasserrechtliche Vorkaufsrecht, BWNotZ 2014, 38

Böttcher, Unterteilung von Eigentumswohnungen, RpflStud. 2014, 81

Kesseler, Absicherung von Grunddienstbarkeiten bei Bestellung eines Erbbaurechts, ZfIR 2014, 414

Familien-, Betreuungs- und Vormundschaftsrecht

Beckmann, Der Einsatz besonders geschulter Verfahrenspfleger zur Vermeidung freiheitsentziehender Maßnahmen, BtPrax 2014, 53

Bienwald, Der lediglich körperlich behinderte Betreute, RpflStud. 2014, 84

Hoffmann, Die Auswahl eines Vormunds/Pflegers durch das Familiengericht – materiell-rechtliche Vorgaben, FamRZ 2014, 1084

Schneider, N., Die Kosten in Ehewohnungs- und Haushaltssachen, NZFam 2014, 521

Stalinski, Unterbringungsähnliche Maßnahmen, §1906 Abs.4 BGB, BtPrax 2014, 58

Weissinger, Kein Verfahrensergänzungspfleger mehr? RpflStud. 2014, 83

Handels- und Registerrecht

Beutel, Eintragungsfähigkeit des Testamentsvollstreckervermerks in die Gesellschafterliste. NZG 2014, 646

Hermanns, Basel II für Anteilsabtretungen – Neues aus Karlsruhe?

Ries, Kolumne: Societas Unius Personae: cui bono? Eine Anmerkung eines deutschen Registerrichters, NZG 2014, 569

Erb- und Nachlassrecht

Becker, Zur analogen Anwendbarkeit des §1643 Abs.2 S.2 BGB bei der Erbschaftsausschlagung durch einen Elternteil als Betreuer seines volljährigen, aber geschäftsunfähigen Kindes, FamRZ 2014, 1090

Heinig, Rechtswahlen in Verfügungen von Todes wegen nach der EU-Erbrechts-Verordnung, RNotZ 2014, 197

Keim, Der Erbnachweis gegenüber Banken nach dem BGH-Urteil vom 8.10.2013, ZEV 2014, 277

Prozesskosten- und Beratungshilfe

Enders, Beratungshilfe und Vergütungsvereinbarung – Teil I, JurBüro 2014, 225

Zivilprozess und Zwangsvollstreckung

Kuleisa, Zwangsvollstreckung in der Insolvenz. Wer darf wann vollstrecken und was ist gegen unzulässige Vollstreckungsmaßnahmen zu tun? ZVI 2014,121

Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung

Keller, Aktuelle Rechtsprechung zur Zwangsverwaltung im Jahre 2013, ZfIR 2014, 397

Insolvenzrecht

Ahrens, Systematisches und Unsystematisches bei den RSB-Versagungsverfahren, ZVI 2014, 227

Beth, Amtsermittlung des Insolvenzgerichts im Eröffnungsverfahren, NZI 2014, 487

Graf-Schlicker, Insolvenzrechtsreform 2014 – aus dem Blickwinkel des Gesetzgebungsverfahrens, ZVI 2014, 202

Heyer, Eintragungen in das Schuldnerverzeichnis nach § 303a InsO n.F., ZVI 2014, 244

Homann, Die Reform des Rechts der Verbraucherentschuldung zum 1. Juli 2014: Evolution statt Revolution (Teil 1), DGVZ 2014, 137

Lissner, Die neuen Wege aus der Schuldenfalle, ZInsO 2014, 150

Pape, Fortfall der Zweistufigkeit bei den RSB-Versagungsgründen, § 297a InsO n.F., ZVI 2014, 234

Stephan, Die Erwerbsobliegenheit des Schuldners ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens, ZVI 2014, 214

Streck, Die Eingangsentscheidung gem. § 287a InsO – mehr Arbeit für Gerichte und Verwalter? ZVI 2014, 205

Vuia, Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs zu dem Vergütungsfestsetzungsantrag der (vorläufigen) Insolvenzverwalters nach §§26a, 63, 64 InsO, §8 InsVV, ZInsO 2014, 1038

Straf-, Strafverfahrens- und Strafvollstreckungsrecht

Burhoff, Angelegenheiten in Straft- und Bußgeldsachen – Teil 1, RVGreport 2014, 210

Fromm, Die Kostenfestsetzung bei Freispruch in Fällen der notwendigen Verteidigung, NJW 2014, 1708

Kostenrecht

Giehring, Der Gebührenstreitwert im Erbfeststellungsprozess – Ungereimtes in der Rechtsprechung des IV.Zivilsenats des Bundesgerichtshofs, ZEV 2014, 282

Hansens,Ermittlung des Kostenerstattungsanspruchs des aus dem Rechtsstreit ausgeschiedenen Streitgenossen, RVGreport 2014, 216

Mayer, Entwicklungen zur Rechtsanwaltsvergütung 2013, NJW 2014,1780

Schneider, N., Neues zur gerichtlichen Vergleichsgebühr, NZFam 2014, 550

Buchbesprechungen

Musielak: Zivilprozessordnung.
Herausgegeben von Prof. Dr. HansJoachim Musielak. 11. Auflage, 2014. Verlag C. H. Beck/Franz Vahlen, München. XXXVIII, 3141 Seiten, Ln., 169,– Euro Prof. Udo Hintzen, Berlin
Strategien bei der Teilungsversteigerung des Familienheims. FamRZ-Buch 35
Von Dr. Walter Kogel. 2. Auflage, 2014. Gieseking Verlag, Bielefeld. XXVI, 332 Seiten, 49,– Euro Dipl.-Rechtspfleger Erhard Alff, Hamburg

© Verlag Ernst und Werner Gieseking GmbH, 2025