Heft 6 / 2013 (Juni 2013)

Abhandlungen

Dr. Max Foerster, München
Keine selbständige Zahlungssperre im Aufgebotsverfahren nach FamFG – Aufgebotsverfahren und unselbständige Zahlungssperre vor Beginn der Jahresfrist des § 476 FamFG –

I. Problemstellung

II. Selbständige Zahlungssperre und FamFG?

1. Keine eigenständige Regelung der selbständigen Zahlungssperre im FamFG

2. Anhaltspunkte für Fortbestand der selbständigen Zahlungssperre im FamFG

III. Modifikation der Aufgebotsfrist in § 476 FamFG gegenüber § 1015 ZPO a. F.

1. Aufgebotsfrist zur Kraftloserklärung von Urkunden gemäß § 476 FamFG

2. Aufgebotsfrist zur Kraftloserklärung von Urkunden gemäß § 1015 ZPO a. F.

IV. Auflösung der Schutzlücke infolge der Modifikation der Aufgebotsfrist und des Wegfalls von § 1020 ZPO a. F.

1. Selbständige Zahlungssperre nach FamFG weiterhin möglich

2. Keine selbständige Zahlungssperre nach FamFG

3. Handhabung des Ermessens gemäß § 476 FamFG am Maßstab der §§ 471 bis 475 FamFG

a) Keine Schutzlücke durch Aufgebotsfrist von mehr als einem Jahr bei §§ 471 bis 475 FamFG

b) Aufgebotsfrist von mehr als einem Jahr aufgrund der §§ 471 bis 475 FamFG kein Verstoß gegen § 476 FamFG

V. Kein einstweiliger Rechtsschutz neben § 480 FamFG

VI. Ergebnis

Steffen Kögel, Waiblingen
Entwicklungen im Handels- und Registerrecht seit 2011 – im Anschluss an den Beitrag in Rpfleger 2011, 305 ff. –

A. Handelsregister

I. Registerführung

1. Anmeldung

2. Verfahren

3. Publizität

II. Firmenrecht

1. Firmenwahrheit

2. Individualisierung

3. Firmenfortführung

4. Firmenunterscheidbarkeit

III. Gesellschaftsrecht

1. Personenhandelsgesellschaften

2. Partnerschaftsgesellschaft

3. Gesellschaft mit beschränkter Haftung

a) Geschäftsanschrift und Sitz der Gesellschaft

b) Geschäftsführung und Vertretung

c) Aufsichtsrat

c) Gesellschafter

d) Gesellschafterversammlung

e) Gesellschaftsvertrag

f) Kapitalausstattung

g) Liquidation

h) Löschung

4. Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)

5. Aktiengesellschaft / Unternehmensverträge

6. Recht der Zweigniederlassungen

7. Verschmelzung und Umwandlung

IV. Internationales Gesellschaftsrecht

B. Vereinsregister

1. Abgrenzung wirtschaftlicher Verein

2. Idealverein

C. Genossenschaftsregister

Rechtsprechung

Sachen- und Grundbuchrecht
BGB § 1365, 1090; GBO §§ 20 (Grundstücksübertragung durch Ehegatten, gesamtes Vermögen) BGH, Urteil vom 16.1.2013, XII ZR 141/10

Bei der Beurteilung, ob die Übertragung eines Grundstücks durch einen Ehegatten sein Vermögen im Ganzen betrifft, ist ein von ihm vorbehaltenes dingliches Wohnungsrecht als ihm verbliebenes Vermögen zu berücksichtigen.

WEG § 5 Abs. 1 und 2 (Versorgungsleitung als wesentlicher Bestandteil des Gebäudes) BGH, Urteil vom 26.10.2012, V ZR 57/12

1. Durch die Teilungserklärung kann Sondereigentum an wesentlichen Bestandteilen des Gebäudes nicht begründet werden; diese kann die Grenze zwischen dem gemeinschaftlichen Eigentum und dem Sondereigentum nur zu Gunsten, nicht aber zu Ungunsten des gemeinschaftlichen Eigentums verschieben (Bestätigung des Senatsbeschlusses vom 3. April 1968 – V ZB 14/67, BGHZ 50, 56, 60).

2. Versorgungsleitungen, die wesentliche Bestandteile des Gebäudes sind, stehen zwingend im Gemeinschaftseigentum, soweit sie im räumlichen Bereich des Gemeinschaftseigentums verlaufen. Das gilt auch dann, wenn ein Leitungsstrang ausschließlich der Versorgung einer einzelnen Wohnung dient (Abgrenzung zu Senat, Urteil vom 8. Juli 2011 – V ZR 176/10, NJW 2011, 2958).

GBO §§ 19, 22, 29 Abs. 1; GBV § 15 Abs. 1 Buchst. c (GbR, mündlich geschlossener Gesellschaftsvertrag) OLG München, Beschluss vom 27.11.2012, 34 Wx 303/12, 406/12

1. Bei einem nur mündlich geschlossenen Gesellschaftsvertrag einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts kann dessen Inhalt ausnahmsweise auch ohne Vorlage des Vertrags in grundbuchmäßiger Form zur Überzeugung des Grundbuchamts nachgewiesen werden (Anschluss an BayObLG MittBayNot 1993, 363).

2. Bestehen konkrete Anhaltspunkte für das Vorhandensein von – namenslosen – unterschiedlichen Gesellschaften bürgerlichen Rechts mit identischen Gesellschaftern, kann es der Bestimmtheitsgrundsatz im Grundbuchrecht erfordern, von Amts wegen einen klarstellenden Vermerk zu den jeweiligen Gesellschaften im Grundbuch aufzunehmen, der das notwendige Unterscheidungsmerkmal liefert.

GBO §§ 13, 19, 29; BGB §§ 172, 173; BeurkG §§ 47, 45 (Nachweis der Vollmacht) OLG Frankfurt, Beschluss vom 8.11.2012, 20 W 324/12

Der Nachweis des Fortbestandes der in notarieller Urkunde durch den Vorstand einer Bank an ihre Bankangestellten erteilten Vollmacht zur Abgabe von Grundbucherklärungen und diesbezüglichen Unterbevollmächtigungen kann im Grundbuchverkehr dadurch geführt werden, dass die beiden jeweils nur gemeinsam vertretungsberechtigten Bankangestellten bei Abgabe ihrer Erklärungen eine Ausfertigung vorlegen, die der Bank als Vollmachtgeberin erteilt worden ist.

BGB § 1170; FamFG § 449 (Unbekannter Gläubiger eines Buchgrundpfandrechts) OLG München, Beschluss vom 20.11.2012, 34 Wx 364/12

Der Gläubiger eines Buchgrundpfandrechts ist unbekannt im Sinne von § 1170 BGB, wenn infolge seiner Eintragung vor über 110 Jahren die Identität des eingetragenen Gläubigers nicht geklärt ist und auch nicht mehr ermittelt werden kann, wer seine Erben geworden sind.

Familien-, Betreuungs- und Vormundschaftsrecht
SächsPsychKG § 22 Abs. 1 Satz 1; GG Art. 2 Abs. 2 Satz 1, Art. 19 Abs. 4 (Zwangsbehandlung im Maßregelvollzug) BVerfG, Beschluss vom 20.2.2013, 2 BvR 228/12

Die Regelung des sächsischen Landesrechts, auf deren Grundlage der Untergebrachte gegen seinen Willen mit Psychopharmaka behandelt wird, ist mit dem Grundgesetz nicht vereinbar. § 22 Abs. 1 Satz 1 Sächsisches Gesetz über die Hilfen und die Unterbringung bei psychischen Krankheiten (SächsPsychKG) vom 10. Oktober 2007 ist mit Art. 2 Abs. 2 Satz 1 i. V. mit Art. 19 Abs. 4 GG unvereinbar und nichtig.

BGB § 1908 i Abs. 1, §§ 1836 c, 1836 d; VBVG § 1 Abs. 2, § 5; SGB XII § 90 (Vergütungsanspruch des Betreuers gegen die Staatskasse) BGH, Beschluss vom 6.2.2013, XII ZB 582/12

1. Der Vergütungsanspruch des Betreuers richtet sich gegen die Staatskasse, wenn der Betreute im Zeitpunkt der letzten Tatsachenentscheidung mittellos ist. Für den Umfang des dem Betreuer gemäß § 5 VBVG zu vergütenden Zeitaufwands ist demgegenüber darauf abzustellen, ob der Betreute im Vergütungszeitraum mittellos war.

2. Zum Einsatz eines Hausgrundstücks im Rahmen des § 1836 c BGB i. V. m. § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII.

BGB §§ 1896, 1906 Abs. 1 Nr. 2 (Bestellung eines Betreuers) BGH, Beschluss vom 23.1.2013, XII ZB 395/12

Kann der Betroffene aufgrund einer psychischen Erkrankung seine Angelegenheiten hinsichtlich der Aufgabenbereiche Gesundheitssorge und Heilbehandlung nicht selbst besorgen, so ist ihm hierfür grundsätzlich auch dann ein Betreuer zu bestellen, wenn er die notwendige Behandlung ablehnt.

BGB §§ 1836, 1908 i; VBVG § 4 (Stundensatz des Berufsbetreuers) BGH, Beschluss vom 27.2.2013, XII ZB 492/12

Zur Höhe des dem Berufsbetreuer gemäß § 4 VBVG zu vergütenden Stundensatzes

FamFG § 5 Abs. 1 Nr. 5 i. V. mit § 4 S. 1, § 273 S. 1 (Zuständigkeit zur Verfahrensübernahme bei Uneinigkeit) Hanseatisches OLG, Beschluss vom 12.12.2012, 2 AR 9/12

1. Zur Frage der Abgabereife und Bestimmung der Zuständigkeit bei Uneinigkeit zwischen dem abgebenden und übernehmenden Gericht.

2. Die Übernahme darf nicht von Gründen abhängig gemacht werden, die lediglich auf einem Streit der Gerichte über die zweckmäßige und ordnungsgemäße Führung der Betreuung durch das bisherige Gericht beruhen und mit dem Wohl des Betroffenen, soweit es durch diese Frage berührt wird, nichts zu tun haben.

Erb- und Nachlassrecht
BGB § 2227 (Entlassung des Testamentsvollstreckers) OLG Düsseldorf, Beschluss vom 18.12.2012, I-3 Wx 260/11

Bedient ein Testamentsvollstrecker eigene Forderungen aus dem Nachlass (hier: angebliche Honorarforderungen), ohne diese dem Erben gegenüber in einer im Einzelnen nachvollziehbaren, geschweige denn prüffähigen Weise darzutun, so stellt dies einen wichtigen Grund für die Entlassung aus dem Amt dar, sofern nicht jene Verbindlichkeit dem Erblasser bei der Berufung des Testamentsvollstreckers mindestens bekannt war, von ihm ernst genommen wurde und der Erblasser eine „formlose“ Bedienung des Testamentsvollstreckers aus dem Nachlass billigte.

FamFG § 352, BGB §§ 2353, 2356 (Nachweis der gesetzlichen Erbfolge im Erbscheinsverfahren) OLG Hamm, Beschluss vom 2.11.2012, 15 W 404/11

1. Es ist unzulässig, in einem Feststellungsbeschluss für einen gemeinschaftlichen Erbschein für einen bestimmten Erbanteil in der Art eines Platzhalters unbekannte Abkömmlinge einer vorverstorbenen Person als Erben auszuweisen.

2. Ein Erbscheinsantrag, der darauf gerichtet ist, die Quoten der einzelnen Erben aufgrund vorzulegender Urkunden von Amts wegen festzustellen, ist in dieser Form unzulässig. Vor Erlass eines Feststellungsbeschlusses muss jedenfalls durch die Erteilung eines Hinweises sichergestellt werden, dass zumindest durch einen zu stellenden Hilfsantrag die inhaltliche Übereinstimmung zwischen dem zu erteilenden Erbschein und dem Antrag des Antragstellers herbeigeführt wird.

3. Zu den Anforderungen an die Feststellung der gesetzlichen Erbfolge aufgrund anderer Beweismittel nach § 2356 Abs. 1 S. 2 BGB bei unvollständigen Personenstandsurkunden.

Handels-, Gesellschafts- und Registerrecht
GenG § 43a Abs. 2 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 (Wahlordnung für die Wahl zur Vertreterversammlung einer Genossenschaft) BGH, Urteil vom 15.1.2013, II ZR 83/11

1. Bestimmt die Wahlordnung für die Wahl zur Vertreterversammlung einer Genossenschaft, dass Kandidaten nicht zugleich Mitglied des Wahlvorstands oder Wahlhelfer sein können, wird dadurch weder das passive Wahlrecht nach § 43a Abs. 2 Satz 1 GenG noch der in § 43a Abs. 4 Satz 1 Halbsatz 1 GenG normierte Grundsatz der allgemeinen Wahl eingeschränkt.

2. Sehen Satzung und Wahlordnung zur Vertreterwahl einer Genossenschaft vor, dass Wahlvorschläge eines Mitglieds zu ihrer Wirksamkeit 20Unterstützungsunterschriften bedürfen, verstößt dies bei einer Genossenschaft mit mehr als 70.000 Mitgliedern und einer auf Wahrung der Gleichheit des Wahlrechts ausgerichteten Einteilung der Wahlbezirke nicht gegen die Grundsätze der allgemeinen und gleichen Wahl. Dies gilt auch dann, wenn nach der Wahlordnung auch ein Wahlvorschlagsrecht des Wahlvorstands besteht, dessen Wahlvorschläge ohne Unterstützung wirksam sind.

3. In der Wahlordnung zur Vertreterversammlung einer Genossenschaft kann dem Wahlvorstand jedenfalls dann ein Wahlvorschlagsrecht eingeräumt werden, wenn ihm ausschließlich Mitglieder der Genossenschaft angehören, die mehrheitlich von der Vertreterversammlung oder Generalversammlung gewählt werden, und es auch den anderen Mitgliedern möglich ist, Wahlvorschläge zu unterbreiten.

BGB §§ 1068 ff.; HGB § 106 Abs. 2 Nr. 1, §§ 107, 108, 162 (Nießbrauch an einem Kommanditanteil) OLG Stuttgart, Beschluss vom 28.1.2013, 8 W 25/13

Der Nießbrauch an einem Kommanditanteil ist im Handelsregister wegen der dem Nießbraucher zustehenden Verwaltungsrechte eintragungsfähig.

Prozesskosten-, Verfahrenskosten- und Beratungshilfe
ZPO § 120 Abs. 4 Satz 3 (Änderung der PKH-Entscheidung trotz Ablaufs der Vierjahresfrist) OLG Koblenz, Beschluss vom 21.11.2012, 5 W 632/12

Eine Änderung der PKH-Entscheidung zum Nachteil der Partei ist trotz Ablaufs der Vierjahresfrist des § 120 Abs. 4 Satz 3 ZPO statthaft, wenn das Änderungsverfahren rechtzeitig eingeleitet und hiernach ausschließlich von der PKH-Partei durch unvollständige oder verspätete Auskünfte verzögert wurde.

ZPO §§ 114, 117, 329; ArbGG § 11a (Rechtzeitige Antragstellung auf PKH) LAG Nürnberg, Beschluss vom 25.2.2013, 2 Ta 24/13

Prozesskostenhilfe kann nur gewährt werden, wenn vor Beendigung der Instanz ein formwirksamer Antrag einschließlich der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach § 117 Abs. 2 und 4 ZPO, § 11a ArbGG bei Gericht eingegangen ist. Bei Abschluss eines Vergleiches nach § 278 Abs. 6 ZPO ist die Instanz beendet, wenn der den Vergleich feststellende Beschluss den inneren Geschäftsbetrieb des Gerichts verlassen hat. Dazu genügt die formlose, auch telefonische Bekanntgabe. 

Zivilprozess und Zwangsvollstreckung
VO (EG) Nr. 1896/2006 Art. 4, 7, 25 (Voraussetzungen des Antrags auf Erlass eines Europäischen Zahlungsbefehls; Aufnahme von Zinsen) EuGH (1. Kammer), Urteil vom 13.12.2012, Rs. C-215/11

1. Art. 7 der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12.12.2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens ist dahin auszulegen, dass er die Voraussetzungen, die ein Antrag auf Erlass eines Europäischen Zahlungsbefehls erfüllen muss, erschöpfend regelt. Es steht dem nationalen Gericht gemäß Art. 25 dieser Verordnung und vorbehaltlich der in diesem Artikel genannten Bedingungen frei, die Höhe der Gerichtsgebühren nach den Modalitäten zu bestimmen, die in den für es maßgeblichen innerstaatlichen Rechtsvorschriften vorgesehen sind, sofern diese Modalitäten nicht ungünstiger sind als diejenigen, die gleichartige Sachverhalte regeln, die dem innerstaatlichen Recht unterliegen, und sie die Ausübung der durch das Unionsrecht verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren.

2. Die Art. 4 und 7 Abs. 2 Buchst. c der Verordnung Nr. 1896/2006 sind dahin auszulegen, dass sie es dem Antragsteller nicht verwehren, im Rahmen des Antrags auf Erlass eines Europäischen Zahlungsbefehls die Zinsen für die Zeit ab ihrer Fälligkeit bis zur Begleichung der Hauptforderung zu verlangen.

3. Wird dem Antragsgegner aufgegeben, dem Antragsteller die bis zur Begleichung der Hauptforderung auflaufenden Zinsen zu zahlen, steht es dem nationalen Gericht frei, die konkreten Einzelheiten für das Ausfüllen des in Anhang V der Verordnung Nr. 1896/2006 enthaltenen Formblatts für den Europäischen Zahlungsbefehl zu bestimmen, sofern der Antragsgegner anhand des so ausgefüllten Formblatts zum einen ohne jeden Zweifel die Entscheidung erkennen kann, dass er die bis zur Begleichung der Hauptforderung auflaufenden Zinsen zu zahlen hat, und er zum anderen den Zinssatz sowie den Zeitpunkt, ab dem er Zinsen zahlen soll, klar ausmachen kann. 

ZPO § 840 (Auskunftspflicht des Drittschuldners) BGH, Urteil vom 13.12.2012, IX ZR 97/12

Der Drittschuldner ist nicht verpflichtet, den Vollstreckungsgläubiger auf eine aufrechenbare Gegenforderung hinzuweisen, wenn er erklärt, die gepfändete Forderung nicht als begründet anzuerkennen.

ZPO § 699 Abs. 1, § 703c (Erlass des Vollstreckungsbescheids) LG Hamburg, Beschluss vom 8.1.2013, 304 T 36/12

1. Ein ordnungsgemäß gestellter Antrag auf Erlass eines Vollstreckungsbescheids bleibt auch bei späterer Rücknahme des Widerspruchs gegen den Mahnbescheid wirksam.

2. Der Antragsteller muss auch dann keine neuen Antrag auf Erlass eines Vollstreckungsbescheids stellen, wenn in dem Bundesland des nach Abgabe des Verfahrens zuständigen Amtsgerichts kein maschinelles Mahnverfahren eingeführt wurde.

ZPO § 733 (Erteilung einer zweiten vollstreckbaren Ausfertigung) LG Leipzig, Beschluss vom 18.1.2013, 07 T 695/12

Ist die erste vollstreckbare Ausfertigung eines Vollstreckungstitels nicht mehr auffindbar, ist das förmliche Verfahren zur Titelrekonstruktion einzuleiten. Dabei muss der wieder herzustellende Titel lediglich inhaltlich mit dem ursprünglichen Titel übereinstimmen.

Insolvenzrecht
InsO § 296 Abs. 1 Satz 2, 3, § 295 Abs. 2 (Obliegenheitsverletzung des Schuldners) BGH, Beschluss vom 17.1.2013, IX ZB 98/11

1. Zur Glaubhaftmachung des fiktiven monatlichen Nettoeinkommens eines abhängig Beschäftigten im Versagungsantrag genügt es, wenn der Gläubiger sich insoweit auf die eigenen Angaben des selbständig tätigen Schuldners stützt.

2. Maßgebend ist ein hypothetisches Einkommen aus einem angemessenen, nicht notwendigerweise der selbständigen Tätigkeit entsprechenden Dienstverhältnis.

3. Der Schuldner ist nicht dadurch entlastet, dass ihn weder das Insolvenzgericht noch der Treuhänder in der Wohlverhaltensphase darauf hingewiesen hat, die an den Treuhänder abgeführten Beträge entsprächen nicht dem Pfändungsbetrag eines vergleichbar abhängig Beschäftigten.

InsO § 188 Satz 3 (Bekanntgabe des Verteilungsverzeichnisses) BGH, Beschluss vom 7.2.2013, IX ZR 145/12

Die öffentliche Bekanntgabe des Verteilungsverzeichnisses ist nur wirksam, wenn sie durch das Insolvenzgericht als Urheber der Erklärung erfolgt.

InsO §§ 54, 63 Abs. 2, § 209 Abs. 1 Nr. 1 (Verfahrenskosten, Kostenstundung) BGH, Beschluss vom 7.2.2013, IX ZB 175/11

Reicht die Insolvenzmasse bei gewährter Kostenstundung nicht aus, um die Kosten des Insolvenzverfahrens zu decken, sind die Kosten nach dem Verhältnis ihrer Beträge zu berichtigen; auf die Gerichtskosten und die festgesetzte Vergütung des Insolvenzverwalters ist dieselbe Quote zu zahlen.

InsVV § 11 Abs. 1 Satz 4 (Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters) BGH, Beschluss vom 7.2.2013, IX ZB 286/11

Forderungen, die infolge einer Sicherungszession mit einem Absonderungsrecht wertausschöpfend belastet sind, können auch dann nicht bei der Vergütung des vorläufigen Verwalters in die Berechnungsgrundlage einbezogen werden, wenn die Sicherungsabtretung im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens anfechtbar ist.

ZPO §§ 91, 494a Abs. 2 (Kostenerstattung eines privaten Sachverständigengutachtens) BGH, Beschluss vom 7.2.2013, VII ZB 60/11

Die Kosten eines privaten Sachverständigengutachtens, das während eines selbständigen Beweisverfahrens vom Antragsgegner in Auftrag gegeben wird, können gemäß § 494a Abs. 2 ZPO erstattungsfähig sein.

Kostenrecht
ZPO §§ 91, 494a Abs. 2 (Kostenerstattung eines privaten Sachverständigengutachtens) BGH, Beschluss vom 7.2.2013, VII ZB 60/11

Die Kosten eines privaten Sachverständigengutachtens, das während eines selbständigen Beweisverfahrens vom Antragsgegner in Auftrag gegeben wird, können gemäß § 494a Abs. 2 ZPO erstattungsfähig sein.

ZPO § 91 Abs. 1 und Abs. 2, § 100 (Kostenerstattung bei Streitgenossen) OLG München, Beschluss vom 3.12.2012, 11 W 1790/12

Wenn auf Grund eines Verkehrsunfalls der Fahrer und/oder der Halter eines beteiligten Kraftfahrzeugs und dessen Haftpflichtversicherung verklagt werden und in diesem Rechtsstreit nur der Fahrer und/oder Halter obsiegt, während die Haftpflichtversicherung unterliegt, kann der obsiegende Streitgenosse, zu dessen Gunsten eine Kostengrundentscheidung ergangen ist, den seiner Beteiligung am Rechtsstreit entsprechenden Anteil der Kosten des gemeinsamen Rechtsanwalts gegen den Erstattungspflichtigen festsetzen lassen und zwar unabhängig davon, ob im Innenverhältnis die Haftpflichtversicherung diese Kosten in vollem Umfang zu tragen hat (im Anschluss an OLG Stuttgart, Beschluss vom 01.02.1990 – 8 W 140/89 = JurBüro 1990, 625 f. und OLG Karlsruhe, Beschluss vom 11.01.1994 – 13 W 225/93 = JurBüro 1994, 684).

ZPO §§ 91, 758a Abs. 4; RVG VV 7006 (Rechtsanwalt am dritten Ort, Reisekosten) OLG Nürnberg, Beschluss vom 13.12.2012, 12 W 2180/12

1. Reisekosten eines Rechtsanwalts, der eine Partei vertritt, die bei einem auswärtigen Gericht verklagt wird, und der weder am Gerichtsort noch am Wohn- oder Geschäftsort der Partei ansässig ist („Rechtsanwalt am dritten Ort“), sind regelmäßig nur bis zur Höhe der fiktiven Reisekosten eines am Wohn- oder Geschäftsort der Partei ansässigen Rechtsanwalts zu erstatten.

2. Zu derartigen fiktiven Reisekosten gehören als sonstige Auslagen (RVG VV 7006) auch angemessene fiktive Übernachtungskosten.

3. Die Ersatzfähigkeit von Übernachtungskosten orientiert sich dem Grunde nach allein an der Frage der Zumutbarkeit eines Reisebeginns zur Nachtzeit (§ 758a Abs. 4 ZPO).

4. Ein Reiseantritt (ab Wohnung des Rechtsanwalts) vor 06:00 Uhr morgens ist in der Regel nicht zumutbar.

5. Die Frage, ob einem Rechtsanwalt zur Wahrnehmung eines Gerichtstermins an einem Montag ein Reiseantritt am vorhergehenden Sonntag grundsätzlich zumutbar ist, spielt bei einer Vergleichsberechnung zur Ermittlung der hypothetischen Reisekosten eines fiktiven am Wohn- oder Geschäftsort der Partei ansässigen Rechtsanwalts keine Rolle.

Gesetzgebungsreport

Berichtszeitraum vom 26.3.2013 – 25.4.2013

BGBl.I

Bekanntmachung zu §850c der Zivilprozessordnung (Pfändungsfreigrenzenbekanntmachung 2013) vom 26. März 2013, BGBl. 2013 S.710

Bekanntmachung der Neufassung des Rechtspflegergesetzes vom 14. April 2013, BGBl.I 2013 S.778

Gesetz zur Reform der elterlichen Sorge nicht miteinander verheirateter Eltern vom 16. April 2013, BGBl.I 2013 S.796

BGBl.II

Bekanntmachung über den Geltungsbereich des Haager Übereinkommens über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht vom 15. Februar 2013 (Geltung für Curacao, St. Martin <niederländischer Teil> und den karibischen Teil der Niederlande <Bonaire, Saba, St. Eustatius>), BGBl.II 2013 S.386

Bekanntmachung über den Geltungsbereich des Übereinkommens über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen auf dem Gebiet der Unterhaltspflicht gegenüber Kindern vom 15. Februar 2013 (Geltung für Curacao, St. Martin <niederländischer Teil> und den karibischen Teil der Niederlande <Bonaire, Saba, St. Eustatius>), BGBl.II 2013 S.387

Bekanntmachung zum Europäischen Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen sowie zum Zusatzprotokoll hierzu vom 18. Februar 2013 (Geltung für Spanien), BGBl.II 2013 S.388

 

Länderreport

Baden-Württemberg

Gesetz zur Aufhebung des Schlichtungsgesetzes vom 16. April 2013, GVBl.2013, 53

Bayern

Gesetz zur Bereinigung des Landesrechts vom 8. April 2013, GVBl.2013 S.174

Berlin

Gesetz über den Vollzug der Sicherungsverwahrung in Berlin (Berliner Sicherungsverwahrungsvollzugsgesetz – SVVollzG Bln) vom 27. März 2013, GVBl.2013 S.71

Nordrhein-Westfalen

Bekanntmachung des Staatsvertrages und einer Dienstleistungsvereinbarung zum Zwecke der Einrichtung und zum Betrieb eines bundesweiten Vollstreckungsportals der Länder vom 19. März 2013, GVBl.2013 S.182

Sachsen-Anhalt

Zweites Gesetz zur Änderung des Justizkostengesetzes des Landes Sachsen-Anhalt vom 26. März 2013, GVBl.2013 S.158

Thüringen

Zweite Verordnung zur Änderung der Thüringer Rechtspflegeraufgabenübertragungsverordnung vom 20. Februar 2013, GVBl.2013 S.61

Schrifttumshinweise

Sachen- und Grundbuchrecht

Böhringer, Aktuelles aus dem Grundstücksrecht, NotBZ 2013, 121

Grziwotz, Das Recht auf Grundbucheinsicht, MDR 2013, 433

Familien-, Betreuungs- und Vormundschaftsrecht

Heuser, Selbst- und Fremdbestimmung im Minderjährigenrecht. Zu einer weithin übergegangenen Ungereimtheit im System des Minderjährigenschutzes (§§1629, 164ff., 107ff. BGB), JR 2013, 125–134

Lindemann, Die betreuungsrechtliche (Neu-)Regelung der Zwangsbehandlung von Untergebrachten, BtPrax 2013, 44

Rake, Die Vollstreckbarkeit von Unterhaltstiteln, FPR159

Rosenow, Betreuungsrechtliche Unterbringung und Zwangsbehandlung vor dem Hintergrund der UN-BRK, BtPrax 2013, 39

Erb- und Nachlassrecht

Odersky, Die Europäische Erbrechtsverordnung in der Gestaltungspraxis, notar 2013, 3

Handels- und Registerrecht

Kilian, Registerrecht – Aktuelle Entwicklungen, notar 2013, 10

Ries/Schulte, Umstrittene Eintragungsfähigkeit bestimmter Veränderungen in das Handelsregister. Fluch oder Segen für die beteiligten Gesellschaften? GmbHR 2013, 345

Prozesskosten- und Beratungshilfe

Lissner, Die Antragstellungsverfahren in der Beratungshilfe, AGS 2013, 105

Zivilprozess und Zwangsvollstreckung

Mroß, Rechtliche Lösungen für die Anwendung des Gesetzes zur Reform der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung, DGVZ 2013, 69

Wasserl, §39 EGZPO – Auftragseingang oder Auftragserteilung – Auswirkungen auf die von Vollstreckungsaufträgen durch den Gerichtsvollzieher, DGVZ 2013, 61

Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung

Hellwich, Immobiliarvollstreckung in der Praxis – Systematische Übersicht der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen – Teil 15: Altenteilsrechte in der Zwangsversteigerung, JurBüro 2013, 120

Keller, Die Voraussetzungen und der rechtliche Rahmen zur Durchführung einer so genannten kalten Zwangsverwaltung, NZI 2013, 265

Keller, Aktuelle Rechtsprechung zur Zwangsverwaltung im Jahre 2012, ZfIR 2013, 225

Weigelt, Das Gesetz zur Reform der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung, ZAP Fach 14, S.649

Insolvenzrecht

Büttner, Erteilung der Restschuldbefreiung für die Erben? ZInsO 2013, 588

Hübler, Aktuelles internationales und ausländisches Insolvenzrecht, NZI 2013, 337

Lissner, Das Amt des Insolvenzverwalters – lukrative oder in erster Linie riskante, haftungsrelevante Tätigkeit? DZWIR Bd.23 S.159

Pape/Pape, Entwicklung der Rechtsprechung zum Verbraucherinsolvenz- und Restschuldbefreiungsverfahren in Jahren 2011 und 2012 – Teil 2.1, ZInsO 2013, 685

Straf-, Strafverfahrens- und Strafvollstreckungsrecht

Burhoff, Rechtsprechungsübersicht zu den Teilen 4–7 VV RVG aus dem Jahr 2012 – Teil 2, RVGreport 2013, 133

Cierniak/Zimmermann, Aus der Rechtsprechung des BGH zum Strafverfahrensrecht – 2. Teil, NStZ-RR 2013, 97

Kostenrecht

Enders, Anrechnung der Verfahrensgebühr auch bei unterschiedlicher Beteiligung der Mandanten an dem selbständigen Beweisverfahren und der Hauptsache? JurBüro 2013, 113

Petershagen, Die Gerichtsgebührenermäßigung bei Vergleichsschluss und Kostenentscheidung nach §91a ZPO, JurBüro 2013, 118

Volpert, Die Terminsgebühr im schriftlichen Verfahren in Familiensachen, RVGreport 2013, 126

Buchbesprechungen

Frankfurter Kommentar zur InsO
Herausgeber: Dr. Klaus Wimmer, MinRat im BMJ, Berlin. 7. Auflage, 2013. Verlag Wolters Kluwer (luchterhand), Neuwied. 3.609 Seiten, Ln., 259,– Euro Prof. Udo Hintzen, Berlin
Die Unternehmensumwandlung, Verschmelzung, Spaltung, Formwechsel, Einbringung
Die Unternehmensumwandlung, Verschmelzung, Spaltung, Formwechsel, Einbringung. Von Rolf Schwedhelm. Verlag Dr. Otto Schmidt KG, Köln. 7. Auflage, 2012. 487 Seiten, 89,80 Euro. ISBN 978-3-504-62314-2 Dr. phil. Dr. jur. Christian Schulte, M. A. – Richter im Handelsregister des AG Berlin-Charlottenburg

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