Heft 8/2025 (August 2025)
Festsetzung der Ergänzungspflegervergütung gegen einen Elternteil (m.Anm.Bestelmeyer)
BGH, Beschluss v. 16.4.2025, XII ZB 227/24
1. Unter den Bedingungen der beginnenden Corona-Pandemie lag ein besonderer Ausnahmefall vor, in dem die Bestellung eines Ergänzungspflegers telefonisch erfolgen konnte (Fortführung von Senatsbeschlüssen v. 15.1.2020 – XII ZB 627/17 – Rpfleger 2020, 384 = FamRZ 2020, 601 und v. 13.12.2017 – XII ZB 436/17 – Rpfleger 2018, 267 = FamRZ 2018, 513).
2. Zur Möglichkeit einer Festsetzung der Vergütung eines Ergänzungspflegers gegen einen Elternteil, der sich vertraglich zur Übernahme der für sein Kind mit demVertragsschluss verbundenen Kosten verpflichtet hat.
3. Ein Ergänzungspfleger kann eine Vergütung nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz beanspruchen, soweit er aufgrund seiner Bestellung Tätigkeiten zu erbringen hat, für die ein juristischer Laie als Ergänzungspfleger berechtigterweise einen Rechtsanwalt hinzugezogen hätte (im Anschluss an Senatsbeschlüsse v. 8.1.2025 – XII ZB 477/22 – Rpfleger 2025, 269 = MDR 2025, 415; v. 14.8.2024 – XII ZB 478/22 – FamRZ 2024, 1897 = Rpfleger 2025, 93 und v. 16.1.2014 – XII ZB 95/13 – juris).
Beurkundungsausschluss, Gesellschafterliste
BGH, Beschluss v. 18.3.2025, II ZB 11/24
1. Der Ausschließungsgrund liegt auch dann vor, wenn ein Dritter an der Beurkundung beteiligt ist, der von der Ehefrau des Notars als alleinige Geschäftsführerin einer GmbH in deren Namen bevollmächtigt wird, die GmbH bei der Beurkundung von Willenserklärungen zu vertreten.
2. Das Registergericht kann die Aufnahme einer vom Notar eingereichten Gesellschafterliste ablehnen, wenn es ohne weitere Ermittlungen sichere Kenntnis davon gewinnt, dass die mit ihr bescheinigte Änderung in den Personen der Gesellschafter nicht stattgefunden hat. Eine sichere Kenntnis liegt nur vor, wenn diese in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht offensichtlich keinem Zweifel unterliegt.
Rubrumsfehler, Nichtigkeit
OLG Frankfurt a.M., Beschluss v. 12.5.2025, 4 W 3/25
1. Ein Beschluss, aus dem die Zwangsvollstreckung stattfindet, ist nichtig, wenn er entgegen § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, § 313 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ohne volles Rubrum erlassen wurde. Eine Ausfertigung, die den Antragsgegner zwar richtig wiedergibt, kann den Formfehler nicht heilen, weil sich die Bezeichnung der Beteiligten aus der Urschrift selbst ergeben muss.
2. Soweit es der BGH (Rpfleger 2003, 598 = FamRZ 2003, 1742) ausreichen lässt, dass in der Urschrift auf einen bestimmten, eindeutig bezeichneten Teil der Akten verwiesen wird, genügt dafür der bloße Verweis auf ein „großes Rubrum“ ohne Bezug auf konkrete Aktenteile jedenfalls nicht. Soweit der BGH (Beschluss v. 16.10.2007 – VI ZB 65/06 – NJW-RR 2008, 367) für einen Beschluss ohne Rubrum über die Verwerfung einer Berufung unter Berücksichtigung des Urteils erster Instanz darauf abgestellt hat, dass ohne weiteres ersichtlich war, hinsichtlich welcher Parteien der Beschluss erlassen ist, genügt dies jedenfalls für einen der Zwangsvollstreckung unterliegenden Beschluss nicht.
3. Ein mangels ausreichender Beteiligtenbezeichnung für eine Zwangsvollstreckung untauglicher Beschluss ist als nichtiger Scheinbeschluss zur Beseitigung des von ihm ausgehenden Rechtsscheins mit dem gegen eine rechtlich wirksame Entscheidung gleichen Inhalts statthaften Rechtsmittel anfechtbar (BGH FamRZ 2012, 1287, Rn. 18).
Abhandengekommener Grundschuldbrief, Aufgebotsverfahren
OLG Bamberg, Beschluss v. 26.2.2025, 3 Wx 15/24
1. Bestätigt ein Grundschuldgläubiger die Rückgabe des Briefs sowie die Erteilung einer Löschungsbewilligung und existieren keine objektiven Anhaltspunkte für eine Abtretung der Grundschuld an einen Dritten, so stellt dies eine tragfähige Grundlage für die Annahme dar, dass eine Abtretung der Grundschuld nicht erfolgt ist.
2. In einem solchen Fall kann der Antrag eines Grundstückserben auf Durchführung des Aufgebotsverfahrens zur Kraftloserklärung eines abhanden gekommenen Grundpfandrechtsbriefs nach §§ 1192, 1162 BGB nicht allein mit der Begründung zurückgewiesen werden, der Antragsteller könne generell mangels eigener Wahrnehmungen zum Geschehen vor dem Eintritt des Erbfalls das Abhandenkommen des Briefs nicht glaubhaft machen.
Testamentswiderruf durch schlüssige Handlung des Erblassers
OLG Frankfurt a.M., Beschluss v. 29.4.2025, 21 W 26/25
1. Auf welche Weise ein Testament vernichtet wurde, ist unerheblich. Maßgeblich ist allein, dass das Testament vom Erblasser zerstört wurde.
2. Die für einen Testamentswiderruf nach § 2255 Satz 1 BGB erforderliche Widerrufsabsicht wird nach § 2255 Satz 2 in diesem Fall BGB gesetzlich vermutet.
Akteneinsicht, Beteiligtenstellung, journalistisches Interesse
KG, Beschluss v. 26.2.2025, 22 W 66/24
1. Über einen Antrag auf Einsicht in Vereinsregisterakten, der nicht nur auf die für jedermann einsehbaren Unterlagen nach § 79 Abs. 1, § 66 BGB beziehen, sondern auch den sonstigen Schriftverkehr betreffen, ist im Verfahren nach § 23 EGGVG zu entscheiden.
2. Derjenige, der ein Löschungsverfahren nach § 395 FamFG anregt, wird dadurch nicht zwingend zu einem formell Beteiligten i.S. des § 6 FamFG.
3. Eine journalistische Tätigkeit ist durch Art. 5 Abs. 1 GG besonders geschützt. Dieser Schutz umfasst auch die Informationsbeschaffung. Er darf allerdings nicht nur vorgeschoben sein.
Festsetzung der Aufwandspauschale gegen die Staatskasse trotz vermögendem Nachlass (m. Anm. Deinert)
AG Lörrach, Beschluss v. 21.3.2024, XVII 19
Sind die Erben nicht feststellbar und ordnet das Nachlassgericht trotz Aufforderung keine Nachlasspflegschaft an, kann die Aufwandspauschale aus der Staatskasse gezahlt werden.