Heft 9/2024 (September 2024)

Erwerb eines Miteigentumsanteils

BGH, Beschluss v. 20.6.2024,V ZB 1/24

Der Erwerb eines Miteigentumsanteils an einem nicht vermieteten oder verpachteten Grundstück durch einen Minderjährigen ist lediglich rechtlich vorteilhaft.

 

Erforderlichkeit der Bestellung eines Verfahrenspflegers

BGH, Beschluss v. 5.6.2024, XII ZB 521/23

1. Im Verfahren über die Verlängerung der Bestellung eines Betreuers oder der Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts gegen den erklärten Willen des Betroffenen ist gem. § 276 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 FamFG die Bestellung eines Verfahrenspflegers in der Regel erforderlich.

2. Ist in erster Instanz die Bestellung eines Verfahrenspflegers unterblieben, hat das Beschwerdegericht für die Beschwerdeinstanz das Vorliegender Voraussetzungen des § 276 Abs.1 FamFG erneut zu prüfen (im Anschluss an Senatsbeschluss v. 16.2.2022 – XII ZB 499/21 – FamRZ 2022, 730).

Inflationsausgleichsprämie

BGH, Beschluss v. 25.4.2024, IX ZB 55/23

1. Die vom Arbeitgeber gezahlte Inflationsausgleichsprämie ist Arbeitseinkommen und als solches pfändbar.
2. Die Prämie ist Teil des wiederkehrend zahlbaren Arbeitseinkommens.

 

Stellung eines Verfahrensbevollmächtigten

BGH, Beschluss v. 24.4.2024, XII ZB 531/23

Einem nicht anwaltlichen Verfahrensbevollmächtigten, der nicht durch Beschluss nach § 10 Abs. 3 Satz 1 FamFG zurückgewiesen worden ist, ist Gelegenheit zu geben, an der Anhörung des Betroffenen teilzunehmen.

 

Zwangshypothek, Schuldner-GbR (mit Anm. Böhringer)

OLG Schleswig, Beschluss v. 20.6.2024, 2x W 36/24

1. Grundsätzlich kann das Grundbuchamt im Anwendungsbereich des Art. 229 § 21 Abs. 1 EGBGB über § 47 Abs. 2 GBO hinaus verlangen, dass die GbR im Gesellschaftsregister eingetragen wird (und gegebenenfalls das Grundbuch berichtigt wird), bevor sie über ein Recht verfügt.
2. Art. 229 § 21 Abs.1 EGBGB ist nicht anwendbar, wenn es um die Eintragung einer Zwangshypothek zu Lasten einer (nicht im Gesellschaftsregister eingetragenen) GbR geht, auch wenn die Vorschrift ihrem Wortlaut nach greift.

 

GbR, Anwendung von § 40 Abs. 1 GBO (mit Anm. Dressler-Berlin)

OLG Celle, Beschluss v. 16.4.2024, 20 W 23/24

1. Ist eine (noch) nicht im Gesellschaftsregister eingetragene Gesellschaft bürgerlichen Rechts im Grundbuch als Eigentümerin eingetragen und überträgt sie ihr Eigentum rechtsgeschäftlich, kann die Eintragung des Eigentumswechsels nach dem 31.12.2023 gem. Art. 229 § 21 Abs. 1 EGBGB grundsätzlich nicht erfolgen, solange die Gesellschaft nicht im Gesellschaftsregister eingetragen und daraufhin nach den durch das Personengesellschaftsrechtsmodernisierungsgesetz geänderten Vorschriften ihre Eintragung im Grundbuch angepasst worden ist.
2. Die Vorschrift des § 40 Abs. 1 GBO findet keine analoge Anwendung.

 

Bestimmung des Ehegüterstatuts (mit Anm. Lamberz)

OLG Köln, Beschluss v. 4.3.2024, 2 Wx 22/24

Die güterrechtlichen Verhältnisses des mittlerweile verstorbenen Ehemannes mit deutscher Staatsangehörigkeit sowie der Ehefrau mit russischer Staatsangehörigkeit richtet sich nach russischem Kollisionsrecht (Art. 161 Nr. 1 Satz 1 des Familiengesetzbuches der Russischen Föderation [FGB]) bei gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt der Eheleute zur Zeit der Heirat in Russland und deren späterem letzten gemeinsamen Wohnsitz in Deutschland nach deutschem Recht, sofern sich die Eheleute in Deutschland ständig oder überwiegend aufhalten.

 

Amtslöschung, Amtsermittlungspflicht

OLG Brandenburg, Beschluss v. 26.4.2024, 7 W 8/24

Das Registergericht hat in verfahrensrechtlicher Hinsicht bei einer Amtslöschung wegen Vermögenslosigkeit einer Gesellschaft die Prüfung desVorliegens derVoraussetzungen einer Vermögenslosigkeit im Hinblick auf die schwerwiegenden Folgen einer Löschung einer Gesellschaft aus dem Handelsregister besonders sorgfältig wahrnehmen und muss dabei zu der positiven Feststellung kommen muss, dass kein Vermögen der Gesellschaft mehr vorhanden ist. Dabei genügt die bloße Überzeugung des Registergerichts von der Vermögenslosigkeit nicht; diese muss vielmehr auf ausreichenden Ermittlungen beruhen und kann sich nicht etwa allein auf unterlassene Darlegungen hinsichtlich noch vorhandenenVermögens stützen.

 

Kostenfestsetzung gegen die eigene Partei

LAG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 12.6.2024, 26 Ta (Kost) 6027/24

1. Bei dem Einwand, der Prozessbevollmächtigte habe die Gebührenforderung für den Fall, dass er die Kosten letztlich allein tragen müsse, auf 892,50 Euro begrenzt, handelt es sich um eine nicht dem Gebührenrecht entstammende Einwendung, die auch nicht vollkommen unsubstantiiert ist.

2. Die Möglichkeit einer Ermäßigung oder eines Erlasses nach § 49b Abs. 1 Satz 2 BRAO für eine gerichtliche Tätigkeit besteht weder von vornherein noch während der anwaltlichen Tätigkeit (Hartmann, Kostengesetze online, 4. Lief., 11/2022, § 4 RVG, Rn. 11). § 242 BGB soll es Rechtsanwälten, die eine solche Vereinbarung den noch treffen, aber verwehren, sich auf die Nichtigkeit der Abrede gegenüber einem Mandanten zu berufen, der auf eine entsprechende Vereinbarung vertraut hat (OLG Köln 6.11.2013 – I-17 W 22/13, Rn. 13).

3. Die Nichtanwendung von Art. 229 § 21 Abs. 1 EGBGB im Wege einschränkender Auslegung für den Fall der Eintragung einer Zwangshypothek ergibt sich aus dem Willen des (historischen) Gesetzgebers, dem Sinn und Zweck der Norm sowie dem Justizgewährungsanspruch des Gläubigers.

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