Heft 10/2023 (Oktober 2023)

Aufhebung des Sondereigentums, Zustimmung des Vorkaufsberechtigten, Fortsetzung des Vorkaufsrechts nach Realteilung

BGH, Beschluss vom 15.6.2023,V ZB 5/22


1. Der Berechtigte eines dinglichen Vorkaufsrechts an einem Wohnungseigentum wird durch die reale Teilung des Grundstücks vor Eintritt desVorkaufsfalls in seiner dinglichen Rechtsstellung nicht berührt, da sich dasVorkaufsrecht an dem abgeschriebenen, neuen Grundstück fortsetzt. Infolgedessen erfordert die Realteilung für sich genommen nicht die Zustimmung des dinglich Vorkaufsberechtigten.

2. Die Aufhebung des Sondereigentums vor Eintritt des Vorkaufsfalls bedarf nicht der Zustimmung des dinglich Vorkaufsberechtigten.

3. Die Änderung einer Vereinbarung der Wohnungseigentümer (hier:Aufhebung des Sondernutzungsrechts) bedarf ebenfalls nicht der Zustimmung des Berechtigten eines dinglichenVorkaufsrechts an einem Wohnungseigentum.

 

Formwechselnde Umwandlung in KG, Löschung von Amts wegen, Beschwerdeberechtigung eines Gesellschaftsgläubigers

BGH, Beschluss vom 20.6.2023, II ZB 18/22


Die Beschwerdeberechtigung eines Gesellschaftsgläubigers, der nach einer formwechselnden Umwandlung die Löschung der Gesellschaft mit der Begründung angeregt hat, der Formwechsel sei rechtsmissbräuchlich unter Umgehung oder Einschränkung des Gläubigerschutzes vollzogen worden, ergibt sich nicht bereits daraus, dass das Registergericht die Löschung verweigert hat. Ein allgemeines Recht eines Gläubigers, zur Erleichterung der Verwirklichung seines Forderungsrechts bestimmte Eintragungen im Handelsregister herbeizuführen oder zu untersagen, besteht nicht.

 

Elektronischer Rechtsverkehr,Vollstreckungsantrag nach Justizbetreibungsgesetz

BGH, Beschluss vom 6.4.2023, I ZB 84/22


Der Vollstreckungsantrag nach dem Justizbeitreibungsgesetz entspricht den im elektronischen Rechtsverkehr geltenden Formanforderungen, wenn er entweder von der ihn verantwortenden Person qualifiziert elektronisch signiert worden ist oder von der ihn verantwortenden Person (einfach) signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht worden ist (§ 753 Abs. 4 Satz 2,§ 130aAbs.3 Satz 1 ZPO,§ 6Abs.1 Nr.1,§ 7 Satz 1 und 2 JBeitrG). Damit hat der Gesetzgeber die formellen Anforderungen abschließend festgelegt. Die nach der Senatsrechtsprechung geltenden Anforderungen an einen in Papierform eingereichten Vollstreckungsantrag nach der Justizbeitreibungsordnung (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Dezember 2014 – I ZB 27/14, DGVZ 2015, 146 [juris Rn. 16]) können auf einen elektronisch eingereichten Vollstreckungsantrag nach dem Justizbeitreibungsgesetz nicht übertragen werden.

 

Notwendige Anlagen zum Insolvenzplan, Bonitätsnachweis eines Drittmittelgebers

BGH, Beschluss vom 22.6.2023, IX ZB 15/21

1. Urkunden, welche die Bonität eines Drittmittelgebers belegen, gehören nicht zu den Anlagen, welche dem Insolvenzplan notwendig beizufügen sind.

2. Ein verfahrensbeendender Insolvenzplan hat offensichtlich keine Aussicht auf Bestätigung durch das Gericht, wenn von Dritten versprochene Leistungen für die Befriedigung der Masseverbindlichkeiten, insbesondere der Verfahrenskosten, erforderlich sind und nicht gewährleistet ist, dass die Dritten in dem erforderlichen Umfang zu den versprochenen Leistungen bereit und in der Lage sind.

 

Angabe zum Antrag, Folge fehlender Angaben des Betreuers und des Verfahrensbevollmächtigen

OLG Frankfurt, Beschluss vom 10.5.2023, 5 WF 15/23

1. Zweck der Vorschrift des § 250 Abs. 1 Nr. 1 FamFG ist es sicherzustellen, dass die Bezeichnung der Beteiligten so erfolgt, dass sich keine Verwechslungen ergeben und Zustellung und Vollstreckung der Entscheidung ohne Schwierigkeiten möglich sind.

2. Mit Blick auf diesen Zweck des § 250 Abs. 1 Nr. 1 FamFG führen weder die fehlende Nennung des Betreuers im Antrag noch die unterbliebene Angabe der Verfahrensbevollmächtigten für sich genommen zur Unzulässigkeit des Verfahrens. Die fehlende Angabe des Betreuers im Festsetzungsantrag führt nur dann zu einer fehlerhaften Zustellung an den Betroffenen, wenn dieser verfahrensunfähig ist.

3. Auch steht die fehlende Angabe der Bevollmächtigten des An- tragsgegners einer wirksamen förmlichen Zustellung des Antrags an den Antragsgegner nicht entgegen. Zwar hat nach § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, § 172 Abs. 1 Satz 1 ZPO die Zustellung an den für den Rechtszug bestellten Verfahrensbevollmächtigten zu erfolgen. Dies setzt aber voraus, dass dem die Zustellung Veranlassenden – hier der Rechtspflegerin – die Bestellung des Verfahrensbevollmächtigten bekannt ist.

 

Auslegung, eigenhändiges Testament, Erbeinsetzung, Teilungsanordnung, gesetzliche Erbfolge

OLG Saarbrücken, Beschluss vom 9.5.2023, 5 W 28/23

Ein eigenhändiges Testament, in dem alle früheren Verfügungen widerrufen und im Anschluss nicht alle Vermögensgegenstände unter den drei Kindern verteilt werden, kann dahingehend auszulegen sein, dass nur Teilungsanordnungen, aber keine Erbeinsetzungen verfügt wurden. Es findet dann gesetzliche Erbfolge Anwendung.

 

(Leitsätze der Schriftleitung)

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