Heft 8-9/2023 (August/ September 2023)
Rangverhältnis zwischen dinglichem Vorkaufsrecht und Vorkaufsrecht des Mieters
BGH, Beschluss vom 27.4.2023,V ZB 58/22
Das dingliche Vorkaufsrecht genießt jedenfalls dann Vorrang vor dem Vorkaufsrecht des Mieters, wenn es von dem Eigentümer zugunsten eines Familienangehörigen i.S. von § 577 Abs. 1 Satz 2 BGB bestellt wurde.
Vereinfachtes Vollstreckungsantragsverfahren bei Änderung der Parteibezeichnung nach Titelerlass
BGH, Beschluss vom 10.5.2023,VII ZB 23/22
Die Möglichkeit des vereinfachten Vollstreckungsantrags bei Vollstreckungsbescheiden gem. § 829a ZPO ist für eine Gläubigerin, deren Parteibezeichnung sich nach Erlass des Vollstreckungsbescheids geändert hat, nicht eröffnet, weil sie dem zuständigen Vollstreckungsorgan die Parteiidentität mit der Titelgläubigerin zweifelsfrei nachweisen muss. Die die Parteiidentität belegenden Urkunden müssen dem Vollstreckungsantrag beigefügt werden und schließen als vorlegungspflichtige andere Urkunden i.S. des § 829a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO die Anwendung des vereinfachten Vollstreckungsantragsverfahrens gem. § 829a ZPO aus.
Testamentsvollstrecker, Entlassung, wichtiger Grund, Trennung der Vermögen
OLG München, Beschluss vom 25.5.2023, 33 Wx 36/23 e
1. Die Abwicklung des Nachlasses hat bei Abwicklungsvollstreckung mit tunlicher Beschleunigung zu erfolgen (Anschluss an OLG München BeckRS 1994, 30840582). Stellt es der Erblasser dem Testamentsvollstrecker frei, innerhalb welcher Frist eine zum Nachlass gehörende Immobilie zu veräußern ist, führt diese Anordnung nicht dazu, dass Dauertestamentsvollstreckung angeordnet wäre.
2. Vermietet der Testamentsvollstrecker die zum Nachlass gehörende Immobilie und trennt die Mieteinnahmen nicht von seinem persönlichen Vermögen, setzt er die Erben dem Risiko aus, dass Eigengläubiger des Testamentsvollstreckers in den ungeteilten Nachlass vollstrecken können und damit auf eine Haftungsmasse Zugriff haben, die für Eigenverbindlichkeiten des Testamentsvollstreckers grundsätzlich nicht zur Verfügung steht. Eine derartige Pflichtverletzung rechtfertigt grundsätzlich die Entlassung des Testamentsvollstreckers.
3. Richtet der Testamentsvollstrecker, der die zum Nachlass gehörenden Immobilie vermietet, für die vom Mieter entrichtete Mietkaution kein separates Konto ein, um diese getrennt von seinem Vermögen zu verwahren, handelt es sich um eine erhebliche Pflichtverletzung, die seine Entlassung aus dem Amt des Testamentsvollstreckers rechtfertigen kann.
Testamentsvollstrecker, Entlassung, wichtiger Grund, Anforderungen
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 24.1.2023, 3 Wx 105/22
1. Der Zeitraum, den der Testamentsvollstrecker für die Erstellung und Übermittlung eines Nachlassverzeichnisses in Anspruch nehmen darf, ohne einen wichtigen Grund zu seiner Entlassung zu setzen, bestimmt sich nach den konkreten Umständen des Falles und hängt insbesondere vom Umfang und von der Komplexität des Sachverhalts sowie den vorhandenen Schwierigkeiten bei der Ermittlung der Nachlassmasse ab.
a) In diesem Zusammenhang ist ferner zu berücksichtigen, ob und inwieweit der Testamentsvollstrecker von Berufs wegen oder aufgrund früherer vergleichbarer Ämter über Erfahrungen bei der Erstellung eines Nachlassverzeichnisses verfügt.
b) Von Bedeutung ist überdies, in welchem zeitlichen Umfang von ihm unter Berücksichtigung seiner sonstigen (beruflichen oder anderweitigen) Verpflichtungen eine Tätigkeit zur Verwaltung des Nachlasses erwartet werden kann.
2. Selbst wenn sich im Einzelfall eine vorwerfbare zeitliche Verzögerung bei der Anfertigung und Überlassung des Nachlassverzeichnisses ergibt, führt diese nicht ohne weiteres zur Entlassung des Testamentsvollstreckers. Erforderlich ist vielmehr eine schuldhafte und grobe Missachtung der Pflicht zur unverzüglichen Vorlage eines Nachlassverzeichnisses.
3. Ebenso wenig führen sachliche Fehler im Nachlassverzeichnis ohne weiteres zur Entlassung des Testamentsvollstreckers. Nur dann, wenn die Fehler Ausdruck einer grob nachlässigen oder gar böswillig fehlerhaften Amtsführung sind, stellen sie einen wichtigen Grund zur Amtsenthebung dar. In allen anderen Fällen begründen sie nur die Verpflichtung des Testamentsvollstreckers, die vorhandenen Fehler alsbald zu berichtigen.
Wechselbezüglichkeit, Abänderungsklausel, Ersatzerben
OLG Brandenburg, Beschluss vom 18.4.2023, 3 W 147/22
Bei einem gemeinschaftlichen Testament steht es den Erblassern frei, eine Abänderungsklausel aufzunehmen. Eine Ersatzerbeneinsetzung aus dem gemeinschaftlichen Testament bleibt auch nach Widerruf einer Erbeneinsetzung grundsätzlich bestehen. (Leitsätze der Schriftleitung)
Übergang der UG infolge einer Kapitalerhöhung in eine reguläre GmbH, Nachweis der Einzahlung des Stammkapitals
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12.05.2022, 3 Wx 3/22
1. Bei der Kapitalerhöhung der UG auf das Mindeststammkapital der regulären GmbH von 25.000 € oder mehr müssen in analoger Anwendung des § 7 Abs. 2 Satz 2 GmbHG auf das Stammkapital insgesamt wenigstens 12.500 € eingezahlt sein.
2. Eine Begünstigung der UG beim Übergang zur regulären GmbH gegenüber der Neugründung einer regulären GmbH hinsichtlich der Aufbringung und Erhaltung des Stammkapitals findet nicht statt. Die Versicherung gem. § 57 Abs. 2 Satz 1 GmbHG muss sich daher darauf beziehen, dass die Einlagen auf das neue Stammkapital bewirkt sind, dass sie im Zeitpunkt der Anmeldung wertmäßig noch vorhanden sind (Vorbehalt wertmäßiger Deckung) und dass sie in der Folge nicht an den Einleger zurückgezahlt worden sind.