Heft 12/2022 (Dezember 2022)
Klarstellungsbeschluss zu Pfändungs- und Überweisungsbeschluss, Auskunftserteilungsanspruch gegen den Schuldner
BGH, Beschluss vom 7.9.2022, VII ZB 38/21
1. Ein Antrag des Gläubigers an das Vollstreckungsgericht auf Konkretisierung der von dem Schuldner nach § 836 Abs. 3 Satz 1 ZPO zu erteilenden Auskunft in dem (Pfändungs- und) Überweisungsbeschluss oder einem diesen ergänzenden Beschluss ist unzulässig.
2. Grundbuchberichtigung bei Erbanteilsübertragung, Nachweis der Beendigung der Testamentsvollstreckung durch Bescheinigung des Nachlassgerichts.
OLG Karlsruhe, Beschluss vom 7.9.2022, 19 W 64/21
1. Soll der Anteil eines Miterben am Nachlass durch Erbanteilübertragung auf einen anderen Miterben übergehen, kann der für eine Berichtigung nach § 22 GBO erforderliche Nachweis durch die Vorlage einer formgerecht beurkundeten Erbteilsübertragung geführt werden. Der Zweck des Grundbuchs, auf sicherer Grundlage bestimmte und eindeutige Rechtsverhältnisse für unbewegliche Sachen zu schaffen und zu erhalten, erfordert hier hohe Anforderungen und eine bloße nachträgliche „Richtigstelllung“ des Urkundsnotars ist hier möglicherweise nicht ausreichend.
2. Aufgrund der vorrangigen Kompetenz des Nachlassgericht in der Beurteilung zukommt, ob eine Testamentsvollstreckung angeordnet wurde und ob diese noch besteht, ist das Grundbuchamt an eine entsprechend Bescheinigung des Entscheidung des Nachlassgerichts gebunden.
(Leitsätze der Schriftleitung)
Erbscheinsverfahren, Sorgerechtsentzug
OLG Nürnberg, Beschluss vom 20.6.2022, 7 WF 434/22
Ein Sorgerechtsentzug für ein Erbscheinerteilungsverfahren muss dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen. Er ist nicht erforderlich, wenn zu erwarten ist, dass die Eltern im Interesse des Kindes handeln, und ihr Einfluss auf die Entscheidung gering ist.
Auslegung, Wechselbezüglichkeit, Schlusserbeneinsetzung
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.4.2022, I-3 Wx 82/21 (m. Anm. Lamberz)
1. Setzen sich kinderlos gebliebene Ehepartner in einem gemeinschaftlichen Testament gegenseitig zu Alleinerben und Verwandte beider Seiten zu Schlusserben ein, sind die letztwilligen Verfügungen in mehrfacher Hinsicht wechselbezüglich.
2. Sofern keine gegenteiligen Anhaltspunkte vorhanden sind, ist die Einsetzung der Schlusserben nicht von vornherein nur insoweit wechselbezüglich, wie Verwandte der vorverstorbenen Ehefrau bedacht worden sind. Wechselbezüglich ist vielmehr
a) die Einsetzung der Eheleute zu gegenseitigen Alleinerben,
b) ebenso die gegenseitige Erbeinsetzung der Eheleute und die Berufung von eigenen Verwandten zu Schlusserben,
c) und schließlich auch die Schlusserbeneinsetzung als solche.
Bedürftigkeitsprüfung bei PKH, Aufklärungs- und Hinweispflicht des Gerichts zu möglichem Freibetrag für Alleinerziehende
OLG Oldenburg, Beschluss vom 18.7.2022, 4 WF 81/22
1. Das Gericht ist im Verfahren über die Bewilligung von Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe nach § 117 ZPO bei der Prüfung der Bedürftigkeit analog § 16 Abs. 3 SGB-I verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass klare und sachdienliche Anträge gestellt und unvollständige Angaben ergänzt werden.
2. Der Freibetrag für Alleinerziehende gem. § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 ZPO i.V.m. §§ 21 Abs. 3 Nr. 2 SGB-II, 30 Abs. 3 Nr. 2
SGB-XII ist von Amts wegen zu berücksichtigen. Weil er leicht übersehen werden kann, trifft das Gericht auch gegenüber
anwaltlich vertretenen Beteiligten eine besondere Aufklärungs – und Hinweispflicht, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme dieses Freibetrages gegeben sind, auch wenn er in Abschnitt „J“ der amtlichen Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht ausdrücklich geltend gemacht wird.
3. Solche Anhaltspunkte liegen regelmäßig dann vor, wenn ein Elternteil – namentlich eine Mutter – allein zusammen mit einem oder mehreren Kindern in einem Haushalt lebt. Dies gilt erst recht, wenn Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz bezogen werden.
Höhe der Einigungsgebühr für beigeordneten VKH-Anwalt bei Mehrvergleich
OLG Bamberg, Beschluss vom 23.9.2022, 2 WF 111/22
1. Durch das KostRÄG vom 21.12.2020 wurde die Nichtherabsetzung des Gebührensatzes in der Anmerkung Abs. 1 Satz 1
2. Hs. zu Nr. 1003 VV-RVG auf die Fälle der Erstreckung der Beiordnung nach § 48 Abs. 1 RVG ausgeweitet.
2. Mit der Rückausnahme nach der Anmerkung Abs. 1 Satz 1
2. Hs. zu Nr. 1003 VV-RVG in der Fassung seit 1.1.2021 verbleibt es deshalb bei der 1,5 Einigungsgebühr nach Nr. 1000 VV-RVG, wenn sich die Beiordnung auf den Abschluss eines Vertrages i. S. der Nummer 1000 VV-RVG erstreckt (§ 48 Abs. 1 und Abs. 3 RVG).
Erstattungsfähigkeit der Sondervergütung des WEG-Verwalters bei Begleitung eines Beschlussklageverfahren dem Grunde und der Höhe nach
AG Stuttgart, Beschluss vom 12.7.2022, 64 C 757/21
1. Eine Sondervergütung des WEG-Verwalter für die Begleitung eines Beschlussklageverfahren ist dem Grund nach gem. § 91 ZPO auch im formalisierten Kostenfestsetzungsverfahren erstattungs-fähig.
2. Die Entschädigung für den zeitlichen Aufwand der Beklagten ist im formalisierten Kostenfestsetzungsverfahren der Höhe nach auf die Vorschriften des JVEG beschränkt.
3. Ob darüber hinaus ein materiellrechtlicher Erstattungsanspruch zusteht, ist im Kostenfestsetzungsverfahren nicht zu entscheiden.
(Leitsätze der Schriftleitung)
Pfändbarkeit Energiepreispauschale
AG Aschaffenburg, Beschluss vom 7.11.2022, 654 IN 298/21
Die im EStG geregelte Energiepreispauschale ist pfändbar.
(Leitsatz der Schriftleitung)