Heft 9/2022 (September 2022)

Inhalt Reallast, Wiedererrichtung einer entfernten Schallschutzmauer als wiederkehrende Leistung

BGH, Beschluss vom 24.3.2022, ZB 60/21

Ob eine Leistung nur einmal oder mehrfach und damit „wiederkehrend“ i. S. des § 1105 Abs. 1 BGB erbracht werden soll,
bestimmt sich alleine danach, ob die Leistungspflicht als wiederkehrende Verpflichtung ausgestaltet ist. Ist dies zu bejahen, hat die Reallast einen zulässigen Inhalt. Wie wahrscheinlich es ist, dass die Pflicht mehrfach entsteht, ist unerheblich

Löschung einer GmbH trotz laufendem Steuerverfahren

BGH, Beschluss vom 17.5.2022, II ZB 11/21

Sonstige im Interesse eines Dritten liegende Abwicklungsmaßnahmen ohne Vermögensbezug können bei einer vermögenslosen Gesellschaft der Beendigung der Liquidation nur dann entgegenstehen, wenn dieses Interesse berechtigt ist.

Eintragungsmängel Grundbuchverfahren, Ermessenskriterien für Antragszurückweisung oder Zwischenverfügung

KG, Beschluss vom 12.7.2022, 1 W 258/22

Ergibt die Verteilung der Miteigentumsanteile in einer Teilungserklärung mehr als ein Ganzes, kann die beantragte Eintragung im Grundbuch nicht vollzogen werden. Gleichwohl ist die sofortige Zurückweisung des Antrags allein aus diesem Grund regelmäßig nicht gerechtfertigt. Vielmehr kommt der Erlass einer Zwischenverfügung in Betracht, um dem Antragsteller die Berichtigung der Verteilung der Miteigentumsanteile zu ermöglichen. Entsprechend ist die Bewilligung zu berichtigen, was aber insoweit rückwirkend auf den Zeitpunkt der Antragstellung möglich ist.

Lenkende Ausschlagung, Anfechtung, Irrtum über nächstberufene Person, Motivirrtum

OLG Hamm, Beschluss vom 21.4.2022, 15 W 51/19

Ein Irrtum über die Person, der die Ausschlagung der Erbschaft zugutekommt, ist grundsätzlich ein unbeachtlicher Motivirrtum, der nicht zur Anfechtung berechtigt (im Anschluss an KG,
Beschluss vom 11.7.2019, 19 W 50/19 und entgegen OLG Düsseldorf FamRZ 2018, 464 und Rpfleger 2019, 513).

(Leitsatz der Schriftleitung)

Testamentsvollstreckerzeugnis, Inhalt, Erfüllung von Vermächtnissen

OLG Brandenburg, Beschluss vom 4.4.2022, 3 W 107/21

Zum Inhalt eines Testamentsvollstreckerzeugnisses: Eine Abweichung vom Regelinhalt der §§ 2303-2306 BGB (hier Beschränkung, nur angeordnete Vermächtnisse zu erfüllen) ist anzugeben. Auch der Ausschluss der Erbenauseinandersetzung als dinglich wirkende Beschränkung ist als Inhalt aufzunehmen.

(Leitsätze der Schriftleitung)

Bestellung Notgeschäftsführer für GmbH

OLG Karlsruhe, Beschluss vom 27.4.2022, W 71/21 (Wx)

Ein dringender Fall für die Bestellung eines Notgeschäftsführers liegt dann vor, wenn die Gesellschaftsorgane selbst nicht in der Lage sind, innerhalb einer angemessenen Frist den Mangel der Führungslosigkeit zu beseitigen. Dies ist dann der Fall, solange unbekannte Erben oder einer Nachlasspfleger nicht in die Gesellschafterliste eingetragen sind und eine Nachlasspflegschaft eingerichtet wurde, da dann eine ordnungsgemäße Ladung zur Gesellschafterversammlung nicht erfolgen.

(Leitsätze der Schriftleitung)

Übergangsanspruch bei PKH des Gegners

OLG München, Beschluss vom 8.7.2022, 11 WF 352/22

Die Staatskasse kann auf sie gemäß § 59 RVG übergegangene ­Ansprüche des gegnerischen Rechtsanwalts auch dann gegen die andere Partei geltend machen, wenn dieser ebenfalls Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe bewilligt wurde; § 122 Abs. 1 Nr. 1 b ZPO „sperrt“ dieses Vorgehen nicht (Aufgabe Beschluss v. 1.8.2013 –
11 WF 1178/13, = FamRZ 14,1880; wie BGH, Beschl. v. 11.6. 1997 – XII ZR 254/94; OLG Nürnberg, Beschl. v. 4.12.2018 – 9 WF 1426/18, = FamRZ 19,1080).    

Aktive Nutzungspflicht, anwaltliche Tätigkeit, Betreuer

LG Hildesheim, Beschluss vom 12.7.2022, 5 T 163/22

1. Bei § 14b Abs. 1 FamFG besteht die aktive Nutzungspflicht nur im Rahmen der anwaltlichen Tätigkeit des Rechtsanwalts und ist nicht bereits allein statusbezogen aufgrund der Zugehörigkeit zu der Berufsgruppe der Rechtsanwälte begründet.

2. Ein Berufsbetreuer, der Rechtsanwalt ist, ist nicht nach § 14b Abs. 1 FamFG verpflichtet, seinen Vergütungsantrag elektronisch zu übermitteln. Für einen Vergütungsantrag nach §§ 292,168 FamFG ist ein Schriftformerfordernis i. S. von § 14b Abs. 1 FamFG nicht vorgesehen.

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