Heft 1/2021 (Januar 2021)
Notwendige Kosten der Zwangsvollstreckung; Kosten selbständiges Beweisverfahren
BGH, Beschluss vom 9.7.2020, I ZB 79/19
1. Eine einstweilige Verfügung, mit der dem Schuldner eines Besichtigungsanspruchs im Rahmen eines selbständigen Beweisverfahrens aufgegeben wird, die Inaugenscheinnahme durch einen Sachverständigen und Eingriffe in die Substanz der untersuchten Sache zu dulden und zudem dem Sachverständigen sowie anderen Personen Zutritt zu seinen Geschäftsräumen zu gewähren, stellt ihrem Schwerpunkt nach eine Duldungsverfügung dar, die nach § 890 ZPO zu vollstrecken ist.
2. Die Kosten der Hinzuziehung eines Gerichtsvollziehers zum Begutachtungstermin sind regelmäßig notwendige Kosten der Zwangsvollstreckung (§ 788 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 ZPO) einer solchen Duldungsverfügung.
3. Kosten, die durch die Teilnahme von anwaltlichen Vertretern des Gläubigers am Begutachtungstermin entstehen, sind keine Kosten der Zwangsvollstreckung einer solchen Duldungsverfügung. Sie sind als Kosten des Beweisverfahrens im Wege eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs oder im Rahmen der Kostenerstattung des nachfolgenden Hauptsacheprozesses geltend zu machen.
Vertretungsberechtigung Liquidatorin, Nachweisführung mit Registerauszug
KG, Beschluss vom 24.9.2020, 1 W 1347/20
Die Berechtigung der Liquidatorin einer Kommanditgesellschaft, für die KG die Löschung eines im Grundbuch eingetragenen Rechts zu bewilligen, kann mit dem Handelsregister nicht geführt werden, wenn dort die Firma bereits vor mehreren Jahren gelöscht und das Registerblatt geschlossen worden ist.
Löschung Grundschuld, Teilabtretung außerhalb Grundbuch
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 2.9 2020, 3 Wx 86/20
1. Zur – vom Senat missbilligten - Versagung der Löschung der Eintragung einer Briefgrundschuld mit Blick auf die vom Grundbuchamt angenommene Kenntnis von einer Teilabtretung des zu löschenden Grundpfandrechts durch die eingetragene Gläubigerin an einen Dritten außerhalb des Grundbuchs.
2. Mangels anderer Angabe ist das vom Notar eingelegte Rechtsmittel der Grundbuchbeschwerde als im Namen aller Antrags- und Beschwerdeberechtigten eingelegt, anzusehen.
3. Begründet der Notar, ohne sich mit anderen, in mehreren Zwischenverfügungen des Grundbuchamts erhobenen Beanstandungen auseinanderzusetzen, die Grundbuchbeschwerde ausschließlich in Bezug auf einen vom Grundbuchamt zurückge- senen Eintragungsantrag (hier: Löschung einer Briefgrundschuld), so ist allein dieser Antrag Gegenstand der Entscheidungsfindung im Beschwerdeverfahren.
Vormundschaft, Anordnung, internationales Adoption, Feststellung, deklaratorische Wirkung
OLG Nürnberg, Beschluss vom 29.7.2020, 9 UF 642/20
1. Der Feststellungsbeschluss nach § 2 AdWirkG hat deklaratorische Wirkung.
2. Die fehlende Anerkennung einer internationalen Adoption nach dem Adoptionswirkungsgesetz stellt für sich genommen keine ausreichende Grundlage für die Anordnung von Vormundschaft für ein minderjähriges Kind dar.
Jahresgebühr Betreuungsgericht, Nachlasswert, Behindertentestament
OLG Hamm, Beschluss vom 27.8.2020, I-15 Wx 212/20
Im Rahmen der Festsetzung der Jahresgebühr des Betreuungsgerichts ist der volle Wert des ererbten Vermögens zu berücksichtigen, und zwar auch dann, wenn das Vermögen dem Betreuten nur als Vorerben angefallen ist und es mittels Dauertestamentsvollstreckung gemäß § 2209 BGB von einem Testamentsvollstrecker verwaltet wird (Festhaltung an der Senatsrechtsprechung, Beschluss vom 18.08.2015 – 15 Wx 203/15 – FGPrax 2015, 278)
Änderungsvorbehalt, Reichweite, fehlende Zeitangabe
OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 18.5.2020, 21 W 165/19
Setzen Ehegatten in einem gemeinschaftlichen Testament ihre beiden Kinder wechselseitig bindend zu gleichen Teilen als Erben ein und soll einschränkend der überlebende Ehegatte jedoch berechtigt sein, seine Verfügung in Bezug auf die Verteilung des Vermögens unter den gemeinschaftlichen Kindern und deren Abkömmlingen abzuändern, umfasst die eingeräumte Abänderungsbefugnis in der Regel auch die Berufung eines Kindes zum Alleinerben.
Deutsches gemeinschaftliches Testament, Erbvertrag nach der EuErbVO, Bindungswirkung, konkludente Rechtswahl, Form
OLG München, Beschluss vom 24.8.2020, 31 Wx 241/18
Für die Frage, ob eine konkludente Wahl deutschen Rechts im Sinne von Art. 83 Abs. 2 EuErbVO für die Bindungswirkung eines gemeinschaftlichen Testaments vorliegt, sind alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen.
Prüfungskompetenz des Registergerichts, Schiedsklausel, Ausschluss der ordentlichen Gerichtsbarkeit
KG, Beschluss vom 20.7.2020, 22 W 10/20
Bei der Anmeldung einer Satzungsänderung kann das Registergericht neben einem Verstoß gegen die §§ 56 bis 59 BGB die Verletzung sämtlicher Vorschriften des öffentlichen und privaten Vereinsrechts beanstanden. Eine Klausel, nach der unter Ausschluss der ordentlichen Gerichtsbarkeit über Streitigkeiten allein ein von der Mitgliederversammlung berufenes Schiedsgericht befindet, ist unwirksam und im Eintragungsverfahren zu beanstanden.
Berichtigung Insolvenztabelle, Gläubigernachfolge
AG Alzey, Beschluss vom 25.9.2020, 1 IK 7/17
Nach Aufhebung des Verfahrens sind Berichtigungen der Tabelle nur im Rahmen des § 164 ZPO bei Abweichungen zwischen Protokoll und tatsächlichem Feststellungsverfahren möglich sowie offensichtlichen Schreib- und Rechenfehlern. Eine fortschreibende Änderung der Tabelle scheidet nach Aufhebung des Verfahrens bis auf wenige Ausnahmen grundsätzlich aus.