Heft 12/2020 (Dezember 2020)
Vollstreckungsklausel, Insolvenzverfahren, Wohlverhaltensperiode
BGH, Beschluss vom 18.6.2020, IX ZB 46/18 (m. Anm. Els)
1. Widerspricht der Schuldner lediglich dem Rechtsgrund einer Forderung als vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung, ist dem Gläubiger auch nach Erteilung der Restschuldbefreiung aus der Eintragung der Forderung in der Tabelle eine vollstreckbare Ausfertigung zu erteilen.
2. Das während der Wohlverhaltensphase im Restschuldbefreiungsverfahren geltende Vollstreckungsverbot steht der Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung aus der Tabelle nicht entgegen.
3. Durch Ausschüttungen im Rahmen des Verteilungsverfahrens werden mehrere Forderungen eines Insolvenzgläubigers nach dem Verhältnis ihrer Beträge berichtigt; abweichende Anrechnungsvorschriften finden keine Anwendung.
Beschwer bei fehlerhafter Klausel für Gläubiger, Offenkundigkeit bei Einsichtnahme in eine Generalakte
BGH, Beschluss vom 26.8.2020, VII ZB 39/19 (m. Anm. Els)
1. Für den Rechtsnachfolger eines Gläubigers ist bei Ablehnung eines Antrags auf Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung nach § 727 ZPO durch den zuständigen Rechtspfleger eines Amts- oder Landgerichts im ersten Rechtszug die sofortige Beschwerde nach § 11 Abs. 1 RPflG, §§ 567 ff. ZPO der statthafte Rechtsbehelf. Nichts Anderes gilt, wenn dem Antragsteller eine vollstreckbare Ausfertigung im Sinne von § 727 ZPO erteilt wird, er aber geltend macht, diese entspreche nicht dem Gesetz und beeinträchtige daher sein Recht auf fehlerfreie Erteilung einer Vollstreckungsklausel.
2. Ist dem Rechtsnachfolger eines Gläubigers eine Vollstreckungsklausel erteilt worden, wonach die Rechtsnachfolge durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen ist, so ist der Rechtsnachfolger, der geltend macht, die Rechtsnachfolge sei bei dem Gericht offenkundig, beschwert.
3. Hat sich der Rechtspfleger von der Rechtsnachfolge durch anlässlich des Antrags vorgenommene Einsichtnahme in eine in der Generalakte des Amtsgerichts abgelegte, vom Antragsteller dort zuvor eingereichte notariell beglaubigte Abschrift einer Abtretungsvertragsurkunde überzeugt, war die Rechtsnachfolge nicht bei dem Gericht offenkundig.
Ermittlungsbefugnis des Gerichts im PKH-Verfahren
BFH, Beschluss vom 28.5.2020, X S 38/19
1. NV: Vermeintliche Verfahrensverstöße oder sonstige Rechtsfehler eines Richters stellen grundsätzlich keinen Grund für die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit dar. Etwas anderes gilt nur, wenn zusätzlich Gründe dargelegt werden, die dafür sprechen, dass der Fehler auf einer unsachlichen Einstellung des Richters gegenüber dem ihn ablehnenden Beteiligten oder auf Willkür beruht.
2. NV: Wenn ein PKH-Antragsteller unzureichende Angaben über seine Renteneinnahmen macht, ist das für die Bewilligung der PKH zuständige Gericht befugt, den Rentenversicherungsträger um Auskunft zur Höhe der bezogenen Rente zu ersuchen. Ob das Sozialgeheimnis der Auskunftserteilung entgegensteht, hat weder das ersuchende Gericht noch der ersuchte Rentenversicherungsträger zu entscheiden, sondern die oberste Aufsichtsbehörde des Rentenversicherungsträgers (§ 86 Abs. 2 FGO).
WEG- Verwalter, Veräußerungszustimmung, COVID-19-Pandemie
OLG Hamm, Beschluss vom 5.8.2020, I-15 W 266/20 (m. Anm. Böhringer)
1. Die Berechtigung des Verwalters muss im Zeitpunkt der Abgabe der Zustimmungserklärung gemäß § 12 WEG vorliegen.
2. Die am 28.3.2020 in Kraft getretene Vorschrift des § 6 Abs. 1 COVMG führt nicht dazu, dass der Verwalter, dessen Bestellung vorher schon geendet hatte, mit Inkrafttreten des COVMG rückwirkend als bestellt anzusehen ist.
3. Eine vor Inkrafttreten des COVMG erteilte Zustimmung muss daher erneut erklärt werden.
Europäisches Nachlasszeugnis, Vermutung der Richtigkeit, Reichweite
OLG München, Beschluss vom 29.9.2020, 34 Wx 236/20
Ergibt sich aus dem Vortrag der Antragstellerin im Grundbuchverfahren, dass ein dinglicher Übergang des Eigentums an einem Nachlassgegenstand nicht schon mit dem Tod des Erblassers, sondern erst mit Abschluss eines Auseinandersetzungsvertrags erfolgt ist, ist die Vermutung der Richtigkeit des Europäischen Nachlasszeugnisses nach Art. 69 EuErbVO widerlegt.
Gewöhnlicher Aufenthalt, Hospiz
KG, Beschluss vom 6.10.2020, 1 AR 1020/20 (m. Anm. Lamberz)
Wer sich unter Beibehaltung seiner Wohnung zur Palliativpflege in ein (Sterbe-)Hospiz begibt, begründet dort regelmäßig keinen gewöhnlichen Aufenthalt i.S.v. § 343 Abs. 1 FamFG, § 2 Abs. 4 S. 1 IntErbRVG.
Familiennamen, Änderung, Anmeldung, Form
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 26.8.2020, I-3 Wx 134/20
Die Änderung des Familiennamens des Vorstandsmitglieds eines Vereins (wegen Eheschließung) ist beim Registergericht in öffentlich beglaubigter Form zur Eintragung anzumelden.
Adhäsionsverfahren, Gebührenanrechnung
OLG Celle, Beschluss vom 13.7.2020, 3 Ws 164/20
Die besonderen Gebühren für das Adhäsionsverfahren erhält der Vertreter eines Verfahrensbeteiligten zusätzlich zu den ihm im Übrigen zustehenden Gebühren; sie werden auf diese nicht angerechnet.