Heft 6/2015 (Juni 2015)

Vorschau
Hans-Jürgen Glotzbach: Die Zwangsversteigerung durch die Kommune
Steffen Kögel: Entwicklungen im Handels- und Registerrecht seit 2013
 
Pfändungsfreigrenzenbekanntmachung 2015
Bekanntmachung zu den §§ 850c und 850f ZPO vom 14. April 2015 (BGBl 2015, 618) [auszugsweise]
Auf Grund des § 850c Abs. 2a Satz 2 und des § 850f Abs. 3 Satz 4 ZPO . . . wird bekannt gemacht:
Die unpfändbaren Beträge nach § 850c Abs. 1 und 2 Satz 2 ZPO erhöhen sich zum 1.7.2015 in Absatz 1 Satz 1
von 1.045,04 auf 1.073,88 Euro monatlich,
in Absatz 1 Satz 2 von 2.314,82 auf 2.378,72 Euro monatlich, von 393,30 auf 404,16 Euro monatlich, von 219,12 auf 225,17 Euro monatlich,
in Absatz 2 Satz 2 von 3.203,67 auf 3.292,09 Euro monatlich,
Die Grenzbeträge nach § 850f Abs. 3 Satz 1 und 2 ZPO erhöhen sich von 3.166,48 auf 3.253,87 Euro monatlich.
 
Unterteilung von Wohnungseigentum
BGH, Beschluss vom 4.12.2014, V ZB 7/13
1. Die ohne Mitwirkung der übrigen Wohnungseigentümer erfolgte Unterteilung eines Wohnungseigentums ist unzulässig, wenn Räume, die nach der Teilungserklärung nicht zu Wohnzwecken dienen, nach der Unterteilungserklärung ein neues Wohnungseigentum bilden.
2. Grundbucheintragungen, die eine solche Unterteilung vollziehen, sind inhaltlich unzulässig und können nicht Grundlage für einen gutgläubigen Erwerb sein.
 
Unterbringungsähnliche Maßnahme
BGH, Beschluss vom 7.1.2015, XII ZB 395/14
1. Ohne rechtswirksame Einwilligung des Betroffenen ist eine Maßnahme immer dann als unterbringungsähnlich im Sinn des § 1906 Abs. 4 BGB einzustufen, wenn sie, ohne eine Unterbringung zu sein, die Bewegungsfreiheit des Betroffenen über einen längeren Zeitraum oder regelmäßig begrenzt und dies zumindest auch bezweckt.
2. Ein „regelmäßiges“ Hindern i.S.d. § 1906 Abs. 4 BGB liegt vor, wenn es stets zur selben Zeit oder aus wiederkehrendem Anlass erfolgt. Es kommt nicht auf die Dauer der jeweiligen Einzelmaßnahme an, so dass auch kurzzeitige Beschränkungen der Bewegungsfreiheit genehmigungspflichtig sind, wenn sie regel­mäßig vorgenommen werden. Lediglich diejenigen regelmäßigen Einschränkungen der Fortbewegungsfreiheit unterfallen nicht § 1906 Abs. 4 BGB, bei denen es sich um nur unerhebliche Verzögerungen handelt.
3. Das regelmäßige Verschließen der Eingangstür während der Nachtstunden kann eine unterbringungsähnliche Maßnahme darstellen, wenn der Betroffene weder einen Schlüssel erhält noch ein Pförtner das jederzeitige Verlassen der Einrichtung ermöglicht.
 
Erforderlichkeit einer Betreuung
BGH, Beschluss vom 28.1.2015, XII ZB 520/14 (+)
Die Erforderlichkeit einer Betreuung kann im Einzelfall fehlen, wenn der Betroffene jeden Kontakt mit seinem Betreuer verweigert und der Betreuer dadurch handlungsunfähig ist, also eine „Unbetreubarkeit“ vorliegt. Bei der Annahme einer solchen Unbetreubarkeit ist jedoch Zurückhaltung geboten (Fortführung des Senatsbeschlusses vom 18.12.2013 –­ XII ZB 460/13, FamRZ 2014, 466 [= Rpfleger 2014, 260]).
 
Vergütung des InsVerw, Umsatzsteuererstattung
BGH, Beschluss vom 26.2.2015, IX ZB 9/13
Eine zu erwartende Umsatzsteuererstattung an die Insolvenzmasse wegen des Vorsteuerabzugs hinsichtlich der festzusetzenden Vergütung des Verwalters ist im Voraus bei der Berechnungsgrundlage für die Vergütung des Verwalters nur in der Höhe zu berücksichtigen, die sich aus der ohne Vorsteuererstattung berechneten Vergütung ergibt.
 
Keine Entschädigung für Zeitversäumnis
BFH, Beschluss vom 20.10.2014, X K 3/13 (+)
1. Wird ein Bundesland wegen überlanger Verfahrensdauer an einem Finanzgericht des Bundeslandes nach § 155 Satz 2 FGO i.V.m. §§ 198 ff. GVG beim Bundesfinanzhof als hierfür erstinstanzlich zuständigem Gericht verklagt, ist das Bundesland keine „Finanzbehörde“ gemäß § 139 Abs. 2 FGO.
2. Zu diesen Finanzbehörden gehören nur die Stellen, die in ­Abgabenangelegenheiten, also in ihrer steuerverwaltenden Funktion, an einem Klageverfahren beteiligt sind.
3. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden haben grundsätzlich keinen Anspruch auf Entschädigung für die Zeitversäumnis wegen der Wahrnehmung eines Gerichtstermins durch einen Bediensteten (wie BVerwG 2005, 466 = Rpfleger 2005, 331; BGH, MDR 2014, 867 = Rpfleger 2014, 562).
4. Von den Beteiligten selbst hergestellte Ablichtungen sind nur in Höhe der notwendigen tatsächlich entstandenen Kosten zu erstatten; die Ausnahmeregelungen über die Erstattung gerichtlicher bzw. anwaltlicher Schreibauslagen (Nr. 9000 KostVerz. zum GKG, Nr. 7000 RVG VV) sind nicht anwendbar.
5. Kosten für Ablichtungen, die die Beteiligten ohne gerichtliche Aufforderung von ihnen verfügbaren Unterlagen gefertigt haben, etwa für die Ablichtung der dem Gericht pflichtgemäß vorgelegten Verwaltungsakten, sind als Generalunkosten grundsätzlich nicht erstattungsfähig
 
Nachweis der Vertretungsbefugnis
OLG Nürnberg, Beschluss vom 26.1.2015, 12 W 46/15
1. Das Registergericht ist im Eintragungsverfahren stets – nicht nur im Falle begründeter Zweifel – zur Prüfung einer bestehenden Vertretungsbefugnis der handelnden Organe einer juristischen Person zum Zeitpunkt der Stellung des Eintragungsantrags von Amts wegen verpflichtet.
2. Diese Prüfung erfordert den positiven Nachweis der Vertretungsberechtigung; die bloße Glaubhaftmachung genügt insoweit nicht.
3. Der Nachweis der Vertretungsbefugnis der directors einer private limited company englischen Rechts kann nicht allein durch Bescheinigung eines deutschen Notars gemäß § 21 BNotO geführt werden, wenn dieser seine Erkenntnisse nur durch Einsichtnahme in das beim Companies House geführte Register erworben hat, da dieses seiner rechtlichen Bedeutung nach hinsichtlich der Vertretungsbefugnis nicht dem deutschen Handelsregister entspricht.
3. Dies gilt – trotz der nach englischem Recht bestehenden Gesamtvertretungsmacht aller Mitglieder des board of directors – auch dann, wenn alle im beim Companies House geführten Register eingetragenen directors bei Stellung des Eintragungsantrags mitgewirkt haben.
 

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