Heft 01/2013 (Januar 2013)

Vorschau
Walter Böhringer, Entwicklungen des Grundstücks- und Grundbuchrechts seit 2011
Ernst Riedel, Festsetzung von Zuschlägen auf die Regelvergütung des Insolvenzverwalters
Klaus Rellermeyer, Rechtspflegerrecht im Gesetz zur Einführung einer Rechtsbehelfsbelehrung im Zivilprozess
Wirksamkeit des Zustellungsvermerks
BGH, Urteil vom 18.9.2012, VI ZR 225/11
Die Wirksamkeit des Zustellungsvermerks nach § 184 Abs. 2 Satz 4 ZPO ist nicht daran gebunden, dass derselbe Urkundsbeamte, der dem Gerichtswachtmeister das zuzustellende Schriftstück zum Zwecke der Aufgabe zur Post zugeleitet hat, auch den Vermerk beurkundet, dass das Schriftstück vom Gerichtswachtmeister zur Post aufgegeben worden ist.
 
Beschwerdebefugnis der Staatskasse
BGH, Beschluss vom 19.9.2012, XII ZB 587/11 (+)
1. Die Staatskasse ist gemäß § 127 Abs. 3 Satz 1 und 2 ZPO auch dann zur Beschwerde befugt, wenn ihrem Vortrag nach der Antragsteller, dem Verfahrenskostenhilfe ohne Zahlungsanordnung bewilligt worden ist, aufgrund seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zur Übernahme der Kosten der Verfahrensführung in der Lage ist.
2. Ziel einer solchen Beschwerde kann allerdings nur sein, eine Zahlungsanordnung nach § 120 ZPO zu erreichen, nicht aber die Versagung der Verfahrenskostenhilfe an sich (im Anschluss an BGH, Beschlüsse vom 17. November 2009 – VIII ZB 44/09 – NJW RR 2010, 494 [= Rpfleger 2010, 220] und BGHZ 119, 372).
 
Erstattungsfähigkeit der Mehrkosten bei nicht verschuldetem Anwaltswechsel
BGH, Beschluss vom 12.9.2012, IV ZB 3/12
Die Mehrkosten für einen zweiten Rechtsanwalt sind erstattungsfähig, wenn der erste Prozessbevollmächtigte seine Zulassung zur Anwaltschaft aus achtenswerten Gründen zurückgegeben hat und dies bei Übernahme des Mandats noch nicht absehbar war. Dies ist im Kostenfestsetzungsverfahren zu prüfen.
 
Sittenwidrigkeit der Grundbuchbestellung
Schl.-Holst. OLG, Beschluss vom 5.9.2012, 2 W 19/12
1. Das Grundbuchamt darf eine Eintragung auch im Anwendungsbereich des formellen Konsensprinzips nicht vornehmen, wenn es positive Kenntnis davon hat, dass das Grundbuch durch eine Eintragung unrichtig würde.
2. Die dingliche Einigung zur Bestellung einer Grundschuld ist jedenfalls dann nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig, wenn ein gewerblicher Darlehensgeber sich Grundschuldzinsen von 48 % p. a. gewähren lässt.
3. Dabei kann der Darlehensgeber sich auch dann nicht auf die Möglichkeit zur Erhebung von „Kosten des Geschäftsbetriebes“ nach § 10 PfandlVO berufen, wenn er als gewerblicher Pfandleiher tätig ist; die Gewährung eines durch Grundpfandrecht gesicherten Darlehens fällt nicht in den Anwendungsbereich der PfandlVO.
 
Erbausschlagung des Minderjährigen, Bestellung eines Ergänzungspflegers
OLG Celle, Beschluss vom 14.9.2012, 10 UF 56/12 (+)
1. Bei einer befristeten Beschwerde gegen die Anordnung einer Ergänzungspflegschaft ist das Amtsgericht zu einer Abhilfeprüfung nicht befugt.
2. Das Jugendamt ist gegen die Anordnung einer Ergänzungspflegschaft beschwerdebefugt, wenn es bereits zuvor zum Vormund des betroffenen minderjährigen Kindes bestellt war (Abgrenzung zu BGH, Beschluss vom 23. November 2011 – XII ZB 293/11 – FamRZ 2012, 292 f. = NJW 2012, 685 f. = MDR 2012, 301 f. [= Rpfleger 2012, 141])
3. Bei einem Beschluss, mit dem durch das Amtsgericht eine Erbausschlagung des minderjährigen Kindes genehmigt wird, ist auch dann für die Entgegennahme durch das Kind gem. § 41 Abs. 3 FamFG ein Ergänzungspfleger erforderlich, wenn das Kind nicht durch die Eltern, sondern durch das Jugendamt als Vormund vertreten wird und dieses die Genehmigung beantragt hat (Fortführung von Senatsbeschluss vom 4. Mai 2011 – 10 UF 78/11 – Rpfleger 2011, 436 f. = ZErb 2011, 198 ff.)
 
Mittellosigkeit des Nachlasses, Vergütung des Nachlasspflegers
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 25.9.2012, I-3 Wx 308/11
1. Als nicht mittellos ist ein Nachlass anzusehen, der – unter Außerbetrachtlassung bestehender Nachlassverbindlichkeiten – über hinreichende Mittel zur Bezahlung einer Vergütung für den Nachlasspfleger verfügt.
2. Maßgeblich für die Beurteilung der Mittellosigkeit des Nachlasses ist grundsätzlich der Zeitpunkt der Entscheidung der letzten Tatsacheninstanz, wobei ein Verbrauch des zunächst vorhandenen Nachlasses durch die Befriedigung von Nachlassverbindlichkeiten während der Nachlasspflegschaft nicht zur Mittellosigkeit im Rechtssinne führt.
3. Die bei einem bemittelten Nachlass – abweichend von § 3 VBVG – nach den für die Führung der Pflegschaftsgeschäfte nutzbaren Fachkenntnissen sowie nach dem Umfang und der Schwierigkeit der Pflegschaftsgeschäfte vom Nachlassgericht angenommene Vergütung für den Nachlasspfleger nach einem Mittelwert von derzeit 110,– Euro/Stunde überschreitet nicht die Grenzen pflichtgemäßem Ermessens.
 
Löschung von Gesellschafterbeschlüssen
KG, Beschluss vom 8.8.2012, 12 W 23/12
1. Bei der Beschwerde gegen einen Aussetzungsbeschluss des Registergerichts gemäß § 21 Abs. 2 FamFG i.V.m. §§ 567 bis 572 ZPO unterliegt nur dieser der Nachprüfung durch das Beschwerdegericht, nicht hingegen die dem Verfahren zu Grunde liegende Anmeldung selbst.
2. Bei der Ermessensentscheidung über die Aussetzung hat das Registergericht zum einen den Zweck der Vorschrift zu berücksichtigen und darüber hinaus die Interessen der Beteiligten gegeneinander abzuwägen.
3. Das Löschungsverfahren gemäß § 398 FamFG ist ein gegenüber dem Anmeldeverfahren selbständig ausgestaltetes Verfahren, das nicht dazu dient, etwaige Fehler des ersteren zu korrigieren.
4. Das Registergericht darf nach § 398 FamFG nur solche ­Gesellschafterbeschlüsse löschen, die wegen ihres gesetzwidrigen Inhalts, nicht aber wegen anderer Mängel nichtig sind.
5. Für die Geltendmachung der Nichtigkeit von Gesellschafterbeschlüssen allgemein steht den Gesellschaftern das Anfechtungsverfahren zur Verfügung.
6. Als „öffentliches Interesse“ i. S. des § 398 FamFG kommt nicht das Interesse der Gesellschafter, wohl aber das der Gesellschaftsgläubiger in Betracht.
 
Beschwerdeberechtigung gegen Verkehrswertfestsetzung
LG Lüneburg, Beschluss vom 16.7.2012, 4 T 12/12 (+)
Das Rechtsschutzbedürfnis für eine Beschwerde gemäß § 74a Abs. 5 Satz 3 ZVG ist grundsätzlich dann gegeben, wenn der Schuldner mit der Festsetzung nicht einverstanden ist. Ob der Schuldner im Vorfeld eine Innenbesichtigung durch den Sachverständigen ermöglicht hat oder nicht, kommt es nicht an. Eine nach Ansicht des Schuldners unzutreffende Verkehrswertfestsetzung kann er nur mit der sofortigen Beschwerde gegen den Beschluss angreifen. Im späteren Verfahren ist er mit diesem Einwand ausgeschlossen.
 
 
 

© Verlag Ernst und Werner Gieseking GmbH, 2024