Heft 1 / 2019 (Januar 2019)

Inhalt des Rpfleger Hefts (1/2019)

Abhandlungen

Professor Walter Böhringer, Notar a. D., Heidenheim/Brenz
Löschung von gegenstandslosen Rechtspositionen im Grundbuch

I. Zweck von § 84 GBO ist eine Grundbuchbereinigung

II. Vorrang des Antragsverfahrens

III. Verhältnis zu anderen Verfahren

IV. Anwendungsbereich

1. Unter § 84 GBO fallende Eintragungen

2. Gegenstandslosigkeit aus Rechtsgründen

a. Begriff

b. Nicht entstandene Rechte

c. Erloschene Rechte

3. Gegenstandslosigkeit aus tatsächlichen Gründen

a. Begriff

b. Einzelfälle

V. Verfahrensgang

1. Amtsbetrieb

2. Zuständigkeit

3. Ermessensausübung

4. Form

5. Sachverhaltsaufklärung

6. Löschung mit formgerechtem Nachweis

7. Löschungsankündigung

8. Rechtskräftiger Feststellungsbeschluss

VI. Wirkung der Löschung

VII. Kosten

Fazit

Prof. Dr. Joachim Gruber D.E.A. (Paris I), Zwickau
Muss die Patentanwaltskammer Honorargutachten kostenlos erstatten?

I. Einleitung

II. Das Vergütungsrecht der Patentanwälte

III. Verweise auf das RVG

IV. Die Aufgaben der Patentanwaltskammer

V. Ergebnis

Rechtsprechung

Sachen- und Grundbuchrecht
BGB § 311b Abs. 1 Satz 1, § 925 Abs. 1, § 873 Abs. 2 (Formfreie Änderung eines Grundstückskaufvertrags) BGH, Urteil vom 14.9.2018, V ZR 213/17

Änderungen eines Grundstückskaufvertrags nach der Auflassung sind formlos möglich, wenn die Auflassung bindend geworden ist (§ 873 Abs. 2 BGB; Bestätigung u. a. von Senat, Urteil vom 28. September 1984 – V ZR 43/83, WM 1984, 1539 [= Rpfleger 1985, 56]).

WEG § 18 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, § 19 Abs. 2 (Entziehung des Wohnungseigentums) BGH, Urteil vom 14.9.2018, V ZR 138/17

a) Wohnungseigentum in Bruchteilseigentum kann insgesamt entzogen werden, wenn auch nur einer der Miteigentümer einen Entziehungstatbestand nach § 18 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 WEG verwirklicht.

b) Der nicht störende Miteigentümer ist aber entsprechend § 19 Abs. 2 WEG berechtigt, die Wirkungen des Entziehungsurteils bis zur Erteilung des Zuschlags dadurch abzuwenden, dass er den Miteigentumsanteil des störenden Miteigentümers selbst erwirbt, den störenden Miteigentümer dauerhaft und einschränkungslos aus der Wohnanlage entfernt und dass er der Wohnungseigentümergemeinschaft alle Kosten ersetzt, die dieser durch die Führung des Entziehungsrechtsstreits und die Durchführung eines Zwangsversteigerungsverfahrens zur Durchsetzung des Entziehungsanspruchs entstanden sind.

ZPO § 794 Abs. 1 Nr. 5; BGB § 185 (Abtretung der Grundschuld, Vollstreckungsunterwerfung) BGH, Urteil vom 6.7.2018, V ZR 115/17

Der Titelgläubiger kann nach Abtretung der Grundschuld aus der Unterwerfungserklärung des Schuldners gegen diesen vollstrecken, wenn der Zessionar, der ihn materiell-rechtlich zur Einziehung der Grundschuld ermächtigt hat, nicht in den Sicherungsvertrag eingetreten ist; hierbei muss sich der Titelgläubiger allerdings die Einwendungen und Einreden entgegenhalten lassen, die dem Schuldner aus dem Sicherungsvertrag zustehen (Fortführung von BGH, Urteil vom 30. März 2010 – XI ZR 200/09, BGHZ 185, 133; Senat, Urteil vom 3. Dezember 2010 – V ZR 200/09, BKR 2011, 291).

BGB § 164 Abs. 1, § 182 Abs. 1, § 728 Abs. 1; GBO § 15 Abs. 1, § 19; InsO § 80 Abs. 1, § 117 Abs. 1 (Erlöschen der Vollmacht nach Insolvenzeröffnung) OLG München, Beschluss vom 9.7.2018, 34 Wx 223/17

Wird eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts mangels abweichender Vereinbarung durch die Insolvenz eines Gesellschafters aufgelöst, geht mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über dessen Vermögen die Befugnis, über im Grundbuch eingetragene Rechte der GbR zu verfügen, von dem Gesellschafter auf den Insolvenzverwalter über. Die dem Notar im Kaufvertrag erteilte Vollmacht zur Vertretung der GbR bei Abgabe der Eintragungsbewilligung erlischt.

BGB §§ 1093, 158 (Bedingtes Wohnrecht) OLG Nürnberg, Beschluss vom 17.7.2018, 15 W 1291/18

Die Einräumung eines Wohnrechts unter der Voraussetzung, dass eine Wohnung von bestimmten Personen nicht mehr bewohnt wird, stellt eine hinreichend bestimmte aufschiebende Bedingung dar.

BGB § 1113 Abs. 1, § 1115 Abs. 1; GBO § 53 Abs. 1; GNotKG § 27 Nr. 4; WEG § 10 Abs. 6 Satz 4; ZPO § 866 Abs. 1, § 867 Abs. 1, § 750 Abs. 1 (Gläubiger der Zwangshypothek) OLG München, Beschluss vom 28.6.2018, 34 Wx 138/18

1. Als Berechtigter einer Zwangshypothek kann nur die Person eingetragen werden, die durch Vollstreckungstitel bzw. -klausel als Inhaber der titulierten Forderung ausgewiesen ist (Anschluss an BGHZ 148, 392).

2. Ein auf die „übrigen Eigentümer der WEG“ lautender Titel erlaubt nicht die Eintragung der „WEG“ als Berechtigte einer Zwangshypothek.

3. Bestehen Anhaltspunkte dafür, dass die Voraussetzungen für die Eintragung eines Amtswiderspruchs vorliegen, so hat die Erledigung der sich daraus ergebenden Pflichten Vorrang vor der Antragserledigungspflicht.

ZPO §§ 866, 867, 195, 756, 765 (Nachweis bei Zug-um-Zug Vollstreckung) OLG München, Beschluss vom 6.7.2018, 34 Wx 185/18

1. Wird aus einem Titel vollstreckt, in dem die Zahlung Zug-um-Zug von der Vorlage einer schriftlichen Bürgschaft abhängig gemacht ist, und die Eintragung einer Zwangssicherungshypothek beantragt, so bedarf die Bürgschaft keiner öffentlichen Beurkundung oder Beglaubigung.

2. Auch genügt die Zustellung des Originals der Bürgschaftsurkunde von Anwalt zu Anwalt.

Familien-, Betreuungs- und Vormundschaftsrecht

 

BGB § 1896 Abs. 2, § 1903; FamFG § 68 Abs. 3 Satz 2, § 278 Abs. 1 (Erforderlichkeit einer Betreuung) BGH, Beschluss vom 15.8.2018, XII ZB 10/18

a) Zieht das Beschwerdegericht in einer Betreuungssache für seine Entscheidung eine neue Tatsachengrundlage heran, die nach der amtsgerichtlichen Entscheidung datiert, gebietet dies eine erneute persönliche Anhörung des Betroffenen (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 28. September 2016 – XII ZB 313/16, FamRZ 2016, 2089).

b) In einer Betreuungssache setzt die Verwertung eines Sachverständigengutachtens als Grundlage einer Entscheidung in der Hauptsache gemäß § 37 Abs. 2 FamFG grundsätzlich voraus, dass das Gericht das Gutachten mit seinem vollen Wortlaut dem Betroffenen auch persönlich zur Verfügung zu stellen hat. Davon kann nur unter den Voraussetzungen des § 288 Abs. 1 FamFG abgesehen werden (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 28. März 2018 – XII ZB 168/17, FamRZ 2018, 954 [= Rpfleger 2018, 453].

c) Zur Frage, wann die Einrichtung einer Betreuung trotz erteilter Vorsorgevollmacht erforderlich sein kann.

d) Für die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts im Bereich der Vermögenssorge muss eine konkrete Gefahr des Vermögens des Betroffenen durch sein aktives Tun festgestellt werden, indem er etwa vermögenserhaltende und -schützende Maßnahmen des Betreuers konterkariert oder andere vermögensschädigende Maßnahmen trifft (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 20. Juni 2018 – XII ZB 99/18, juris).

BGB § 1643 Abs. 2 (Genehmigungsbedürftigkeit einer lenkenden Erbausschlagung) OLG Hamm, Beschluss vom 28.6.2018, 11 WF 112/18

§ 1643 Abs. 2 Satz 2 BGB ist im Falle einer lenkenden Erbausschlagung nicht im Wege einer teleologischen Reduktion gegen seinen Wortlaut auszulegen.

BGB §§ 1821, 1822 (Genehmigungsbedürftigkeit einer Abschichtungsvereinbarung) KG, Beschluss vom 23.7.2018, 13 UF 105/18

Zur Frage der Genehmigungsbedürftigkeit von Erklärungen, die von einem Elternteil in einem erbrechtlichen Abschichtungsverfahren für das minderjährige Kind abgegeben werden, wenn das minderjährige Kind zusammen mit dem betroffenen Elternteil als Erbeserbe in die Miterbengemeinschaft nachgerückt ist, innerhalb derer die Abschichtungsvereinbarung getroffen wurde.

BGB § 1908i Abs. 1, § 1840 (Rechnungslegung des Betreuers) LG Koblenz, Beschluss vom 4.9.2018, 2 T 553/18

Die Pflicht zur Rechnungslegung des Betreuers erstreckt sich auf das gesamte Vermögen des Betroffenen, das der Betreuer zu verwalten hat. Der Betreuer hat im Rahmen des Aufgabenkreises Vermögenssorge über seine Vermögensverwaltung Rechnung zu legen, über das vom Betroffenen selbst verwaltete Vermögen und über die von ihm persönlich geführten Konten. Solange keine Zweifel bestehen, dass ein Betreuter über sein Girokonto eigenständig verfügt, entfällt die Rechnungslegungspflicht des Betreuers.

Erb- und Nachlassrecht
BGB § 2069; FamFG § 84; GNotKG §§ 61, 40, 36 (Ergänzende Testamentsauslegung) OLG München, Beschluss vom 11.6.2018, 31 Wx 294/16

1. Eine ergänzende Testamentsauslegung gemäß dem Rechtsgedanken des § 2069 BGB erfordert – über die einem Abkömmling im Sinne des § 2069 BGB vergleichbare Stellung hinaus – zusätzlich, dass sich aus sonstigen letztwilligen Bestimmungen oder auch aus außerhalb des Testaments liegenden Umständen ergibt, dass die Zuwendung den Bedachten als Ersten ihres jeweiligen Stammes und nicht nur ihr persönlich gegolten hat (ständige Rechtsprechung des Senats; vgl. OLG München ZEV 2017, 353; dem folgend: OLG Düsseldorf ZEV 2018, 140).

2. Für die Berechnung der Kostenquoten im Beschwerdeverfahren gerichtet auf die Erteilung eines Erbscheins ist auf den Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens abzustellen. Dieser errechnet sich bei mehreren Beteiligten im Beschwerdeverfahren aus der Addition des von diesen jeweils verfolgten wirtschaftlichen Interesses am Ausgang des Beschwerdeverfahrens.

3. Die Kostenquoten werden auf das Verhältnis von Obsiegen und Unterliegen bezogen auf den Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens und dem jeweiligen wirtschaftlichen Interesse des Beteiligten, das er im Beschwerdeverfahren verfolgt, errechnet.

BGB § 2227 (Entlassung eines Testamentsvollstreckers) OLG Hamm, Beschluss vom 18.5.2018, 15 W 65/18

a) Nur ein Beteiligter im Sinne des § 2227 BGB ist berechtigt, die Entlassung des Testamentsvollstreckers zu beantragen. Hierfür muss der Antragsteller durch die Testamentsvollstreckung in eigenen Rechten oder Pflichten unmittelbar betroffen sein.

b) Für eine solche unmittelbare Betroffenheit in eigenen Rechten oder Pflichten genügt es nicht schon, dass der Antragsteller gemeinsam mit dem Erblasser Mitgesellschafter einer GmbH oder – einer durch den Erbfall nicht aufgelösten – Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) oder Miteigentümer einer Sache (§§ 741 ff. BGB) gewesen ist. In all diesen Fällen ist nämlich durch den Erbfall lediglich ein Wechsel in der Person des Mitgesellschafters bzw. Miteigentümers erfolgt, ohne dass die Testamentsvollstreckung die rechtliche Position des anderen Gesellschafters/Miteigentümers unmittelbar berührt.

c) Auch auf die Mitgliedschaftsrechte des dem Erblasser nachfolgenden Gesellschafters einer GbR erstreckt sich die Testamentsvollstreckung nicht. Falls der Testamentsvollstrecker gleichwohl gesellschaftsrechtliche Mitgliedschaftsrechte ausübt, sind die übrigen Gesellschafter oder ggf. die GbR auf die Maßnahmen zu verweisen, die gegen unbefugte Eingriffe eröffnet sind.

Handels-, Gesellschafts- und Registerrecht
BGB §§ 21, 22 (Vereinszweck) BGH, Beschluss vom 11.9.2018, II ZB 11/17

Ein Verein, dessen alleiniger satzungsgemäßer Zweck darin besteht, das Vereinsvermögen nach den Regeln einer auf Dauer angelegten privaten Vermögensverwaltung zu bewirtschaften, kann jedenfalls dann nicht in das Vereinsregister eingetragen werden, wenn die Satzung den Mitgliedern die Möglichkeit einräumt, die Auskehrung eines Überschusses aus der Vermögensverwaltung zu beschließen.

GmbHG § 40 (GmbH-Gesellschafterliste) KG, Beschluss vom 12.6.2018, 22 W 15/18

Die Prüfungspflicht des Registergerichts in Bezug auf eine GmbH-Gesellschafterliste schließt jedenfalls die Prüfung ein, ob die Liste von einem Einreichungsberechtigten erstellt und unterschrieben worden ist. Einreichungsberechtigt ist der im Register eingetragene Geschäftsführer.

FamFG § 395 Abs. 1 (Löschung eines Geschäftsführers) KG, Beschluss vom 17.7.2018, 22 W 34/18

1. Das Registergericht kann den Geschäftsführer einer GmbH gemäß § 395 Abs. 1 FamFG auch dann im Handelsregister löschen, wenn sich seine Eintragung erst aufgrund einer nach seiner Bestellung zum Geschäftsführer erfolgten Verurteilung als unrichtig erweist.

2. Dabei steht ein Strafbefehl nach § 407 Abs. 1 StPO einer Verurteilung im Sinne des § 6 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 GmbHG gleich.

Prozesskosten-, Verfahrenskosten- und Beratungshilfe
RVG VV 1000, 1003 (Höhe der Einigungsgebühr bei Mehrvergleich) OLG Bamberg, Beschluss vom 6.7.2018, 2 WF 157/18

1. Bei Anhängigkeit eines Verfahrenskostenhilfebewilligungsverfahrens entsteht nach Sinn und Zweck der VV 1000, 1003 RVG bei Mitwirken des Gerichts an der Einigung nur die ermäßigte Gebühr VV 1003 RVG. Lediglich in den Fällen, in denen die Mitwirkung des Gerichts auf die Protokollierung des Vergleichs – also letztlich ohne jegliche inhaltliche Prüfung – reduziert ist, entsteht die volle Einigungsgebühr nach VV 1000 RVG.

2. Dem steht die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aus der Entscheidung vom 17.1.2018, XII ZB 248/16 [= Rpfleger 2018, 478] nicht entgegen, weil dieser sich mit der Höhe der Einigungsgebühr nicht auseinandergesetzt hat.

ZPO § 124 Abs. 1 Nr. 5 (Aufhebung der Verfahrenskostenhilfe) Brandenbg. OLG, Beschluss vom 24.4.2018, 13 WF 73/18

1. Ein Rückstand im Sinne des § 124 Abs. 1 Nr. 5 ZPO, der die Aufhebung der Verfahrenskostenhilfe rechtfertigen kann, entsteht nicht, wenn Raten nicht hätten festgesetzt werden dürfen. Bei einer Entscheidung über die Aufhebung der Verfahrenskostenhilfe sind die subjektiven Voraussetzungen der Verfahrenskostenhilfe auch dann nochmals zu prüfen, wenn die Bewilligungsentscheidung formell rechtskräftig geworden ist, weil der Antragsteller versäumt hat, Beschwerde einzulegen.

2. Die Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe erwächst nicht in materieller Rechtskraft – weder in ihren begünstigenden noch in ihren belastenden Bestandteilen. Während der Rücknahme der Begünstigung der Vertrauensschutz entgegensteht, bleibt die Belastung – etwa mit Ratenzahlungen – ohne diese Beschränkung überprüfbar.

Zivilprozess und Zwangsvollstreckung
ZPO § 850d Abs. 1 Satz 2 (Notwendiger Unterhaltsbedarf; Aufwendungen für Unterkunft) BGH, Beschluss vom 5.7.2018, VII ZB 40/17

a) Der unpfändbare notwendige Unterhalt des Schuldners im Sinne des § 850d Abs. 1 Satz 2 ZPO entspricht grundsätzlich dem notwendigen Lebensunterhalt im Sinne des 3. und 11. Kapitels des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (im Anschluss an BGH, Beschluss vom 25. November 2010 – VII ZB 111/09, NJW-RR 2011, 706 [= Rpfleger 2011, 164]). Die Angemessenheit der Aufwendungen für die Unterkunft ist nach den konkreten Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten konkret zu ermitteln. Dabei ist vorrangig das ortsübliche Mietpreisniveau, wie es sich aus einem qualifizierten Mietspiegel (§ 558d BGB), einem Mietspiegel (§ 558c BGB) oder unmittelbar aus einer Mietdatenbank (§ 558e BGB) ableiten lässt, heranzuziehen (im Anschluss an BGH, Beschluss vom 23. Juli 2009 – VII ZB 105/08, FamRZ 2009, 1747). In Fällen, in denen der Schuldner mit anderen Personen in einer Wohnung zusammenlebt und die von ihm aufgewendeten Kosten für Unterkunft und Heizung nicht nur seinen eigenen Wohnbedarf, sondern zugleich den Wohnbedarf dieser Personen decken, ist die Höhe des angemessenen Bedarfs des Schuldners für Unterkunft und Heizung fiktiv nach den Kosten zu ermitteln, die der Schuldner nach den konkreten Umständen des Einzelfalls zur Deckung seines eigenen Wohnbedarfs aufwenden müsste.

b) Das sozialrechtliche Kopfteilprinzip (BSG, NZM 2014, 681) ist im formalisierten Zwangsvollstreckungsverfahren im Rahmen des § 850d Abs. 1 Satz 2 ZPO nicht anzuwenden.

ZPO § 753; GVFV §§ 1, 5 (Formularzwang in der Zwangsvollstreckung) BGH, Beschluss vom 26.9.2018, VII ZB 56/16

1. Der Gläubiger ist nur vom Formularzwang gemäß §§ 1, 5 GVFV entbunden, soweit das Formular unzutreffend, fehlerhaft oder missverständlich ist (vgl. BGH, Beschluss vom 4. November 2015 – VII ZB 22/15 Rn. 12, NJW 2016, 81 [= Rpfleger 2016, 167]; Beschluss vom 13. Februar 2014 – VII ZB 39/13 Rn. 36, BGHZ 200, 145 [= Rpfleger 2014, 272]).

2. Für (sonstige) Hinweise, die die beabsichtigte Zwangsvollstreckung betreffen, ist das Modul P 8 des Formulars vorgesehen. Nicht titulierte Forderungen und Hinweise auf nicht titulierte Forderungen betreffen nicht die Zwangsvollstreckung und dürfen deshalb nicht in das Formular aufgenommen werden.

Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung
ZVG § 9 Nr. 1, § 74a Abs. 5 Satz 1 (Beteiligte des Verfahrens, Verkehrswert) BGH, Beschluss vom 7.6.2018, V ZB 221/17

a) Bei der Zwangsversteigerung eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück sind die übrigen Miteigentümer jedenfalls dann als Beteiligte i. S. v. § 9 Nr. 1 ZVG anzusehen, wenn das Grundstück mit einem Grundpfandrecht belastet ist.

b) Bei der Zwangsversteigerung entspricht der Verkehrswert eines Miteigentumsanteils grundsätzlich dessen rechnerischem Anteil an dem Verkehrswert des gesamten Grundstücks.

BGB § 892; FlurbG § 15 Satz 1, § 149 Abs. 3; ZVG § 52 Abs. 1 Satz 2, § 91 Abs. 1 (Grundstücksbelastung im Flurbereinigungsverfahren) BGH, Urteil vom 20.7.2018, V ZR 199/17

a) Derjenige, der während eines Flurbereinigungsverfahrens ein im Flurbereinigungsgebiet liegendes Grundstück rechtsgeschäftlich oder im Wege der Zwangsversteigerung erwirbt, muss gemäß § 15 Satz 1 FlurbG die Belastung mit einer durch die Flurbereinigung entstandenen Grunddienstbarkeit gegen sich gelten lassen, auch wenn diese aus dem Grundbuch nicht ersichtlich ist und im geringsten Gebot nicht aufgeführt ist.

b) § 15 Satz 1 FlurbG steht dem Erlöschen einer durch Flurbereinigung entstandenen, entgegen den §§ 79 bis 83 FlurbG nicht in das Grundbuch eingetragenen Grunddienstbarkeit infolge gutgläubigen lastenfreien Erwerbs (§ 892 BGB) oder infolge Zuschlags in der Zwangsversteigerung (§ 52 Abs. 1 Satz 2, § 91 Abs. 1 ZVG) aber nicht (mehr) entgegen, wenn das Flurbereinigungsverfahren mit der bestandskräftigen Schlussfeststellung nach § 149 Abs. 3 FlurbG abgeschlossen ist.

Straf-, Strafverfahrens- und Strafvollstreckungsrecht
GKG KV 3130, 3113, 3440 (Gebühr für das Rechtsmittelverfahren) BGH, Beschluss vom 28.8.2018, 2 StR 186/14

Wird nach § 473 Abs. 4 Satz 1 StPO ohne weitere Differenzierung angeordnet, dass „die Gebühr für das Rechtsmittelverfahren“ um ein Drittel zu ermäßigen ist, erfasst diese Entscheidung nicht nur die Gebühren für das Revisionsverfahren (hier nach GKG KV 3130, 3113, sondern auch die Gebühr nach GKG KV 3440 für die revisionsgerichtliche Entscheidung über die „Einziehung und verwandte Maßnahmen“ (hier Anordnung von Verfall für Wertersatz).

StPO §§ 146, 146a, 428 Abs. 1 Satz 2, §§ 435, 464b; RVG VV 1008 (Mehrfachverteidigung im Einziehungsverfahren) OLG Stuttgart, Beschluss vom 7.8.2018, 4 Ws 175/18

1. Das Verbot der Mehrfachverteidigung gemäß § 146 StPO gilt auch im Einziehungsverfahren.

2. Der Verstoß gegen das Verbot der Mehrfachverteidigung gemäß § 146 StPO führt dazu, dass der zugrunde liegende Mandatsvertrag und die Vollmacht unwirksam sind.

3. Auch wenn der Verstoß gegen das Verbot der Mehrfachverteidigung im Verfahren unbemerkt geblieben ist, kann die Kostenerstattung im Kostenfestsetzungsverfahren versagt werden.

4. Bei einem Verstoß gegen das Verbot der Mehrfachverteidigung findet eine Gebührenerhöhung gemäß Nr. 1008 VV RVG keine Anwendung.

Kostenrecht
ZPO § 91 Abs. 1 Satz 1; RVG VV 3201 (Kosten der Berufungserwiderung) BGH, Beschluss vom 10.4.2018, VI ZB 70/16

Zur Ersatzfähigkeit der dem Berufungsbeklagten entstandenen Rechtsanwaltskosten, wenn die anwaltliche Tätigkeit (Antrag auf Zurückweisung der Berufung) in Unkenntnis der zwischenzeitlich erfolgten Berufungsrücknahme erfolgt (Abgrenzung zu BGH, Beschluss vom 25. Februar 2016 – III ZB 66/15, BGHZ 209, 120 [= Rpfleger 2016, 502]).

ZPO § 91 Abs. 1 Satz 1, § 104 (Erstattungsfähigkeit von Gutachterkosten) BGH, Beschluss vom 12.9.2018, VII ZB 56/15

Werden umfangreiche Gutachten, welche die beklagte Partei mangels eigener Sachkunde nicht nachvollziehen kann, zur Grundlage einer Klage gemacht, können unabhängig von der Darlegungs- und Beweislast die Kosten für von ihr eingeholte Sachverständigengutachten nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO erstattungsfähig sein.

GNotKG § 46 Abs. 1 und Abs. 2, § 79 Abs. 1, § 83 Abs. 1 (Geschäftswertfestsetzung, Bodenrichtwert) OLG München, Beschluss vom 11.7.2018, 34 Wx 115/18

Wird für Zwecke der Gebührenerhebung der Verkehrswert überlassenen Grundbesitzes bestimmt und hierfür auf die vom Gutachterausschuss veröffentlichten Bodenrichtwerte abgestellt, so ist es nicht sachgerecht, auch in Gebieten mit großer Grundstücksnachfrage generell einen pauschalen Abschlag vorzunehmen, wenn konkrete wertmindernde Umstände nicht vorgetragen oder sonst ersichtlich sind.

Gesetzgebungsreport

Berichtszeitraum vom 26.10.2018 – 25.11.2018

BGBl. I

Verordnung zur elektronischen Aktenführung bei den Gerichten der ordentlichenGerichtsbarkeit im Land Nordrhein-Westfalen (eAktenVerordnung ordentliche Gerichtsbarkeit – eAktOGVO) vom 16. Oktober 2018, GVBl. 2018 S. 578

 

Länderreport

Nordrhein-Westfalen

Verordnung zur elektronischen Aktenführung bei den Gerichten der ordentlichenGerichtsbarkeit im Land Nordrhein-Westfalen (eAktenVerordnung ordentliche Gerichtsbarkeit – eAktOGVO) vom 16. Oktober 2018, GVBl. 2018 S. 578

Schrifttumshinweise

Sachen- und Grundbuchrecht

Schäuble, Ist § 311b Abs. 1 S. 1 BGB international zwingend und setzt die Beurkundung durch einen deutschen Notar voraus? BWNotZ 2018, 60

Familien-, Betreuungs- und Vormundschaftsrecht

Bienwald, Nachruf auf den Gegenbetreuer/die Gegenbetreuung, RpflStud. 2018, 169

Bienwald, Qualität der rechtlichen Betreuung – geht das die Gerichte etwas an? RpflStud. 2018, 174

Bruns, Die Entwicklung des Familienverfahrensrechts seit 2017, (Teil 2), NZFam 2018, 921

Croon-Gestefeld, Die Ehe für alle im EU-Freizügigkeitsrecht, StAZ, 2018, 297

Eckebrecht, Rechtsprechungsübersicht zum Adoptionsrecht (2016-2018), NZFam 2018, 966

Roth, Die Evaluierung des FamFG, FamRZ 2018, 1637

Siede/Brudermüller, Die Entwicklung des Familienrechts seit März 2018 – Güterrecht und Versorgungsausgleich, NJW 2018, 321

Erb- und Nachlassrecht

Frenz, Unwirksamwerden von letztwilligen Verfügungen bei Scheidung, ZNotP 2018, 320

Lange, Die Vermächtnisvollstreckung nach § 2223 BGB, DNotZ 2018, 804

Link, Keine Erteilung eines deutschen Fremdrechtserbscheins bei letztem gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers in einem Mitgliedsstaat der EUErbVO, BWNotZ 2018, 66

Handels- und Registerrecht

Bayer/Hoffmann, 10 Jahre MoMiG – 10 Jahre Mini-GmbH, GmbHR 2018, 1156

Heckschen, Die GmbH-Gründung 10 Jahre nach MoMiG – Eine Bestandsaufnahme, GmbHR 2018, 1093

Ries, Der harte BREXIT und die Folgen für das Gesellschaftsrecht, RpflStud. 2018, 171

Wachter, GmbH-Gesellschafterliste: 10 Jahre nach MoMiG, GmbHR 2018, 1129

Wicke, Gründungserleichterungen als zentrales Reformanliegen, GmbHR 2018, 1105

Prozess-, Verfahrenskosten- und Beratungshilfe

Viefhues, Verfahrenskostenhilfe – eine Übersicht. Teil 3.1: Anwaltsbeiordnung, Abänderung der Bewilligungsentscheidung, FuR 2018, 582

Zivilprozess und Zwangsvollstreckung

Damrau, Zwangsvollstreckung: So gelingt die Zwangsvollstreckung in einen Erbteil, EE 2018, 191

Hergenröder, Das Vermögensverzeichnis – Auskunftspflichtige und Auskunftspflichten, DGVZ 2018, 221

Plum, Die Amtsprüfung der Prozessfähigkeit nach § 56 Abs. 1 ZPO, JR 2018, 483

Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung

Schmidberger, § 65 ZVG – eine Vorschrift ohne Bedeutung? ZfIR 2018,724

Insolvenzrecht

Keller, Die Rückschlagsperre nach § 88 InsO – eine überflüssige Vorschrift, ZIP 2018, 2156

Straf-, Strafverfahrens- und Strafvollstreckungsrecht

Burhoff, Rechtsprechungsübersicht zu § 14 RVG in Straf- und Bußgeldsachen aus den Jahren 2017/2018 – Teil 3, RVGreport 2018, 402

Schumann, Die neue strafrechtliche Vermögensabschöpfung und das Jugendstrafverfahren, StraFo 2018, 415

Kostenrecht

Enders, Anwaltsvergütung in einer Familiensache – VKH für eine beabsichtigte Folgesache wird abgelehnt, JurBüro 2018, 515

Klüsener, Die Vergütung für Tätigkeiten in Verfahren wegen einer im Ausland rechtskräftig verhängten Geldsanktion, JurBüro 2018, 505

Schneider, H., Aktuelle Entwicklungen im Kostenrecht in Familiensachen, FamRB 2018, 452

Schneider, N., Aktuelle Rechtsprechung zu den Verfahrenswerten in Versorgungsausgleichssachen, FF 2018, 390

Buchbesprechungen

Betreuungsrecht, Formularbuch
Von Kretz/Albrecht/Wittkämper. 4. Auflage, 2018. Verlag C. H. Beck, München. 480 Seiten mit Formular-Download-Funktion, 65,– EUR. ISBN 978-3-406 72088-8 Uwe Harm, Diplom-Rechtspfleger, Daldorf
Grundbuchordnung
Kommentar von RiBayObLG a. D. Johann Demharter. 31., neubearbeitete Auflage, 2018. Verlag C. H. Beck, München. 1308 Seiten, Ln. 79,– e Prof. Udo Hintzen, Berlin
Grundbuchordnung
Großkommentar in einem Band. Herausgegeben von Hans-Joachim Bauer, Präsident des Thüringer OLG a. D. und Dr. Bernhard Schaub, Notar. Bearbeitet von Hans-Joachim Bauer, Prof. Dr. Walter Bayer, Prof. Walter Böhringer, Lutz Budde, Dr. Winfried Kössinger, Dr. Hans-Frieder Krauß, Prof. Dr. Jan Lieder, Eckart Maaß, Dr. Annett Meier-Wehrsdorfer, Hauke Schäfer, Dr. Bernhard Schaub, Prof. Wolfgang Schneider, Dr. Wolfram Waldner, Oliver Weber, Dr. Bernd Wegmann und Dr. Axel Wilke. Verlag Franz Vahlen, München, 2018. XXVIII, 2224 Seiten, Leinen, 249,– EUR Prof. Udo Hintzen, Berlin

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