Heft 3/2025 (Februar 2025)
Sofortige Beschwerde gegen Prozesspflegerbestellung für eine GmbH
BGH, Beschluss v. 22.10.2024, II ZB 11/23
Eine sofortige Beschwerde gegen die Bestellung eines Prozesspflegers nach § 57 ZPO für eine GmbH ist nicht statthaft.
Eintragung einer Reallast, Entbehrlichkeit der Zustimmung des Eigentümers
OLG Hamm, Beschluss v. 19.12.2024, 15 W 385/24
Sinn und Zweck des Zustimmungserfordernisses ist es, den Eigentümer des Erbbaugrundstücks vor Belastungen des Grundstücks zu schützen, die ihn bei einem Heimfall des Grundstücks treffen würden. Dieses ist bei einer Reallast, die einen an den Eigentümer zu zahlenden – erhöhten – Erbbauzins zum Inhalt hat, nicht der Fall.
Festsetzung eines Geschäftswertes
OLG Karlsruhe, Beschluss v. 12.12.2024, 19 W 74/24 (Wx)
1. Beabsichtigt das Grundbuchamt für eine Grundbucheintragung einen Geschäftswert nach § 79 Abs. 1 Satz 3 GNotKG festzusetzen, der von den Wertangaben in einem beurkundeten Vertrag abweicht, ist den Kostenschuldnern zuvor rechtliches Gehör zu gewähren.
2. Ein Beschluss zur Festsetzung eines Geschäftswerts wird nach § 40 Abs. 1 FamFG mit der Bekanntgabe an den Kostenschuldner wirksam. Erfolgt die Bekanntgabe erst nach Ablauf der Ausschlussfrist des § 79 Abs. 2 Satz 2 GNotKG, beträgt die Beschwerdefrist einen Monat ab Bekanntgabe nach § 83 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 2 GNotKG.
3. Werden die Kostenschuldner am Verfahren der Geschäftswertfestsetzung nicht hinreichend beteiligt, kommt eine Zurück-
verweisung der Sache unter Aufhebung des Beschlusses im Beschwerdeverfahren nach § 69 Abs. 1 Satz 2 FamFG in Betracht.
Ruhen der elterlichen Sorge (mit Anm. Zorn)
KG, Beschluss v. 22.11.2024, 16 WF 113/24
1. In einem Hauptsacheverfahren über die Feststellung des Ruhens der elterlichen Sorge von Mutter und Vater eines im Inland aufgegriffenen, aus Südostanatolien stammenden minderjährigen, unbegleiteten türkischen Jugendlichen ist der vom Verfahren betroffene Jugendliche in aller Regel persönlich anzuhören.
2. Die vom Gesetz (§ 159 Abs. 1 FamFG) verwandte Formulierung „persönliche Anhörung“ meint dabei das unmittelbare, mündliche Gespräch zwischen dem Jugendlichen (ggf. unter Hinzuziehung eines Dolmetschers) und dem Familiengericht. Die Bestimmung gilt uneingeschränkt auch in Verfahren, die vom Rechtspfleger geführt werden und damit auch für das Verfahren betreffend die Anordnung des Ruhens der elterlichen Sorge.
3. Die Übersendung eines (zumal lediglich in deutscher Sprache abgefassten) Schreibens an den türkischsprachigen Jugendlichen, mit dem diesem Gelegenheit gegeben wird, schriftlich zu dem vom Familiengericht beabsichtigten verfahrensrechtlichen Vorgehen Stellung zu nehmen, wird den Vorgaben von § 159 FamFG nicht gerecht.
Entziehung der Vertretungsmacht wegen
erheblicher Interessenkollision
OLG Bamberg, Beschluss v. 20.11.2024, 2 WF 121/24 e
1. Im Einzelfall können nicht nur hinsichtlich des wegen des
Verdachts des sexuellen Missbrauchs zum Nachteil des Kindes angeklagten sorgeberechtigten Elternteils, sondern auch bezüglich des mitsorgeberechtigten anderen Elternteils wegen erheblichen Interessengegensatzes die Voraussetzungen des § 1789 Abs. 2 Satz 4 BGB gegeben sein (im Anschluss an und in Ergänzung zu Senat, 16.3.2020 – 2 UF 27/20).
2. Dies kann etwa vorliegen, wenn der angeklagte Kindsvater erstinstanzlich freigesprochen wurde, das mit dem Tatvorwurf konfrontierte jugendliche Kind in einem eventuellen Berufungsverfahren Angaben machen und mit dem angeklagten Kindsvater Umgang haben will und ein Nebenklageinteresse selbst nicht bekundet, die Kindsmutter aber im Strafverfahren umfangreich zur Fehlerhaftigkeit des freisprechenden Urteils und der Erforderlichkeit der Berufungseinlegung vorträgt und die Durchführung des Berufungsverfahrens eine erhebliche Belastung des Kindes durch eine dann erforderliche Begutachtung desselben erwarten lässt, was der Kindsmutter bewusst ist.
Bemessung des Stundensatzes des Berufsnachlasspflegers (mit Anm. Bestelmeyer)
OLG Hamburg, Beschluss v. 18.11.2024, 2 W 45/24
Bei der Anhebung der Vergütung von Nachlasspflegern ist auf ein angemessenes Verhältnis zu der Vergütung vergleichbarer Berufsgruppen, insbesondere Pflegern, Vormündern und Betreuern nach dem VBVG zu achten.
Erstattungsfähigkeit privater Sachverständigen-kosten (mit Anm. Horsky)
OLG München, Beschluss v. 6.12.2024, 11 W 1793/24 e
Zu Fragen der Auslegung eines – wie nicht selten – unklar abgefassten Gesamtvergleichs hinsichtlich der Erstattungsfähigkeit von vorgerichtlichen privaten Sachverständigenkosten; Nebeneinander von materiellem und prozessualem Kostenerstattungsanspruch.
Entstehen einer Einigungsgebühr in einer Kindschaftssache
OLG Düsseldorf, Beschluss v. 7.11.2024, II-0 WF 4/24
In einer Kindschaftssache entsteht die Einigungsgebühr nach RVG VV Nrn. 1000 und 1003, wenn in einer Sitzung vor dem Familiengericht in Form eines einfachen Vergleichs eine vorläufige Vereinbarung getroffen wird, die bis zu dem Eingang eines in dem Verfahren noch einzuholenden Sachverständigengutachtens gelten soll.
Bestimmung der Verfahrensgebühr
LG Nürnberg-Fürth, Beschluss v. 10.10.2024, 13 Qs 27/24
Nimmt die Staatsanwaltschaft ihre einseitige und auf das Strafmaß beschränkte Berufung auf Anregung der Berufungskammer noch vor der Terminierung zurück und liegen keine sonstigen Gründe für die Annahme eines zumindest durchschnittlichen Falls vor, steht dem Wahlverteidiger nur eine Verfahrensgebühr nach
Nr. 4124 VV RVG, die unterhalb der Mittelgebühr liegt, zu.