Heft 12 / 2017 (Dezember 2017)

Abhandlungen

Prof. Dr. Alexander Krafka, Dr. Jörn Heinemann
Die Prüfung auf Eintragungsfähigkeit durch den Notar für das Registergericht und das Grundbuchamt 661

I. Einleitung
II. Dogmatische Einordnung
1. Allgemeines
2. Die beurkundungsverfahrensrechtliche Einordnung
3. Die register- und grundbuchverfahrensrechtliche Einordnung
a) Verhältnis Notar/Registergericht bzw. Grundbuchamt
aa) Der Notar als „Hilfsorgan“ des Registergerichts bzw. des Grundbuchamts
bb) Die notarielle Vorprüfung als Amtspflicht des Registergerichts bzw. des Grundbuchamts
cc) “Kleine“ Amtshilfe zwischen Notar und Registergericht bzw. Grundbuchamt
b)Verhältnis Beteiligte/Registergericht bzw. Grundbuchamt
4. Schematische Darstellung
5. Zwischenergebnis
III. Nachweis der Prüfungspflicht
1. Was ist Gegenstand des Nachweises?
2. Wie erfolgt der Nachweis?
3. Wann ist ein Vermerk erforderlich?
4. Zwischenergebnisse
IV.Die notarielle Vorprüfung als Eintragungsvoraussetzung
V. Zwischenverfügung bei fehlender oder falscher Prüfung
VI. Zusammenfassung

Notar a. D. Professor Walter Böhringer
Neue Hofraumverordnung für ungetrennte Hofraumanteile 669

I. Historische Entwicklung
II. Rechtsgrundlagen, Geltungsdauer und Geltungsgebiet
III. Anknüpfungskriterien
1. Unvermessener Hofraumanteil
2. Ersatznachweise
3. Ersatzweiser Nachweisersatz
4. Konkretisierung durch behördliche Bescheinigung
IV. Amtswegige Ergänzung des Grundbuchs
1. Sukzessive Grundbuchrichtigstellung
2. Amtsverfahren
3. Zwingende Ergänzung
4. Grundstücksbezeichnung
5. Grundbucheintragung
V. Realkreditierung
VI. Bisherige Interimszeit
1. Anträge vor Inkrafttreten der neuen HofV
2. Noch nicht geschlossenes Grundbuch
3.Geschlossenes Grundbuch, Wiederanlegung des Grundbuchs
VII. Gebührenfreie Grundbuchergänzung
VIII. Fazit

Dipl.-Rechtspfleger Horst Bestelmeyer
Die Entwicklung des Erbrechts seit 2016 – im Anschluss an den Beitrag in Rpfleger 2016, 694 – 674

1. Gesetzliche Erbfolge
2. Nichtehelichenerbrecht
3. Digitaler Nachlass
4. Annahme und Ausschlagung der Erbschaft
5. Testamentserrichtung und Testamentswiderruf
6. Testamentsauslegung und Testamentsanfechtung
7. Behindertentestament
8. Gemeinschaftliches Testament
a) Errichtung, Auslegung und Widerruf
b) Wechselbezüglichkeit
9. Erbvertrag
10. Nacherbfolge
a) Anordnungs- und Auslegungsfragen
b) Unbekannte Nacherben
c) Wiederverheiratungsklauseln
d) Nacherbenvermerk
e) Aufhebung der Nacherbenbindung
f) Übertragung des Nacherbenanwartschaftsrechts
11. Testamentsvollstreckung
a) Ernennung und Rechtsstellung des Testamentsvollstreckers
b) Entgeltlichkeit der Verfügungen des Testamentsvollstreckers
c)Testamentsvollstreckerzeugnis und Nachweis des TVAmtes
d) Beendigung der Testamentsvollstreckung und des TVAmtes
12. Erbverzicht
13. Pflichtteilsrecht
14. Erbengemeinschaft
15. Erbfälle mit Bezug zur ehemaligen DDR
16. Erbfälle mit Auslandsberührung und Anwendbarkeit der EuErbVO
17. Nachlasspflegschaft122
18. Nachlassgerichtliches Verfahren
19. Nachweis der Erbfolge im Grundbuchverfahren
20. Löschung von Rückauflassungsvormerkungen
21. Transmortale und postmortale Vollmachten

Rechtsprechung

Sachen- und Grundbuchrecht
GBO § 2 Abs. 2 (Berichtigung eines Zeichenfehlers) BGH, Beschluss vom 20.7.2017, V ZB 47/16

Die Berichtigung eines Zeichenfehlers (also einer graphisch falschen Darstellung des richtigen Vermessungszahlenwerks in der Flurkarte des Liegenschaftskatasters) durch die Vermessungsbehörde hat das Grundbuchamt stets als Berichtigung tatsächlicher Art zu behandeln; es darf den Vollzug eines Fortführungsnachweises der Vermessungsbehörde nicht deshalb ablehnen, weil ein auf den Grenzverlauf bezogener Zeichenfehler berichtigt wird (Abgrenzung zu BGH, Urteil vom 1. März 1973 – III ZR 69/70, VersR 1973, 617).

BGB § 727 Abs. 1; GBO §§ 19, 22, 47 Abs. 2 (Grundbuchberichtigung, GbR) OLG München, Beschluss vom 4.7.2017, 34 Wx 123/17

Nach dem Tod eines Gesellschafters einer im Grundbuch als Eigentümerin eingetragenen Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist nicht dessen Erbe, sondern der Rechtsnachfolger in den Gesellschaftsanteil berechtigt, die Berichtigung des Grundbuchs – neben den übrigen Bewilligungsbefugten – zu bewilligen (entgegen KG RNotZ 2016, 328).

GBO §§ 19, 29 Abs. 1 Satz 2; WEG § 7 Abs. 1 Satz 2, § 10 Abs. 3, § 15 Abs. 1 (Wirksam bestelltes Sondernutzungsrecht) OLG Düsseldorf, Beschluss vom 9.6.2017, I-3 Wx 46/17

Räumt die Teilungserklärung dem jeweiligen Eigentümer einer Wohnungseigentumseinheit das Recht ein, näher bezeichnete nicht überbaute Teile des Grundbesitzes allein als Kfz.-Stellplatz zu nutzen und soll die Eintragung in die Grundbücher nur auf gesondertes Ersuchen an den amtierenden Notar erfolgen und reicht der Notar dann die notarielle Urkunde zum Vollzug ein, mit dem Bemerken, die in der Urkunde bewilligte Einräumung von Sondernutzungsrechten werde „nicht zur Eintragung beantragt“, so müssen nachfolgende Eigentümer und sonstige dinglich Berechtigte das ungebuchte Sondernutzungsrecht nicht gegen sich gelten lassen, mit der Folge, dass zur Eintragung nunmehr auch deren Bewilligung erforderlich ist.

GBV § 15 Abs. 1 lit. b; KfWG § 1 Abs. 1 (Ausreichende Gläubigerbezeichnung) OLG Köln, Beschluss vom 11.7.2017, 2 Wx 155/17

Die Bezeichnung „KfW, Frankfurt am Main“ ist für Grundbucheintragungen hinreichend bestimmt i. S. von§ 15 Abs. 1 lit. b GBV zur Bezeichnung der Kreditanstalt für Wiederaufbau.

ZPO § 747; BGB §§ 2058, 2059 Abs. 2, § 2150; GBO § 39 (Eintragung gegen ungeteilte Erbengemeinschaft) OLG München, Beschluss vom 23.6.2017, 34 Wx 173/17

1. Ist im Grundbuch eine ungeteilte Erbengemeinschaft als Eigentümerin eingetragen, ist ein Titel gegen einen Miterben, in dem die Eintragung einer Vormerkung zu Lasten dessen Miteigentums angeordnet wird, als Eintragungsgrundlage nicht geeignet.
2. Eine Auslegung eines Titels, der eine Eintragungsbewilligung ersetzen soll, ist gegen seinen eindeutigen Wortlaut nicht zulässig.

GBO § 20; GrEStG § 22 (Inhalt einer Unbedenklichkeitsbescheinigung) OLG Köln, Beschluss vom 3.8.2017, 2 Wx 179/17

1. Das Grundbuchamt hat in eigener Zuständigkeit zu prüfen, ob der Erwerbsvorgang seiner Art nach dem Grunderwerbssteuergesetz unterliegen kann und ob sich die vorgelegte Unbedenklichkeitsbescheinigung auf die durch die beantragte Eintragung zu vollziehende Veräußerung des Grundstücks bezieht.
2. Leidet die Unbedenklichkeitsbescheinigung dagegen an Ungenauigkeiten, die den Kreis der Steuerpflichtigen betreffen, oder bestehen Widersprüche zu den in der Bescheinigung in Bezug genommenen notariellen Urkunden, hindert dies den Vollzug der Auflassung nicht.

Familien-, Betreuungs- und Vormundschaftsrecht
BGB § 1897 Abs. 4 Satz 1 (Betreuervorschlag) BGH, Beschluss vom 19.7.2017, XII ZB 57/17

Ein Betreuervorschlag nach § 1897 Abs. 4 Satz 1 BGB erfordert weder die Geschäftsfähigkeit noch die natürliche Einsichtsfähigkeit des Betroffenen. Vielmehr genügt, dass der Betroffene seinen Willen oder Wunsch kundtut, eine bestimmte Person solle sein Betreuer werden. Auch die Motivation des Betroffenen ist für die Frage, ob ein betreuungsrechtlich beachtlicher Vorschlag vorliegt, ohne Bedeutung. Etwaigen Missbräuchen und Gefahren wird vielmehr hinreichend durch die begrenzte, letztlich auf das Wohl des Betroffenen abstellende Bindungswirkung eines solchen Vorschlags begegnet (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 14. Januar 2015 – XII ZB 352/14 – FamRZ 2015, 648).

BGB § 1897 Abs. 4 und 5 (Auswahl des Betreuers) BGH, Beschluss vom 19.7.2017, XII ZB 390/16

Ein naher Verwandter des Betroffenen, der zum Betroffenen persönliche Bindungen unterhält und den der Betroffene wiederholt als Betreuer benannt hat, kann nur dann zugunsten eines Berufsbetreuers übergangen werden, wenn gewichtige Gründe des Wohls des Betreuten seiner Bestellung entgegenstehen (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 15. Dezember 2010 – XII ZB 165/10 – FamRZ 2011, 285 [= Rpfleger 2011, 321]).

VBVG § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 (Erhöhte Betreuervergütung) BGH, Beschluss vom 19.7.2017, XII ZB 162/17

Die Vergleichbarkeit einer Ausbildung (hier: „Hochschulzertifikatskurs Rechtliche Betreuung“ von Hochschule Neubrandenburg und BeckAkademie Fernkurse) mit einer Hochschulausbildung i. S. v. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VBVG kann bereits am geringen zeitlichen Umfang (hier: 1.080 Stunden bzw. 36 ECTS-Punkte) scheitern (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 31. Mai 2017 – XII ZB 590/16 – juris).

BGB § 1837 Abs. 3 Satz 1, § 1890 Satz 1, § 1892 Abs. 1, § 1908 i Abs. 1 Satz 1, § 1922 (Kein Zwangsgeld gegen Erben des Betreuers) BGH, Beschluss vom 26.7.2017, XII ZB 515/16

Endet das Betreueramt durch den Tod des Betreuers, kann gegen dessen Erben wegen Nichterfüllung der betreuungsgerichtlichen Anordnung, gemäß § 1908 i Abs. 1 Satz 1, § 1892 Abs. 1 BGB eine Schlussrechnung einzureichen, kein Zwangsgeld nach § 1908 i Abs. 1 Satz 1, § 1837 Abs. 3 BGB festgesetzt werden.

VerschG § 9 Abs. 2 und 3 (Feststellung des Todeszeitpunkts) OLG Oldenburg, Beschluss vom 11.5.2017, 12 W 53/17

1. Eine Person, deren Aufenthalt seit langer Zeit unbekannt ist, über deren Schicksal aber den Umständen nach keine Nachrichten zu erwarten sind, ist verschollen i. S. v. § 1 Abs. 1 VerschG, wenn sie im Einzelfall inzwischen ein Alter erreicht hätte, bei dem aus Sicht eines vernünftig denkenden Menschen erhebliche Zweifel an ihrem Fortleben begründet sind. Dieses ist in Ermangelung anderer Anhaltspunkte jedenfalls der Fall, wenn die vermisste Person, würde sie noch leben, inzwischen über 100 Jahre alt wäre.
2. Kann für die Todesfeststellung gemäß § 9 Abs. 2 VerschG ein wahrscheinlicher Zeitpunkt nicht festgestellt werden, ist aber der Auffangzeitpunkt gemäß § 9 Abs. 3 VerschG deutlich weniger wahrscheinlich als andere Zeitpunkte, weil die verschollene Person bereits seit langer Zeit unbekannten Aufenthalts ist, ohne dass Anhaltspunkte für ein frühes Ableben vorliegen, widerspricht es dem Prioritätsverhältnis zwischen § 9 Abs. 2 VerschG und § 9 Abs. 3 VerschG, wonach vorrangig der wahrscheinlichste Todeszeitpunkt festgestellt werden soll, die Auffangregelung nach § 9 Abs. 3 VerschG anzuwenden. In diesem Fall muss das Gericht den Zeitpunkt gleichwohl nach § 9 Abs. 2 VerschG bestimmen und sich dem wahrscheinlichsten Todeszeitpunkt durch eine Schätzung nähern.
3. Ist in einer derartigen Situation die vermisste Person allein aufgrund ihres hohen Alters, welches sie im Erlebensfall haben müsste, als verschollen anzusehen, ist es angemessen, zur Schätzung des wahrscheinlichen Todeszeitpunktes auf die durchschnittliche Lebenserwartung abzustellen, welche die verschollene Person zu dem Zeitpunkt hatte, als sie nach den vorhandenen Nachrichten noch gelebt hat.

BGB § 1908i Abs. 2 S. 2, §§ 1857 a, 1854 (Befreiung von der Rechnungslegungspflicht) LG Mainz, Beschluss vom 7.8.2017, 8 T 186/171

Das Gericht kann die Befreiung einer Vereinsbetreuerin von der Rechnungslegungspflicht aufheben, wenn dies dem Wohl des Betreuten entspricht, eine engere Kontrolle angezeigt erscheint und hierdurch die Gefährdung des Wohls des Betreuten verhindert werden kann. Die Regelung des § 1908i Abs. 2 S. 2 BGB orientiert sich an der Zielsetzung des § 1857 BGB. Die Anordnung der Rechnungslegungspflicht ist nur für die Zukunft möglich.
Mit Anmerkung von Dipl.-Rechtspfleger (FH) Matthias Kirsch, Alzey

Erb- und Nachlassrecht
BGB §§ 2087, 2084 (Testamentsauslegung, Alleinerbfolge) BGH, Beschluss vom 12.7.2017, IV ZB 15/16

1. Zur ergänzenden Testamentsauslegung.
2. Wenn der Erblasser durch letztwillige Zuwendung einer Sachgesamtheit den Nachlass erschöpfen und gleichzeitig einen Bedachten zum Alleinerben einsetzen wollte, ist im Einzelfall zu prüfen, ob die durch Auslegung ermittelte Erbeinsetzung nach dem Regelungsplan des Erblassers auch einen nachfolgenden, unvorhergesehenen Vermögenserwerb erfassen sollte.

BGB § 2094 Abs. 1 Satz 1, § 2270 Abs. 2 (Anwachsung, wechselbezügliche Erbeinsetzung) OLG Nürnberg, Beschluss vom 24.04.2017, 1 W 642/17

Fällt einer von zwei in einem Ehegattentestament eingesetzten Schlusserben ohne Hinterlassung von Abkömmlingen weg, sind bei Anwendung der Regel des § 2270 Abs. 2 BGB die Wirkungen der Anwachsung (§ 2094 Abs. 1 Satz 1 BGB) von der Wechselbezüglichkeit umfasst.

Handels-, Gesellschafts- und Registerrecht
AktG §§ 4, 23 Abs. 3 Nr. 1, §§ 179, 181; InsO § 80 (Insolvenzverwalter, Veräußerung der Firma) KG, Beschluss vom 10.7.2017, 22 W 47/17

Ein für eine Aktiengesellschaft bestellter Insolvenzverwalter ist befugt, das Handelsgeschäft der Gesellschaft mit der Firma zu veräußern. Die dadurch notwendige Änderung der Firma kann durch den Insolvenzverwalter bewirkt werden. Hierzu hat er die aktienrechtlichen Anforderungen an eine Satzungsänderung einzuhalten.

FamFG § 382 Abs. 4 Satz 1; HGB § 12 Abs. 1 Satz 4, § 177; BGB §§ 2048, 2353 (Kommanditeinlage, gewillkürte Erbfolge) OLG Düsseldorf, Beschluss vom 9.6.2017, I-3 Wx 90/16

1. Soweit das Registergericht das Fehlen eines Nachweises (hier: Erbscheins) durch Zwischenverfügung beanstanden darf, gilt dies nicht und ist der Eintragungsantrag zurückzuweisen, wenn das Registergericht weiter zum Ausdruck bringt, dass aus seiner Sicht die Anmeldung insgesamt inhaltlich unzutreffend sei und durch eine Anmeldung ganz anderen Inhalts ersetzt werden müsse (hier sei der Übergang der Kommanditeinlage im Wege der Sondererbfolge auf alle Erben und sodann bei entsprechender Auseinandersetzung der Übergang auf die durch Teilungsanordnung begünstigte Person im Wege der Sonderrechtsnachfolge „anzumelden“).
2. Zur registermäßigen Behandlung und den Anmeldeerfordernissen des Übergangs einer Kommanditeinlage im Falle gewillkürter Erbfolge und angeordneter Testamentsvollstreckung bei mehreren Miterben auf den durch die Teilungsanordnung begünstigten Miterben.

Zivilprozess und Zwangsvollstreckung
ZPO § 727 (Rechtsnachfolgeklausel, Insolvenzverwalter) BGH, Beschluss vom 30.8.2017, VII ZB 23/14

a) Nach § 727 Abs. 1 ZPO ist die Rechtsnachfolge, wenn sie nicht offenkundig ist, durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachzuweisen. Dieser Nachweis ist geführt, wenn aufgrund der Beweiskraft der öffentlichen oder öffentlich beglaubigten Urkunde mit dem Eintritt der nachzuweisenden Tatsache dem gewöhnlichen Geschehensablauf nach gerechnet werden kann.
b) Ergibt sich aus einem Grundbuchauszug, dass ein Insolvenzvermerk gelöscht ist, kann daraus der Schluss gezogen werden, dass das Grundstück nicht mehr dem Insolvenzbeschlag unterliegt.

GVG § 17a Abs. 2; ZPO §§ 764, 829 (Verweisungsbeschluss) BGH, Beschluss vom 11.7.2017, X ARZ 76/17

a) Eine Verweisung an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtswegs ist nicht nur im Erkenntnisverfahren möglich, sondern kommt auch in dem Erkenntnisverfahren vor-, nach- oder nebengelagerten Verfahren in Betracht.
b) Eine im Vollstreckungsverfahren ausgesprochene unanfechtbar gewordene Verweisung an ein Gericht eines anderen Rechtswegs ist für dieses Gericht bindend.

ZPO §§ 764, 802f; RBStV § 10; LVwVG BW § 15a Abs. 3; LVwVfG BW § 41 Abs. 2 Satz 1; VwVfG § 1 Abs. 4 (Nachweis der Vollstreckungsvoraussetzungen) BGH, Beschluss vom 27.4.2017, I ZB 91/16

a) Im Verfahren der Beitreibung von Rundfunkbeiträgen im Wege der Verwaltungsvollstreckung findet die Überprüfung der wirksamen Zustellung eines Beitragsbescheids durch den Gerichtsvollzieher und das Vollstreckungsgericht nicht statt. Grundlage der beantragten Zwangsvollstreckungsmaßnahme gemäß § 15a Abs. 3 Satz 2 LVwVG BW ist nicht der Beitragsbescheid, sondern das schriftliche Vollstreckungsersuchen der Vollstreckungsbehörde.
b) Die zuständige Landesrundfunkanstalt ist Vollstreckungsbehörde im Sinne von § 15a LVwVG BW.

Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung
ZVG §§ 22, 23, 180; BGB § 749 Abs. 1; ZPO § 829 Abs. 1 Satz 2; BGB § 1258 Abs. 2; FamFG § 266 Abs. 1 Nr. 3 (Antragsrecht in der Teilungsversteigerung, Pfändung) BGH, Beschluss vom 29.6.2017, IX ZB 98/16

a) Bei der Prüfung, ob Ansprüche zwischen miteinander verheirateten oder ehemals miteinander verheirateten Personen oder zwischen einer solchen und einem Elternteil im Zusammenhang mit Trennung oder Scheidung oder Aufhebung der Ehe stehen, sind nicht nur die tatsächlichen und rechtlichen Verbindungen, sondern auch der zeitliche Ablauf zu berücksichtigen.
b) Es gibt keine feste zeitliche Grenze, ab der ein solcher Zusammenhang nicht mehr besteht.
c) Die Pfändung des Rechts eines Teilhabers, jederzeit die Aufhebung der Gemeinschaft verlangen zu können, hindert den Teilhaber nicht daran, die Teilungsversteigerung des Grundstücks zu beantragen.
d) § 1258 Abs. 2 BGB ist auf das Pfändungspfandrecht an dem einem Miteigentümer zustehenden Bruchteil und dem ihm nach Aufhebung der Gemeinschaft zustehenden Erlösanteil nicht anzuwenden.
e) Die Beschlagnahme eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück im Rahmen einer Forderungsvollstreckung steht einem Antrag des Miteigentümers auf Teilungsversteigerung des Grundstücks nicht entgegen.

ZVG §§ 180 ff.; BGB § 1361b (Unzulässige Teilungsversteigerung) HansOLG Hamburg, Beschluss vom 28.7.2017, 12 UF 163/16

Bei der Teilungsversteigerung zum Zwecke der Aufhebung des gemeinschaftlichen Eigentums an einer Ehewohnung ist – vor dem Hintergrund der neuen BGHRechtsprechung zu § 1361 b BGB – dem Schutz des räumlich-gegenständlichen Bereichs der Ehe (auch ohne Abwägung der widerstreitenden Interessen im Einzelfall) der Vorrang vor dem jederzeitigen Aufhebungsanspruch nach § 749 BGB einzuräumen und die Teilungsversteigerung für unzulässig zu erklären (Fortentwicklung von BGH, Beschluss vom 28.9.2016 – XII ZB 487/15).
Mit Anmerkung von Ralf Engels, Fachanwalt für Steuer- und Familienrecht, Euskirchen

ZwVwV §§ 18, 19 (Höhe der Zwangsverwaltervergütung) LG Mühlhausen, Beschluss vom 18.7.2017, 1 T 72/17

1. § 18 ZwVwV entspricht nicht der Ermächtigungsgrundlage des § 152a Satz 1 und 3 ZVG.
2. Der Mittelsatz des § 19 Abs. 1 ZwVwV beträgt 65,– Euro; „Regelsätze“ eines unterdurchschnittlichen, durchschnittlichen und überdurchschnittlichen Falls können mit 45 Euro, 65 Euro und 85 Euro angenommen werden.

Kostenrecht
ZPO § 91 Abs. 2 Satz 1 (Kosten des Rechtsanwalts einer ausländischen Partei) BGH, Beschluss vom 4.7.2017, X ZB 11/15

Einer ausländischen Partei ist es unabhängig von ihrer Parteirolle grundsätzlich nicht zuzumuten, die Wahl des deutschen Rechtsanwalts am Sitz des Prozessgerichts auszurichten (Fortführung von BGH, Beschluss vom 12. September 2013 – I ZB 39/13, NJW-RR 2014, 886 [= Rpfleger 2014, 396]).

ZPO § 91 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 und 3 (Zusätzliche Rechtsanwaltskosten) BGH, Beschluss vom 20.6.2017, VI ZB 55/16

1. Ein Rechtsanwalt, der sich selbst und zugleich eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung vertritt, deren Geschäftsführer er ist, kann in dem ihn betreffendenden Kostenfestsetzungsverfahren Kosten für eine Rechtsanwältin aus seiner Kanzlei, die sich zusätzlich für ihn bestellt hat, nur geltend machen, wenn die zusätzliche Vertretung notwendig war (Bestätigung Senatsbeschluss vom 20. Januar 2004 – VI ZB 76/03, Rpfleger 2004, 314).
2. Im Falle der Insolvenz der Gesellschaft kann er nicht verlangen, so gestellt zu werden, als schulde er sich selbst gemäß § 7 Abs. 2 RVG im Innenverhältnis entfallende Gebühren und Auslagen (Fortentwicklung BGH, Beschluss vom 30. April 2003 – VIII ZB 100/02, NJW-RR 2003, 1217 [= Rpfleger 2003, 537]).

Gesetzgebungsreport

Berichtszeitraum 26.09.2017 – 25.10.2017

BGBl. I
Sechsundfünfzigstes Strafrechtsänderungsgesetz – Strafbarkeit nicht genehmigter Kraftfahrzeugrennen im Straßenverkehr vom 30. September 2017, BGB. I 2017 S. 3532
Gesetz zur Erweiterung der Medienöffentlichkeit in Gerichtsverfahren und zur Verbesserung der Kommunikationshilfen für Menschen mit Sprach- und Hörbehinderungen (Gesetz über die Erweiterung der Medienöffentlichkeit in Gerichtsverfahren – EMöGG) vom 8. Oktober 2017, BGBl. I 2017 S. 3546
Verordnung zur Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs und der elektronischen Aktenführung beim Bundesamt für Justiz im Anwendungsbereich des Rahmenbeschlusses 2005/214/JI des Rates vom 24. Februar 2005 über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung von Geldstrafen und Geldbußen (RahmenbeschlussGeldsanktionen-E-Rechtsverkehrs-und-Aktenführungsverordnung – RbGeldERAV) vom 18. Oktober 2017, BGBl. I 2017 S. 3582

BGBl. II
Bekanntmachung zu dem Übereinkommen über die Rechte des Kindes vom 6. September 2017 , BGBl. II 2017 S. 1298
Bekanntmachung über den Geltungsbereich des Haager Übereinkommens zur Befreiung ausländischer öffentlicher Urkunden von der Legalisation vom 19. September 2017 , BGBl. II 2017 S. 1309

Länderreport
Bremen
Verordnung über die elektronische Führung der Insolvenztabelle vom 18. September 2017, GVBl. 2017 S. 383
Gesetz zur Änderung der persönlichen Gebührenfreiheiten vom 26. September 2017, GVBl. 2017 S. 394

Schrifttumshinweise

Sachen- und Grundbuchrecht

Baer, Veräußerungsbeschränkung nach § 12 WEG und Verwalterzustimmung, ZfIR 2017, 656
Herrler, Kein Erlöschen einer Grunddienstbarkeit mit Untergang des berechtigten Wohnungseigentums, DNotZ 2017, 726
Weber, Widerruf der Veräußerungszustimmung im Wohnungseigentums- und Erbbaurechtsrechtsgesetz, ZWE 2017, 341
Wilsch, Die Blockchain-Technologie aus der Sicht des deutschen Grundbuchrechts, DNotZ 2017, 761

Familien-, Betreuungs- und Vormundschaftsrecht

Bühler/Stolz, Ärztliche Behandlung und unterstützte Entscheidungsfindung – Betreuung entbehrlich? BTPrax 2017, 167
Clausius, Auskunftsrecht des biologischen Vaters über das Kind, NZFam 2017,893
Keuter, Zustimmung des leiblichen Vaters zur Adoption, NZFam 2017, 873 878
Löhnig, Kinder mit mehreren Vätern: Aktuelle Fragen des Adoptionsrechts, NZFam 2017,879
Schmidt, Recht des Kindes auf Kenntnis des leiblichen Vaters, NZFam 2017, 881
Weber, Die Entwicklung des Familienrechts seit Mitte 2016. Ehe- und Lebenspartnerschaftsrecht, Kindschaftsrecht, Ehewohnung, Haushaltsgegenstände, Gewaltschutz und vermögensrechtliche Beziehungen nebst Verfahrensrecht, NJW 2017, 2964
Wellenhofer, Die Schranken des Anfechtungsrechts des leiblichen Vaters gem. §1600 Abs. 2, Abs. 3 BGB, NZFam 2017, 898

Erb- und Nachlassrecht

Bonefeld, Typische Fehler in der Praxis bei der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung im Erbrecht, ZErb 2017, 243
Eichel, Die Grenzen der Ersetzung inländischer Ausschlagungserklärungen durch ihre Abgabe im Ausland gem. Art. 13 EuErbVO, ZEV 2017, 545
Plettenberg, Gesetzliches Erbrecht auch ohne Vaterschaftsfeststellung? NZFam 2017, 889

Handels- und Registerrecht

Lieder/Ringlage, Kein Sonderrecht der zweigliedrigen GmbH! GmbHR 2017, 1065
Melchior/Böhringer, Sportwettbetrug, Gesellschafterliste und Eintragungsbescheinigung: Drei (Groß-) Baustellen im Handelsregister. Zugleich Ergänzung und Aktualisierung des Gustavus, Handelsregister-Anmeldungen, 9. Aufl. 2017, GmbHR 2017, 1074
Segna, Vereinsklassenabgrenzung nach Art des Hauses, Kritische Anmerkungen zu den Kita-Beschlüssen des BGH vom 16. 5. 2017, ZIP 2017, 1881
Terner, Der Zweck heiligt die Mittel – Die Vereinsklassenabgrenzung des Bundesgerichtshofs, RNotZ 2017, 508

Zivilprozess und Zwangsvollstreckung

Reifelsberger/Hufnagel, Die Pfändung von Arbeitslohn. Überblick, Grundzüge und Ermittlung des maßgeblichen Nettoentgelts, DB 2017, 2159
Waldschmidt, Lohnpfändung spezial – Teil 7 (Vollstreckung einer Unterhaltsforderung), JurBüro 2017, 455

Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung

Beck, Immobiliarzwangsvollstreckung zulasten und zugunsten der GbR – Anforderungen an den Titel, NZG 2017, 1178
Jacoby, Insolvenz- und Zwangsverwaltung: Gleichklang und Dissonanzen?! ZfIR 2017, 685

Insolvenzrecht

Eichel, Der internationale Geltungsbereich des Pfändungsschutzes in der Insolvenz, NZI 2017, 790
Hacker/Freiherr von Lilien-Waldau, Kompetenz des Insolvenzverwalters zur Umfirmierung der insolventen Gesellschaft, NZI 2017, 787
Hörnig/Knauth, Die Insolvenzantragspflicht von Stiftungen und Vereinen, NZI 2017, 785
Poertzgen, Die Insolvenzantragspflicht (§ 15a InsO) bei (echten) Auslandsgesellschaften, ZInsO 2017, 1932
Smid, Pläne bei Masseunzulänglichkeit – Zu den Voraussetzungen und Grenzen von Insolvenzplänen nach § 210a InsO, ZInsO 2017, 2085
Stiller, Anhörungsrecht und Rechtsbehelf des Insolvenzverwalters bei Akteneinsicht in die gerichtliche Insolvenzakte? ZInsO 2017, 2141
Thüning, Die Zulässigkeit eines zweiten Restschuldbefreiungs- nebst Stundungsantrags nach neuem Recht, ZVI 2017, 377

Straf-, Strafverfahrens- und Strafvollstreckungsrecht

Burhoff, Fragen aus der Praxis zu Gebührenproblemen in Straf – und Bußgeldverfahren aus dem Jahr 2016/2017 – Teil 2: Vergütungsverzeichnis, insbesondere Teil 4 VV RVG, RVGreport 2017, 362
Schäfersküpper, Das Strafvollzugsgesetz Nordrhein-Westfalen. Verwaltungsrechtscharakter, Gesetzgebungskompetenz und Rechtsprechung, NWVBl. 2017, 361
Thiel, Überblick zur Terminsgebühr in Strafsachen mit Rechtsprechungshinweisen ZAP Fach 24, 1579

Kostenrecht

Böhringer, Gerichtsgebühren für Veränderungen von Belastungen im Grundbuch – Teil 1, JurBüro 2017, 506
Felix, Gerichtskosten und Wertbestimmung in Landwirtschaftssachen, JurBüro 2017, 452
Klüsnener, Die Anrechnung mehrerer Geschäftsgebühren auf eine Verfahrensgebühr, JurBüro 2017, 505
Schneider, H., Anwaltsvergütung bei Räumungsfristverfahren nach §§ 721, 794a ZPO, JurBüro 2017, 449
Schneider, N., Kostenerstattung bei Verweisung vom Zivilgericht an das Arbeitsgericht, NJW-Spezial 2017, 539
Schneider, N., Abrechnungsfähige Kosten einer Bahnfahrt, NJW-Spezial 2017, 603

Buchbesprechungen

Vormundschaft, Pflegschaft und Beistandschaft für Minderjährige
Prof. Dr. Helga Oberloskamp (Hrsg.). 4. Auflage, 2017. Verlag C. H. Beck, München. XXIII, 650 Seiten, geb. 69,– EUR. ISBN 978-3-406-70280-8 Uwe Harm, Rechtspfleger beim Amtsgericht Bad Segeberg
HGB. Kommentar.
Herausgegeben von Prof. Dr. Martin Häublein und RAuN Dr. Roland Hoffmann-Theinert. 1. Auflage, 2017. Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden. XXXIX, 2536 Seiten, geb. 198,– EUR. SBN-Nr. 978-3-8487-3714-7 Prof. Dr. Peter Ries, Berlin
Thomas/Putzo: Zivilprozessordnung
mit FamFG Verfahren in Familiensachen, EGZPO, GVG, EGGVG, EU-Zivilverfahrensrecht. Begründet von Prof. Dr. Heinz Thomas (†) und Professor Dr. Hans Putzo (†), fortgef. von Dr. Klaus Reichold, Dr. Rainer Hüßtege und Dr. Christian Seiler. 38. Auflage, 2017. Verlag C. H. Beck, München. XXXIV, 2430 Seiten, Ln., 63,– Euro Prof. Udo Hintzen, Berlin
Rechtsanwaltsvergütungsgesetz.
Bearbeitet von Dr. Wolfgang Hartung, Herbert P. Schons und Horst-Reiner Enders. 3. Auflage, 2017. Verlag C. H. Beck, München. XXII, 1431 Seiten, geb., 119 Euro. ISBN 978-3-406-69507-0. Dipl. Rpfl. Hagen Schneider, Magdeburg

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