Heft 4 / 2017 (April 2017)

Abhandlungen

Dipl.-Rechtspfleger Klaus Rellermeyer:
Entwicklung des Rechtspflegerrechts seit 2015 – im Anschluss an den Beitrag in Rpfleger 2015, 245 – 189

1. Änderungen des Rechtspflegerrechts
2. Allgemeine Vorschriften des RPflG
a) Stellung des Rechtspflegers
b) Umfang der Übertragung (§ 4 RPflG)
c )Vorlagepflichten und -befugnisse, Bearbeitung durch den Richter (§§ 5, 6 RPflG)
d) Gültigkeit von Geschäften (§ 8 RPflG)
e) Ausschließung und Ablehnung (§ 10 RPflG)
3. Zuständigkeit des Rechtspflegers
a) Betreuungssachen (§ 15 RPflG)
b) Nachlasssachen (§ 16 RPflG)
c) Insolvenzverfahren (§ 18 RPflG)
d) Zivilprozess- und Zwangsvollstreckungssachen (§ 20 RPflG)
e) Festsetzungsverfahren (§ 21 RPflG)
f) Verfahren vor dem Patentgericht (§ 23 RPflG)
g) Aufnahme von Erklärungen (§ 24 RPflG)
h) Ordnungsgeldvollstreckung (§ 31 RPflG)
4. Rechtsmittel (§ 11 RPflG)
a) Allgemeines
b) Grundbuchsachen
c) Kindschafts- und Adoptionssachen
d) Nachlasssachen
e) Insolvenzverfahren
f) Zivilprozess- und Zwangsvollstreckungssachen
g) Festsetzungsverfahren
h) Ordnungsgeldvollstreckung
i) Beratungshilfe
j) Unterhaltssachen
5. Landesrecht
a) Aufhebung von Richtervorbehalten (§ 19 RPflG)
b) Übertragung der PKH-/VKH-Prüfung (§ 20 Abs. 2, 3, § 25a Satz 2 RPflG)
c) Übertragungen auf den UdG (§ 36b RPflG)
d) Wahrnehmung von PKH-Geschäften durch den UdG bei den Fachgerichtsbarkeiten

Horst Deinert:
Neue Rechtsprechung der Bundesgerichte zur Betreuervergütung 196

1. Aufwendungsersatz nach § 1835 BGB
2. Vergütungsanspruch nach § 1836 Abs. 1, 2 BGB
3. Beginn des Vergütungsanspruchs (§ 1 VBVG)
4.Fristen bei der Betreuervergütung (§§ 2,9 VBVG, § 20 GNotKG)
5.Stundensatz für Vormünder und Betreuer (§§ 3, 4 VBVG)
6.Pauschale Stundenansätze (§ 5 VBVG) oder Zeitvergütung (§ 6 VBVG)
7. Mittellosigkeit des Betreuten
8. Ende des Vergütungsanspruchs
9. Vergütung bei Verfahrenspflegschaften (§§ 277, 318 FamFG)
10. Regress der Staatskasse (§ 1836e BGB)
11.Rechtsmittel im Vergütungsverfahren (§§ 168, 292 FamFG)

Rechtsprechung

Sachen- und Grundbuchrecht
BGB §§ 2270, 2271 Abs. 1; GBO §§ 22, 35 Abs. 1 (Vorlage eines Erbscheins) OLG München, Beschluss vom 21.10.2016, 34 Wx 331/16

Der Vorlage eines Erbscheins zur Grundbuchberichtigung bedarf es trotz Konkurrenz zwischen einem gemeinschaftlichen öffentlichen Testament und einer später errichteten eigenhändigen Verfügung von Todes nicht, wenn auch das Nachlassgericht in einem Erbscheinsverfahren nur auf die Zweifelsregelung des § 2270 Abs. 2 BGB zurückgreifen könnte.

BGB §§ 878, 1183; ErbbauRG § 5 Abs. 1, § 6 Abs. 1 (Rücknahme einer Eigentümerzustimmung) OLG München, Beschluss vom 29.9.2016, 34 Wx 191/16

Die Zustimmung des Grundstückseigentümers zur Veräußerung des Erbbaurechts, deren Erforderlichkeit mit dinglicher Wirkung vereinbart ist, ist jedenfalls bis zur Stellung des Eintragungsantrags beim Grundbuchamt widerruflich.

GBO §§ 22, 53, 71 Abs. 1; InsO § 32 Abs. 1 und 2 (Löschung des Insolvenzvermerks) OLG München, Beschluss vom 21.10.2016, 34 Wx 327/16

Erfolglose Grundbuchbeschwerde gegen die Zurückweisung eines Antrags auf Löschung des Vermerks über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

GBO § 133 Abs. 2 S. 3 Nr. 1; Abs. 3 S. 1 (Automatisiertes Abrufverfahren) PfälzOLG Zweibrücken, Beschluss vom 16.9.2016, 6 VA 2/16

Die Genehmigung der Teilnahme am automatisierten Abrufverfahrens zur Übermittlung von Daten aus dem maschinell geführten Grundbuch wegen besonderer Eilbedürftigkeit der Übermittlung setzt jedenfalls voraus, dass der Empfänger (hier: Rechtsanwalt) – unabhängig von der Frage der Häufigkeit der Abrufe – konkret darlegt, inwieweit im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit überhaupt eine solche besondere Eilbedürftigkeit besteht. Es bleibt daher offen, ob eine solche Genehmigung und ihr Fortbestand bei einer nur geringen Abruftätigkeit überhaupt in Betracht kommen.

Familien-, Betreuungs- und Vormundschaftsrecht
BGB § 1628; NamÄndG §§ 2, 3 (Namensänderung des Kindes) BGH, Beschluss vom 9.11.2016, XII ZB 298/15

1. Beantragt ein Elternteil die Übertragung der Entscheidungsbefugnis über eine Namensänderung des Kindes, so hat das Familiengericht neben allgemeinen Kindeswohlbelangen auch die Erfolgsaussicht eines entsprechenden Antrags zu prüfen.
2. Eine Übertragung der Entscheidungsbefugnis hat zu unterbleiben, wenn sich nach umfassender Amtsaufklärung keine Erforderlichkeit der Namensänderung für das Kindeswohl ergibt (Fortführung von BVerwGE 116, 28 = FamRZ 2002, 1104 und Senatsbeschluss vom 24.10.2001 – XII ZB 88/99 – FamRZ 2002, 94 [= Rpfleger 2002, 73]).

BGB § 166 Abs. 1, §§ 1600 b, 1629 Abs. 2, §§ 1795, 1796 (Anfechtung der Vaterschaft) BGH, Beschluss vom 2.11.2016, XII ZB 583/15

1. Im Verfahren auf Anfechtung der Vaterschaft ist die allein sorgeberechtigte und mit dem rechtlichen Vater nicht verheiratete Mutter von der gesetzlichen Vertretung des minderjährigen Kindes nicht kraft Gesetzes ausgeschlossen (im Anschluss an Senatsbeschluss BGHZ 193, 1 = FamRZ 2012, 859).
2. Für den Beginn der das minderjährige Kind betreffenden Frist zur Anfechtung der Vaterschaft ist in diesem Fall auf die Kenntnis der Mutter als alleiniger gesetzlicher Vertreterin abzustellen.

BGB § 1896 (Gesetzliche Betreuungsvoraussetzungen) BGH, Beschluss vom 19.10.2016, XII ZB 387/16

Sowohl bei der Einrichtung als auch bei der Fortsetzung einer Betreuung müssen die gesetzlichen Betreuungsvoraussetzungen vorliegen.

BGB §§ 1908 i, 1840, 1841, 1843 (Rechnungsprüfung) LG Neuruppin, Beschluss vom 6.10.2016, 5 T 80/16

Bei der Rechnungsprüfung genügen im Regelfall die über Banking-Sofware ausdruckbaren Umsatzübersichten als „Beleg“.

Erb- und Nachlassrecht
BGB §§ 119, 1954, 2361 Abs. 1 Satz 1; EGBGB Art. 229 § 36 (Anfechtung der Erbschaft) OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17.10.2016, I-3 Wx 155/15

1. Eine Eingabe, die ausdrücklich auf die Einlegung der Beschwerde durch einen anderen Beteiligten Bezug nimmt und deshalb einen Willen zur Einlegung eines eigenen Rechtsmittels nicht hinreichend deutlich erkennen lässt, ist nicht als eigenständige Beschwerde aufzufassen.
2. Auch nach Erteilung eines Erbscheins bleibt das Nachlassgericht verpflichtet, das Vorliegen der Voraussetzungen für dessen Erteilung von Amts wegen zu überprüfen, sobald irgendein Anlass hierfür besteht (hier: Anfechtungs- und Ausschlagungserklärungen der Beteiligten).
3. Bei der Bewertung einer Anfechtungserklärung gemäß § 119 BGB in Verbindung mit § 1954 BGB beschränkt sich die Ermittlungstätigkeit des Nachlassgerichts auf die Prüfung, ob diejenigen Anfechtungsgründe zutreffen, die der Anfechtungsberechtigte in der Anfechtungserklärung oder später selbst geltend macht beziehungsweise die aufgrund sonstiger Umstände für das Nachlassgericht ersichtlich sind; werden andere als die in der Anfechtungserklärung genannten Gründe geltend gemacht, so liegt eine neue Anfechtungserklärung vor, deren Rechtzeitigkeit nach dem Zeitpunkt ihrer Abgabe zu beurteilen ist.
4. Die Überschuldung der Erbschaft stellt eine verkehrswesentliche Eigenschaft einer Sache (dem Erben angefallener Nachlass oder Nachlassteil) gemäß § 119 Abs. 2 BGB dar, die zur Anfechtung berechtigen kann, wenn der Irrtum bezüglich der Überschuldung auf falschen Vorstellungen hinsichtlich der Zusammensetzung des Nachlasses beruht oder wenn es um die Belastung des Nachlasses mit wesentlichen Verbindlichkeiten geht, deren Bestand ungeklärt ist (hier: Bestand und Durchsetzbarkeit einer Forderung, deren sich ein Darlehensgeber und Grundpfandrechtsgläubiger berühmt).

BGB § 2061; FamFG §§ 59 ff., 342, 433 ff.; RPflG § 11 Abs. 2 (Gläubigeraufgebotsverfahren) OLG Köln, Beschluss vom 5.10.2016, 2 Wx 380/16

1. Bei dem Gläubigeraufgebot gem. § 2061 BGB handelt es sich weder um eine Nachlasssache im Sinne des § 342 Abs. 1 FamFG noch um eine Aufgebotssachen im Sinne der §§ 433 ff. FamFG.
2. Gegen die Zurückweisung des an das Nachlassgericht gestellten Veröffentlichungsantrages durch den Rechtspfleger findet nicht die Beschwerde nach §§ 59 ff. FamFG, sondern nur die Rechtspflegererinnerung gem. § 11 Abs. 2 RPflG statt.

Handels-, Gesellschafts- und Registerrecht
FamFG §§ 26, 394, 395 (Amtslöschungsverfahren einer Gesellschaft) OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17.10.2016, I-3 Wx 215/16

Die auf Anregung des Finanzamts vom Amts wegen im Handelsregister eingetragene Löschung einer Gesellschaft ist zu löschen, wenn es im Zeitpunkt der Löschungsanordnung durch das Registergericht an nach Umfang und Intensität ausreichenden amtswegigen Ermittlungen zur Vermögenslosigkeit der betroffenen Gesellschaft fehlte, was namentlich der Fall ist, wenn dem Registergericht – wie hier – als Erkenntnisgrundlage allein der Umstand vorhandener Schulden der Gesellschaft zur Verfügung stand, ohne dass ersichtlich gewesen wäre, ob diese auf mangelnder Leistungsfähigkeit oder unzureichender Zahlungsmoral beruhten.

BGB §§ 21, 22, 60 (Unterstützungskasse als Verein) KG, Beschluss vom 16.9.2016, 22 W 65/14

In der Regel ist ein Verein, der als Unterstützungskasse im Sinne des § 1b Abs. 4 BetrAVG tätig werden soll, kein ideeller Verein und kann somit nicht in das Vereinsregister eingetragen werden.

Prozesskosten-, Verfahrenskosten- und Beratungshilfe
RVG VV 2504; InsO § 305 Abs. 1 Nr. 1 (Vergütung des Beratungshilfeanwalts, Schuldenbereinigungsplan) OLG Stuttgart, Beschluss vom 29.9.2016, 8 W 291/16

Die Voraussetzungen für einen Gebührenanspruch nach RVG VV 2504 ff. werden durch das Anbieten eines sog. „Fast-Nullplans“ regelmäßig erfüllt, da ein solcher überwiegend nicht als perspektivlos im Sinne der Rechtsprechung des Senats anzusehen sein wird.

FamFG § 78 Abs. 2; ZPO § 121 Abs. 2, § 867 Abs. 1 (RABeiordnung, Zwangssicherungshypothek) OLG München, Beschluss vom 21.11.2016, 34 Wx 420/16

Zur Beiordnung eines anwaltlichen Verfahrensbevollmächtigten für die Vollstreckung eines Unterhaltstitels durch Eintragung einer Zwangshypothek.

Zivilprozess und Zwangsvollstreckung
ZPO § 727 Abs. 1, § 750 Abs. 2 (Zustellung von Nachweisurkunden bei Rechtsnachfolge) BGH, Beschluss vom 13.10.2016, V ZB 174/15

a) Das Zustellerfordernis gemäß § 750 Abs. 2 ZPO im Falle einer Rechtsnachfolge gilt nur für die Nachweisurkunden, auf welche sich das Klauselerteilungsorgan ausweislich der Klausel gestützt hat und die ihm als Beweis der Rechtsnachfolge ausgereicht haben.
b) Bei einer verschmelzungsbedingten Rechtsnachfolge hängt die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung nicht von der zusätzlichen Zustellung eines Auszugs aus dem Register ab, welcher den aktuellen Registerinhalt im Zeitpunkt der Klauselerteilung wiedergibt (Aufgabe von Senat, Beschluss vom 8.11.2012 – V ZB 124/12, BGHZ 195, 292 [= Rpfleger 2013, 225]; Senat, Beschluss vom 21.11.2013 – V ZB 109/13, NJW-RR 2014, 400 Rn. 5 [= Rpfleger 2014, 215]).
c) Ob die Rechtsnachfolge durch die dem Klauselerteilungsorgan vorgelegten bzw. vorliegenden Urkunden nur unzureichend nachgewiesen ist und deshalb die Nachfolgeklausel nicht hätte erteilt werden dürfen, ist im Klauselerteilungsverfahren und im Rahmen der dort zur Verfügung stehenden Rechtsbehelfe zu prüfen.
d) Wird statt einer beglaubigten Abschrift die einfache Abschrift einer Nachweisurkunde im Sinne des § 750 Abs. 2 ZPO zugestellt, ist der darin liegende Zustellungsmangel nach § 189 ZPO geheilt, wenn diese Abschrift nach Inhalt und Fassung mit der Nachweisurkunde übereinstimmt.

ZPO § 924 Abs. 1, § 929 Abs. 2 (Wahrung der Vollziehungsfrist) OLG Dresden, Beschluss vom 19.9.2016, 5 U 566/16

1. Die Annahme, der Arrestschuldner verzichte dauerhaft auf das Widerspruchsrecht aus § 924 Abs. 1 ZPO, wenn er nicht zeitnah nach Zustellung des Arrestes Widerspruch einlegt, ist wegen der besonderen Bedeutung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, dessen Gewährleistung das Widerspruchsrecht dient, nur unter besonderen Umständen gerechtfertigt.
2. Die Wahrung der Vollziehungsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO durch eine innerhalb der Vollziehungsfrist eingeleitete Vollstreckungsmaßnahme setzt voraus, dass diese anschließend ohne vom Gläubiger zu verantwortende Verzögerung durchgeführt worden sein muss, wobei sich die Vollstreckungsmaßnahmen innerhalb und außerhalb der Vollziehungsfrist als Einheit darstellen müssen.

Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung
ZVG §§ 182, 50, 51, 84, 100 (Teilungsversteigerung, Niedrigstgebots-Lösung) BGH, Beschluss vom 15.9.2016, V ZB 136/14

1. Bei der Teilungsversteigerung eines Grundstücks mit unterschiedlich belasteten Miteigentumsanteilen auf Antrag mehrerer Teilhaber ist für die Feststellung des geringsten Gebots von der Person des Antragstellers auszugehen, dessen Anteil am geringsten belastet ist (sog. Niedrigstgebots-Lösung).
2. Gleich hohe Belastungen an den anderen Miteigentumsanteilen sind gleichwohl zu berücksichtigen; unberücksichtigt bleiben nur ungleiche Belastungen. Ein Ausgleichsbetrag gemäß § 182 Abs. 2 ZVG ist nur zu bestimmen, wenn trotz Berücksichtigung der gleich hohen Belastungen bei dem am niedrigsten belasteten Anteil ein höherer Betrag zu berücksichtigen ist als bei den anderen.
3. Die Beeinträchtigung von Rechten im Sinne von § 84 Abs. 1, § 100 Abs. 2 ZVG kann sich auch aus den Bedingungen ergeben, unter denen Zuzahlungsbeträge für bedingte Rechte von dem Ersteher zu zahlen sind.

ZVG §§ 15, 16; GG Art. 25 (Vollstreckungsimmunität bei Zwangsversteigerungsanordnung) BGH, Beschluss vom 22.9.2016, V ZB 125/15

Ist das inländische Grundstück eines ausländischen Staates mit einer Zwangssicherungshypothek belastet worden, führt eine danach eingetretene hoheitliche Zweckbestimmung des Grundstücks dazu, dass die deutsche Gerichtsbarkeit nicht mehr eröffnet und die Anordnung der Zwangsversteigerung deshalb unzulässig ist.

StGB § 263 Abs. 1; ZVG § 71 (Strafbare Gebotsabgabe) BGH, Beschluss vom 14.7.2016, 4 StR 362/15

1. Die Abgabe eines Gebots im Zwangsversteigerungsverfahren enthält keine Erklärung des Bietenden gegenüber den Mitbietern.
2. Der die Zwangsversteigerung leitende Rechtspfleger unterliegt regelmäßig keiner Fehlvorstellung über die Zahlungswilligkeit und Zahlungsfähigkeit des Bieters.
Mit Anmerkung von Rechtsanwalt Heinz Krainhöfner, Bad Schwalbach

Insolvenzrecht
InsO a. F. §§ 4, 290; ZPO § 269 (Rücknahme des Antrags auf Restschuldbefreiung) BGH, Beschluss vom 22.9.2016, IX ZB 50/15

Die Rücknahme des Antrags auf Restschuldbefreiung durch den Schuldner ist jedenfalls dann unzulässig, wenn sie erklärt wird, nachdem ein Insolvenzgläubiger im Schlusstermin oder in einem an dessen Stelle tretenden schriftlichen Verfahren einen Antrag auf Versagung gestellt und das Insolvenzgericht dem Schuldner hierauf die Restschuldbefreiung versagt hat.

InsO § 300 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, §§ 4a, 4b (Sofortige Erteilung der RSB) AG Aurich, Beschluss vom 6.12.2016, 9 IK 55/16

Sind keine Insolvenzforderungen und Masseverbindlichkeiten offen, kann dem Schuldner die vorzeitige Restschuldbefreiung auch ohne Zahlung der Verfahrenskosten erteilt werden, wenn diese gestundet sind.

Straf-, Strafverfahrens- und Strafvollstreckungsrecht
RVG § 56; RVG VV 4116, 4117 (Längenzuschlag für Hauptverhandlungsdauer) OLG Celle, Beschluss vom 12.8.2016, 1 Ws 297/16

1. Bei der Berechnung der Hauptverhandlungsdauer für die Entscheidung über einen Längenzuschlag zur Terminsgebühr des Verteidigers sind Pausen von über einer Stunde Dauer in Abzug zu bringen. Sitzungsunterbrechungen bis zu einer Dauer von einer Stunde bleiben demgegenüber mit Ausnahme der Mittagspause unberücksichtigt.
2. Die Zeit einer Mittagspause ist bei der Berechnung der Hauptverhandlungsdauer unabhängig von der Pausendauer stets in Abzug zu bringen.
3. Als Beginn der Hauptverhandlung ist bei der Entscheidung über einen Längenzuschlag der terminierte und nicht der tatsächliche Verhandlungsbeginn am Sitzungstag anzusetzen.

RVG VV 4122 (Zusatzgebühr für Hauptverhandlung in Strafverfahren) Brandenbg. OLG, Beschluss vom 23.8.2016, 2 Ws 76/16

Bei der Ermittlung der für die Zusatzgebühr nach RVG VV 4122 maßgeblichen Dauer der Hauptverhandlung ist eine Mittagspause nicht in Abzug zu bringen.

Kostenrecht
ZPO § 104 (Mehrere Anwälte, Streitgenossen) OLG Oldenburg, Beschluss vom 4.10.2016, 2 W 49/16

1. Werden zwei einfache Streitgenossen verklagt und werden für sie zwei Rechtsanwälte derselben Partnergesellschaft tätig, kann die Auslegung ergeben, dass beide Streitgenossen denselben Rechtsanwalt in derselben Angelegenheit beauftragt haben, so dass im Kostenfestsetzungsverfahren lediglich die fiktiven Gebühren für die Beauftragung eines gemeinsamen Prozessbevollmächtigten zuzüglich des Mehrvertretungszuschlages zu berücksichtigen ist.
2. Ein Streitgenosse kann in diesem Fall gegen den unterlegenen Prozessgegner grundsätzlich nur den seinem Anteil am Rechtsstreit entsprechenden Bruchteil geltend machen.

ZPO § 104 Abs. 3, §§ 567 ff.; RVG VV 3403 (Rechtsanwaltsgebühren, Nichtzulassungsbeschwerde) OLG Köln, Beschluss vom 22.09.2016, 17 W 234/16

Beauftragt eine Prozesspartei ihren zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten mit der Prüfung der Erfolgsaussichten einer vom Prozessgegner eingelegten und begründeten Nichtzulassungsbeschwerde und führt dieser die Prüfung durch, um beurteilen zu können, ob die Hinzuziehung eines beim Bundesgerichtshof postulationsfähigen Rechtsanwalts geboten ist, so entsteht hierfür der Anspruch des Anwalts auf eine Gebühr nach 3403 VV zu § 2 RVG, die im Falle des Obsiegens vom Prozessgegner zu erstatten ist, sofern nicht auch ein beim Bundesgerichtshof zugelassener Verfahrensbevollmächtigter bestellt wird (im Anschluss an OLG Naumburg, AGS 2013, 488 f. und BGH, NJW 2014, 557 ff.).

GNotKG § 3 Abs. 2, §§ 44, 53, 55; GNotKG KV 14142 (Entlassung mehrere Grundstücke aus der Mithaft) OLG Köln, Beschluss vom 24.10.2016, 2 Wx 403/16

Für die Eintragung der Entlassung mehrerer Grundstücke aus der Mithaft fällt die Gebühr KV 14142 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GNotKG nicht von dem Gesamtverkehrswert der betroffenen Grundstücke, sondern entsprechend der Zahl der betroffenen Grundstücke von deren jeweiligen einzelnen Verkehrswerten an.

GNotKG § 45 Abs. 3, § 51 Abs. 1 Satz 2 (Rückauflassungsvormerkung, Bemessung der Eintragungskosten) PfälzOLG Zweibrücken, Beschluss vom 21.9.2016, 3 W 49/16

Für die Eintragung einer Vormerkung, die einen unter einer oder mehreren Bedingungen stehenden bzw. befristeten Rückübertragungsanspruch sichert, kommt es regelmäßig auf die Hälfte des Grundstückswertes für die Bemessung der Eintragungskosten an.

Gesetzgebungsreport

Berichtszeitraum vom 26.1.2017 – 25.2.2017

BGBl. II
Bekanntmachung über den Geltungsbereich des Haager Übereinkommens über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstucke im Ausland in Zivil- oder Handelssachen vom 21. Dezember 2016 , BGBl. II 2017 S. 58
Bekanntmachung über den Geltungsbereich des Haager Übereinkommens zur Befreiung ausländischer öffentlicher Urkunden von der Legalisation vom 19. Januar 2017 , BGBl. II 2017 S. 160

Schrifttumshinweise

Sachen- und Grundbuchrecht

Bohlsen, Pfändung und Verpfändung der Rechte des Grundstückserwerbers und Auflassungsempfängers, ZfIR 2017, 130
Rapp, Erbbaurecht und Dienstbarkeiten sichere Vertragsgestaltung für Dienstbarkeitsberechtigte sowie Grundstückseigentümer, ZfIR 2017, 89
Riecke, Wohnungseigentum Aktuelle Entwicklungen zu Eigentums- und Nutzungsrechten, baulichen Maßnahmen und Verfahren, MDR 2017, 121

Familien-, Betreuungs- und Vormundschaftsrecht

Boehm, Der Beitritt der Türkei zum Haager Unterhaltsübereinkommen 2007. Auswirkungen auf die deutsch-türkische Durchsetzung von Kindesunterhalt, JAmt 2017, 8

Erb- und Nachlassrecht

Böhringer, Erbschein trotz notarieller Verfügung von Todes wegen? ZEV 2017, 68
Küpper, Haftung und Bindung des Nacherben aus der Nachlassverwaltung des Vorerben: erläutert am Abschluss eines Leihvertrages über eine Nachlassimmobilie, ZEV 2017, 61
Muscheler, Testamentsvollstreckung und Nachlassnutzungen, ZEV 2017, 65
von Proff zu Irnich, Das schuldrechtliche Grundgeschäft zum Erbverzicht, DNotZ 2017, 84
Ruby, Die Gütergemeinschaft beim Tod eines Ehegatten, ZEV 2017, 72
Stritter, Testamentsvollstreckung und Dauerverwaltung des Nachlasses. Kein familiengerichtlicher Genehmigungsvorbehalt bei Aufnahme von minderjährigen Erben als Kommanditisten in eine bestehende FamilienKG mittels Einlage von Nachlassvermögen durch den Vater der Kinder als Dauertestamentsvollstrecker, ZErb 2017, 38
Wendt, Die Erbengemeinschaft: vom Gesetzgeber zur Handlungsunfähigkeit verdammt? 10 Jahre höchstrichterliche Rechtsprechung: Rück- und Ausblicke, ErbR 2017, 58
Zimmer, Störungen beim Erb- und Pflichtteilsverzichtsvertrag, NJW 2017, 513

Handels- und Registerrecht

Schmidt, Vertretungsregelung bei der Liquidationsanmeldung einer GmbH, NotBZ 2017, 93

Prozesskosten- und Beratungshilfe

Klüsener, Vorsteuerabzugsberechtigung und PKH-Vergütung, JurBüro 2017, 1
Lissner, Der perspektivlose Einigungsversuch oder warum Beratungshilfe- und Insolvenzzugangsvoraussetzungen differenzieren sollen, ZInsO 2917, 371
Romeyko, Wem ist im VKH-Überprüfungsverfahren zuzustellen? FamRZ 2017, 267

Zivilprozess und Zwangsvollstreckung

Conrad, Das Abschlussverfahren nach Erlass einer einstweiligen Verfügung im Zivilprozess, MDR 2017, 68
Krbetschek, Die Verhängung einer Verzögerungsgebühr im Zivilprozess, NJW 2017, 517
Nastansky, Die fehlerhafte öffentliche Zustellung und ihre Auswirkungen auf Rechtsbehelfe, Verjährung und Kosten, MDR 2017, 128
Volpert, Vermögensauskunft und Einholung von Drittauskünften durch den Gerichtsvollzieher – besondere gebührenrechtliche Angelegenheit für den Rechtsanwalt, RVGreport 2017, 82

Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung

Kogel, Über Risiken und Nebenwirkungen der Niedrigstgebotstheorie in der Teilungsversteigerung des Familienheims, FamRB 2017, 106

Insolvenzrecht

Ahrens, Schranken einer Rücknahme des Restschuldbefreiungsantrags, ZInsO 2017, 193
Schmidt, Die gerichtliche Vorprüfung von Schuldenbereinigungsplänen – Konkretisierung des gerichtlichen Ermessens anhand von §231 InsO? ZVI 2017, 51

Straf-, Strafverfahrens- und Strafvollstreckungsrecht

Felix, Die Dokumentenpauschale für den Ausdruck von auf CD-ROM überlassenen Strafakten, RVGreport 2017, 42
Lehmann, Einsicht in die Handakten der Staatsanwaltschaft? GA 2017, 36
Jesse, Aus der vollstreckungsrechtlichen Zauberkiste: Verhindert die Zahlung auf eine Einzelgeldstrafe die vollständige Vollstreckung einer Gesamtfreiheitsstrafe? NStZ 2017, 69
Schmidt, Die gerichtliche Vorprüfung von Schuldenbereinigungsplänen – Konkretisierung des gerichtlichen Ermessens anhand von §231 InsO? ZVI 2017, 51

Kostenrecht

Müller-Rabe, Kostenerstattung bei Rücknahme von Klage oder Rechtsmittel, JurBüro 2017, 3

Buchbesprechungen

Dassler/Schiffhauer/Hintzen/Engels/Rellermeyer: ZVG.
Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung einschließlich EGZVG und ZwVwV. 15. neu bearbeitete Auflage, 2016. Gieseking Verlag, Bielefeld. LIVI, Seiten 1.746. 139,80 Eruo ISBN 978-3-7694-1145-4 Franz-Peter Groß, Vors. Richter am Landgericht Meiningen
Palandt: BGB.
Bearbeitet von Prof. Dr. Gerd Brudermüller, Dr. Jürgen Ellenberger, Dr. Isabell Götz, Dr. Christian Grüneberg, Sebastian Herler, Hartwig Sprau, Prof. Dr. Karsten Thorn, Walter Weidenkaff, Dr. Dietmar Weidlich und Dr. Hartmut Wicke. Verlag C. H. Beck, München, 76. Auflage, 2017. XXXIV, S. 3247, Ln. 115,– Euro Prof. Udo Hintzen, Berlin
Zivilprozessordnung mit FamFG, GVG und anderen Nebengesetzen.
Kommentar begründet von Dr. Adolf Baumbach, fortgeführt von Prof. Dr. Wolfgang Lauterbach, sodann von Dr. Jan Albers, PräsOVG a. D. und Dr. Dr. Peter Hartmann, RiAG a. D., nunmehr alleine bearbeitet von Dr. Dr. Peter Hartmann. 75., neubearbeitete Auflage, 2017. Verlag C. H. Beck, München. S. 3341, Ln. 169,– Euro Prof. Udo Hintzen, Berlin

© Verlag Ernst und Werner Gieseking GmbH, 2024