Heft 6/2023 (Juni 2023)

Zuständigkeit, Erbschaft, Annahme, ­Eintragung

EuGH, Urteil vom 30.3.2023, C-651/21

Art. 13 EuErbVO steht nicht entgegen, dass, wenn ein Erbe bei einem Gericht des Mitgliedstaats seines gewöhnlichen Aufenthalts eine Erklärung über die Annahme oder die Ausschlagung der Erbschaft eines Erblassers, der im Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat hatte, hat eintragen lassen, ein anderer Erbe später die Eintragung dieser Erklärung bei dem zuständigen Gericht des letztgenannten Mitgliedstaats beantragt (Rn. 55).

(Leitsatz der Schriftleitung)

 

Eigentümerwohnungsrechts als Teil der ­Insolvenzmasse

BGH, Beschluss vom 2.3.2023, V ZB 64/21

1. Sind Grundstückseigentümer und Wohnungsberechtigter ­personenidentisch, sei es durch eine anfängliche Bestellung des Wohnungsrechts als Eigentümerrecht, sei es durch eine nachträgliche (Wieder-)Vereinigung von Wohnungsrecht und Eigentum in einer Person (§ 889 BGB), muss sich der Wohnungsberechtigte für die Pfändung so behandeln lassen, als habe er es gestattet, die Ausübung des Wohnungsrechts einem anderen zu überlassen; ­infolgedessen ist ein Eigentümerwohnungsrecht stets pfändbar (Fortführung von Senat, Urteil vom 11. März 1964 – V ZR 78/62 [= Rpfleger 1964, 310], NJW 1964, 1226, insoweit in BGHZ 41, 209 nicht abgedruckt).

2. Aufgrund der Pfändbarkeit fällt das Eigentümerwohnungsrecht bei Insolvenz des wohnungsberechtigten Grundstückseigentümers indie Insolvenzmasse. Der Insolvenzverwalter ist befugt, im Rahmen der Verwertung die Löschung des Wohnungsrechts zu bewilligen.

 

Wiedereinsetzungsantrag bei Computerdefekt

BGH, Beschluss vom 1.3.2023, XII ZB 228/22

1. Wird ein Wiedereinsetzungsantrag auf einen vorübergehenden Funktionsausfall eines Computers gestützt, bedarf es näherer Darlegungen zur Art des Defekts und seiner Behebung (im Anschluss an BGH Beschluss vom 17. Mai 2004 – II ZB 22/03 – NJW 2004, 2525).

2. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann nicht gewährt werden, wenn nach den glaubhaft gemachten Tatsachen zumindest die Möglichkeit offenbleibt, dass die Fristversäumung von dem Beteiligten bzw. seinem Verfahrensbevollmächtigten verschuldet war (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 6. April 2011 – XII ZB 701/10 – NJW 2011, 1972).

 

Eintragung eines nichtrechtsfähigen Vereins im Grundbuch

KG, Beschluss vom 16.3.2023, 1 W 445/22

1. Die Eintragung eines nichtrechtsfähigen Idealvereins als Eigentümer im Grundbuch kommt jedenfalls bis zum 31. Dezember 2023 in Betracht, wenn zugleich seine Mitglieder unter Hinweis auf das zwischen ihnen bestehende Gemeinschaftsverhältnis – Gesamthandsgemeinschaft – eingetragen werden.

2. Daran ändert nichts, dass nach dem Inkrafttreten des MoPeG am 1. Januar 2024 die für einen so im Grundbuch eingetragenen Idealverein Handelnden ihre Mitgliedschaft und Vertretungs­befugnis nicht mehr unter Bezug auf ihre Eintragung im Grundbuch gegenüber dem Grundbuchamt nachweisen können werden.

 

Erbschein, Einziehung, Zuständigkeit, ­Nachlassrichter am Notariat, Überschuldung, Irrtum, Anfechtung

OLG Karlsruhe, Beschluss vom 8.2.2023, 11 W 66/21 (Wx)

1. Der Nachlassrichter am Notariat ist nicht Richter im Sinne des Rechtspflegergesetzes. Funktionell zuständig für die Einziehung eines durch den Nachlassrichter am Notariat erteilten Erbscheins ist daher der Rechtspfleger.

2. Zu den möglichen Irrtümern bei der Anfechtung einer Ausschlagungserklärung.

(Leitsätze der Schriftleitung)

 

Handelsregisteranmeldung durch künftigen Geschäftsführer

OLG Brandenburg, Beschluss vom 30.3.2023, 7 W 31/23

Der künftige Geschäftsführer kann den Geschäftsführerwechsel zur Eintragung in das Handelsregister nicht wirksam anmelden, wenn er zur Zeit der Abgabe seiner Erklärung noch nicht Geschäftsführer ist.

 

Kostenerstattung, Notwendigkeit eines ­Anwaltswechsels nach Eröffnung des ­Insolvenzverfahrens

OLG Brandenburg, Beschluss vom 8.3.2023, 6 W 1/23

1. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Beklagten während eines Rechtsstreits, die dazu führt, dass der Insolvenzverwalter als Partei kraft Amts an die Stelle des Schuldners tritt, stellt grundsätzlich keinen Umstand dar, der einen Wechsel in der Person des Rechtsanwalts bei der Kostenfestsetzung als notwendig i.S.v. § 91 ZPO erscheinen lässt.

2. Eine andere rechtliche Beurteilung kann sich aber dann ergeben, wenn der Verdacht im Raum steht, einer der Beklagten sei in kollusivem Zusammenwirken mit dem Insolvenzschuldner und dem alten Rechtsanwalt tätig geworden.

(Leitsätze der Schriftleitung)

 

Erstattungsfähigkeit der Reisekosten des ­auswärtigen Anwalts bei Beauftragung durch einen Insolvenzverwalter

LG Frankfurt, Beschluss vom 11.1.2023, 18 W 170/22

Die Beauftragung eines am Sitz des Insolvenzverwalters ansässigen Hauptbevollmächtigten zur Rechtsverteidigung stellt eine Maßnahme zweckentsprechender Rechtsverteidigung im Sinne von § 91 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 ZPO dar, wenn der Insolvenzverwalter erst im Laufe des Rechtsstreits (hier: in der Berufung) Partei wird und er nach Aufnahme des Rechtsstreits die bisherigen Prozessbevollmächtigten mandatiert.

 

Erstattungsfähigkeit der Auslagen des Terminsvertreters

AG Frankfurt, Beschluss vom 28.2.2023, 30 C 731/22

Zu den erstattungsfähigen können auch die Kosten für einen Unterbevollmächtigten gerechnet werden, jedenfalls dann, wenn dies im Vorfeld mit dem Mandanten abgestimmt ist und dieser dadurch der Delegation der eigentlich höchstpersönlich vorzunehmenden Terminvertretung zugestimmt hat.

(Leitsatz der Schriftleitung)

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