Heft 5/2023 (Mai 2023)

Vorsorgevollmacht, persönliche Betreuung, tatsächliche Hilfe

BGH, Beschluss vom 16.11.2022, XII ZB 212/22

Soweit in einer Vorsorgevollmacht keine anderweitigen Regelungen enthalten sind, berechtigt die Vorsorgevollmacht den Bevollmächtigten nur zur rechtlichen Vertretung, verpflichtet aber nicht zur persönlichen Betreuung des Vollmachtgebers. Der Vorsorgebevollmächtigte hat nur die notwendigen tatsächlichen Hilfen zu besorgen, nicht jedoch selbst zu leisten.

 

Beschwerde, RA, Form, elektronisches Dokument

BGH, Beschluss vom 7.12.2022, XII ZB 200/22

Wird eine Beschwerde nach § 64 Abs. 2 Satz 1 FamFG von einem Rechtsanwalt schriftlich eingelegt, ist die Beschwerdeschrift nach § 14b Abs. 1 Satz 1 FamFG als elektronisches Dokument zu übermitteln.

 

Verfügung über Forderung, Nachlassverwaltung, keine Anwendbarkeit

BGH, Urteil vom 9.12.2022,V ZR 68/22

Das in § 1812 BGB für bestimmte Verfügungen vorgesehene Genehmigungserfordernis besteht bei der Nachlassverwaltung nicht.

 

Eintragungsfähigkeit Gewinnabführungsvertrag bei mehreren GmbHs im Handelsregister

BGH, Beschluss vom 31.1.2023, II ZB 10/22

Der zwischen zwei Gesellschaften mit beschränkter Haftung bestehende Gewinnabführungsvertrag kann nicht im Handelsregister der Obergesellschaft eingetragen werden.

 

Freibetrag für vorhergehende Unterhaltsberechtigte bei Lohnpfändung wegen Unterhaltsforderung

BGH, Beschluss vom 18.1.2023, VII ZB 35/20

§ 850d Abs. 1 Satz 2 ZPO ist dahin auszulegen, dass bei der Bestimmung des pfandfreien Betrags die laufenden gesetzlichen Unterhaltspflichten des Schuldners gegenüber den dem Gläubiger vorgehenden oder gleichstehenden Unterhaltsberechtigten nur in dem Umfang zu berücksichtigen sind, in dem der Schuldner seine gesetzlichen Unterhaltspflichten den weiteren Unterhaltsberechtigten gegenüber erfüllt oder in dem er von den weiteren Unterhaltsberechtigten im Wege der Zwangsvollstreckung in Anspruch genommen wird (Aufgabe von BGH, Beschluss vom 5.8.2010 – VII ZB 101/09 [= Rpfleger 2011, 38], MDR 2010, 1214).

 

Notar, Beurkundung eines Teuhänderwechsels, Geschäftswert, Verschlechterungsverbot

BGH, Beschluss vom 26.1.2023, III ZB 9/22

1. Zur Bestimmung des Geschäftswerts der notariellen Beurkundung eines Treuhänderwechsels.

2. DasVerschlechterungsverbot in Notarkostensachen steht einer Erhöhung der Wertansätze nicht schlechthin entgegen.

 

Intern. Zuständigkeit deutscher Insolvenzerichte bei Eröffnungsantrag in Drittstaat

BGH, Beschluss vom 8.12.2022, IX ZB 72/19

Nach dem autonomen internationalen Insolvenzrecht hindert ein in einem Drittstaat gestellter Eröffnungsantrag allein nicht die internationale Zuständigkeit deutscher Insolvenzgerichte.

 

Akteneinsicht, Verweigerung, Beschwerde, Verwaltungsakt, Meistbegünstigung)

BayObLG, Beschluss vom 10.1.2023, 102?VA 127/22

1.? Die Entscheidung eines Amtsgerichts über den Antrag auf Akteneinsicht in eine Nachlassakte eines privaten Dritten stellt keinen Justizverwaltungsakt dar, sondern einen Akt der Rechtsprechung. Statthaft ist die Beschwerde nach § 58 FamFG.

2.?Bei einer falschen Rechtsbehelfsbelehrung gilt der Meistbegünstigungsgrundsatz.

(Leitsätze der Schriftleitung)

 

Abgrenzung Ersterteilung und Neuerteilung eines Grundschuldbriefs

OLG Hamm, Beschluss vom 3.1.2023, 15 W 395/21

Zu den Voraussetzungen für die Erteilung eines neuen Grundpfandrechtsbriefs in dem Fall, dass der Brief vom Grundbuchamt abgesandt worden ist, aber ein Zugang beim Gläubiger nicht feststellbar ist

 

Verfügungsbeschränkung, Erbengemeinschaft, bedingte Übertragung, Erbteil

OLG München, Beschluss vom 8.8.2022, 34 Wx 154/22

Wenn sich alle Erbteile in einer Person vereinigen, ist die Erbengemeinschaft aufgelöst. Das gilt auch, wenn eine Erbteilsübertragung nur bedingt erfolgt ist. Die Eintragung einer Verfügungsbeschränkung kommt in einem solchen Fall nicht in Betracht.

(Leitsätze der Schriftleitung)

 

Auslegung, Testament, gegenseitige Erbeinsetzung

OLG Brandenburg, Beschluss vom 9.8.2022, 3 W 67/22

1. Eine fehlende (ausdrückliche) gegenseitige Erbeinsetzung kann nur dann ausgelegt werden, wenn eine solche in einer Verfügung von Todes wegen zumindest angedeutet wurde.

2. Die Zuwendung eines den großen Teil des Nachlasses (etwa 2/3) ausmachenden Nachlassgegenstandes „als Erbe“ stellt nicht zwingend eine Erbeinsetzung dar.

(Leitsätze der Schriftleitung)

 

Gewöhnlicher Aufenthalt, Pflegeheim

OLG München, Beschluss vom 9.2.2023, 33 UH 4/23e

1. Befand sich der Erblasser bis zu seinem Tod mehr als 10 Jahre in einem Pflegeheim am selben Ort, hatte er an diesem Ort seinen gewöhnlichen Aufenthalt.

2. Das gilt auch dann, wenn er während der gesamten Zeit wegen einer geistigen Erkrankung unter Betreuung stand und der Betreuer auch das Aufenthaltsbestimmungsrecht ausgeübt hat.

 

Betreuervergütung, gesetzlicher Forderungsübergang auf Staatskasse, Schonvermögen

LG Lübeck, Beschluss vom 3.3.2023, 7 T 49/23

Für den Rückgriff der Staatskasse gegen den Betreuten (§§ 1881, 1880 BGB) gilt auch in „Altfällen“ der seit dem 1.1.2023 geltende Schonvermögensbetrag in Höhe von 10.000 Euro.

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