Heft 10/2020 (Oktober 2020)

Heimaufenthalt, Wohngemeinschaft, ambulante Pflege, gesonderter Anbieter
BGH, Beschluss vom 20.5.2020, XII ZB 226/18
1. Lebt der Betroffene aufgrund Mietvertrags in einer Wohngemeinschaft und bezieht von einem gesonderten Anbieter ambulante Pflegeleistungen, so hält er sich damit grundsätzlich noch nicht in einem Heim gemäß § 5 Abs. 3 VBVG a.F. auf (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 28. November 2018 – XII ZB 517/17 –­ FamRZ 2019, 477).
2. Danach führt es auch nicht zur Einstufung als Heim im Sinne des § 5 Abs. 3 VBVG a.F., wenn der Betroffene als Mitglied einer selbstverantworteten Wohngemeinschaft Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist, deren Zweck in der Aufnahme einer Wohngemeinschaft für Senioren unter Sicherstellung der ­altersgerechten Betreuung ihrer Gesellschafter besteht, und die Gesellschaft entsprechend Wohnraum zur Überlassung an die ­Gesellschafter anmietet, während die Gesellschafter ambulante Pflegeleistungen individuell mit einem gesonderten Anbieter vereinbaren.

Beschwerdeberechtigung bei Zurückweisung einer Anmeldung
BGH, Beschluss vom 21.7.2020, II ZB 26/19
Wird eine von sämtlichen Gesellschaftern einer Personenhandelsgesellschaft vorgenommene Anmeldung zurückgewiesen, sind die zur Anmeldung berufenen Gesellschafter und nicht die ­Gesellschaft selbst beschwert und beschwerdeberechtigt.

Prozesskostenhilfe, Bayerisches Familiengeld
BGH, Beschluss vom 20.5.2020, XII ZB 537/19
Das Bayerische Familiengeld unterfällt als vergleichbare Landesleistung im Sinne des § 10 Abs. 1 BEEG dieser Regelung und bleibt deshalb als einzusetzendes Einkommen im Rahmen der Verfahrenskostenhilfe unberücksichtigt, soweit es zusammen mit den weiteren in dieser Vorschrift genannten Leistungen monatlich 300 e nicht übersteigt.

Vollstreckungsabwehrklage, Präklusion bei ­Verbraucherwiderrufsrecht
BGH, Urteil vom 3.3.2020, XI ZR 486/17
Der Darlehensnehmer eines Verbraucherdarlehensvertrags ist gemäß § 767 Abs. 2, § 796 Abs. 2 ZPO mit seinem nach § 495 Abs. 1, § 355 Abs. 1 und 2 BGB in der bis zum 10.6.2010 geltenden Fassung bestehenden Widerrufsrecht ausgeschlossen, wenn die Bank nach Kündigung des Darlehensvertrages ihren Rückzahlungsanspruch in einem mit dem Einspruch nicht mehr anfechtbaren Vollstreckungsbescheid tituliert hat.

Sonderinsolvenzverwalter, Vergütung, Gegenstandswert
BGH, Beschluss vom 7.5.2020, IX ZB 29/18
Soweit für die Vergütung eines Sonderinsolvenzverwalters, dessen Auftrag auf die Prüfung einer angemeldeten Forderung beschränkt ist, die Bestimmungen des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes heranzuziehen sind, ist der Gegenstandswert für die Geschäftsgebühr nach billigem Ermessen zu bestimmen. Er entspricht in der Regel der Befriedigungsquote, die für die geprüfte Forderung im Zeitpunkt der ersten Prüftätigkeit zu erwarten ­gewesen ist.

Terminsgebühr, außergerichtlicher Vergleich, einstweilige Verfügung
BGH, Beschluss vom 7.5.2020, V ZB 110/19
1. Für die Terminsgebühr nach Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 Variante 3 VV RVG genügt der Abschluss eines außergerichtlichen schrift­lichen Vergleichs; nicht erforderlich ist, dass der Vergleich protokolliert oder sein Zustandekommen gemäß § 278 Abs. 6 ZPO ­seitens des Gerichts festgestellt wird.
2. Die Terminsgebühr nach Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 Variante 3 VV RVG entsteht auch dann, wenn der schriftliche Vergleich in einem einstweiligen Verfügungsverfahren nach §§ 935 ff. ZPO geschlossen wird.

Aufgebotsbeschluss, Wiedereinsetzung
OLG Düsseldorf, Beschluss 31.3.2020, 3 Wx 249/19
1. Nach Ablauf der im Aufgebotsbeschluss genannten sechswöchigen Frist sowie Erlass des Ausschließungsbeschluss, der den ­Antragsteller nicht als Nachlassgläubiger nennt, zu dessen Guns­ten Forderungen gegen den Nachlass vorbehalten seien, kann der Antragsteller Wiedereinsetzung in die versäumte Anmeldefrist nicht verlangen (Anschluss an BGH NJW 2016, 3664 ff. [= Rpfleger 2017, 91])
2. Die Übersendung einer auf das Erfordernis der Anmeldung einer Forderung innerhalb der gesetzten Frist hinweisenden Entscheidung „zur Kenntnisnahme" fordert dazu auf, den Inhalt des übermittelten Schriftstücks zur Kenntnis zu nehmen, mithin zu lesen und zu überlegen, ob und ggf. welche Konsequenzen zu ­ergreifen sind.

Firmenwahrheit, Beschwerderecht berufsständisches Organ
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16.3.2020, 3 Wx 133/19
1. Die Firma „TAX-Care GmbH" („TAX-Care " bedeutet ins Deutsche übersetzt soviel wie „Steuer-Hilfe", „Steuer-Vorsorge", „Steuer-Pflege", „Steuer-Sorgfalt", „Steuer-Versorgung") ist bei verständiger Würdigung geeignet, aus der objektivierten Sicht eines durchschnittlichen Angehörigen der beteiligten Verkehrskreise den Eindruck hervorzurufen, zu ihrem Geschäftsbetrieb gehöre – wie gerade nicht der Fall und überdies rechtlich unzulässig – (auch) die steuerrechtliche Vorsorge, Betreuung, Beratung oder Hilfe in Steuerangelegenheiten, was sich nicht mit dem Grundsatz der Firmenwahrheit vereinbart.
2. Berufsständische Organe der freien Berufe sind beschwerdeberechtigt, wenn das Registergericht ihren Antrag auf amts­wegige Löschung einer Firma wegen Vorliegens eines wesentlichen ­Mangels bzw. ihre Anregung zur Einleitung eines entsprechenden ­Verfahrens abgelehnt hat.

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