Heft 05/2020 (Mai2020)

Einsatz angesparten Vermögens, Härte, Pflegegeld
BGH, Beschluss vom 29.1.2020, XII ZB 500/19
Der Einsatz eines aus Pflegegeld nach § 37 SGB XI angesparten Vermögens für die Vergütung des Berufsbetreuers stellt für den Betreuten keine Härte i.S.v. § 90 Abs. 3 Satz 1 SGB XII dar.

Pfändung von Arbeitseinkommen, erweiterte Pfändung, Alg-II-Leistungen
BGH, Beschluss vom 15.1.2020, VII ZB 5/19
Arbeitslosengeld II-Leistungen, die der Schuldner erhält, sind bei einer erweiterten Pfändung (§ 850d ZPO) von Arbeitseinkommen unbeschadet des sich aus § 42 Abs. 4 Satz 1 SGB II ergebenden Pfändungsschutzes im Sinne einer Minderung des Pfändungsfreibetrags gemäß § 850d Abs. 1 Satz 2 ZPO zu berücksichtigen, sofern und soweit bei einer derartigen Berücksichtigung das sozialhilferechtliche Existenzminimum des Schuldners gesichert bleibt.

Restschuldbefreiung, Versagungsantrag, Antragsrecht
BGH, Beschluss vom 13.2.2020, IX ZB 55/18
Den Antrag, die Restschuldbefreiung zu versagen, wenn sich nach dem Schlusstermin herausstellt, dass ein Versagungsgrund nach
§ 290 Abs. 1 InsO vorgelegen hat, können nur Insolvenzgläubiger stellen, die sich durch Anmeldung ihrer Forderung am Insolvenzverfahren beteiligt haben.

Vergütung d. Berufsbetreuers, Vertrauensschutz
VerfG Brandenburg, Beschluss vom 17.1.2020, 65/18
1. Der Einzelne braucht grundsätzlich nicht damit zu rechnen, dass der Gesetzgeber in der Vergangenheit liegende Lebenssachverhalte nachträglich anders regelt.
2. Die Rechtsprechung zur Zulässigkeit bzw. Unzulässigkeit der Rückwirkung von Gesetzen ist auf die Korrektur eines als rechtswidrig erkannten Verwaltungshandelns jedoch nicht ohne weiteres übertragbar.
3. Fehlt es an einer bestandskräftigen, den Adressaten begünstigenden Verwaltungsentscheidung über einen zu beurteilenden Sachverhalt, ist ein Vertrauen des Adressaten in ein in der Vergangenheit erfolgtes begünstigendes Verwaltungshandeln bei vergleichbaren Sachverhalten im Hinblick auf zukünftige Entscheidungen grundsätzlich nicht in gleichem Maße schutzwürdig.
4. Gelangt das Amtsgericht abweichend von seiner früheren Wertung zu dem Ergebnis, dass eine Berufsbetreuer die Voraussetzungen für eine Erhöhung des Stundensatzes gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 VBVG a. F. nicht erfüllt, oblag ihm aufgrund seiner Gesetzesbindung, diese Erkenntnis auch umzusetzen.
5. Da die Vergütung abschnittsweise und nur nach einer Neuprüfung der Anspruchsvoraussetzungen bewilligt wird, kann keine über den jeweiligen Bewilligungszeitraum hinausgehende Rechtsposition begründet werden, so das ein schützenswertes des Adressaten nicht gegeben ist.

Wärmecontracting-Vertrag, unzulässige Bezugsbindung
KG, Beschluss vom 25.2.2020, 1 W 296/19
Soll zur dinglichen Absicherung eines Wärmecontracting-Vertrages dem Energieunternehmen gestattet werden, auf dem Grundstück eine Heizungsanlage zur Versorgung der dort befindlichen Gebäude zu betreiben, und dem Grundstückseigentümer verboten werden, zu demselben Zweck Anlagen zur Erzeugung von Wärme zur Raumheizung und Warmwasserbereitung zu betreiben oder durch Dritte errichten und betreiben zu lassen oder diese Nutzenergien von Dritten zu beziehen, so stellt dies keine als beschränkte persönliche Dienstbarkeit unzulässige Bezugsbindung dar.

Österreichisches Erbrecht, Grundstück in Deutschland, Universalsukzession, Zuweisung im ENZ
OLG München, Beschluss vom 10.2.2020, 34 Wx 357/17
Der Miteigentumsanteil an in Deutschland gelegenem Grundbesitz eines deutschen Staatsangehörigen, der seinen gewöhnlichem Aufenthalt in Österreich hatte und dort verstorbenen ist, wird, auch bei ausdrücklicher Zuweisung des Grundbesitzes im Europäischen Nachlasszeugnis an einen Miterben, nicht zu Allein¬eigentum erworben, da nach dem maßgeblichen österreichischen materiellen Erbrecht Universalsukzession eintritt, das österreichische Recht keine dingliche Teilungsanordnung kennt und daher die Richtigkeitsvermutung des Europäischen Nachlasszeugnisses keine Wirkung entfaltet.

Nachlasspflegervergütung, teilmittelloser Nachlass, gespaltener Stundensatz
OLG Celle, Beschluss vom 20.3.2020, 6 W 142/19
Reicht der Aktivnachlass zur Begleichung der gesamten Vergütung des Nachlasspflegers nicht aus, ist der Nachlass gemäß § 1915 Abs. 1 Satz 1 BGB in entsprechender Anwendung des § 1836 d Nr. 1 BGB als mittellos anzusehen mit der Folge, dass sich der ¬gesamte Vergütungsanspruch gemäß § 1915 Abs. 1 Satz 2 letzter Halbsatz BGB ausschließlich nach § 3 VBVG berechnet.

Ende der Genossenschaftsmitgliedschaft, Umwandlung durch Formwandel, Rechtsfolgen, Mitgliederliste, Berichtigungsanspruch
OLG Naumburg, Urteil vom 12.12.2019, 1 U 125/19 (Hs)
1. Die Genossenschaftsmitgliedschaft einer eingetragenen Genossenschaft endet nicht nach oder analog § 77a GenG mit ihrer Umwandlung durch Formwechsel in eine Gesellschaft mit ¬beschränkter Haftung. Eine solche Umwandlung hat weder die Auflösung noch das Erlöschen der eingetragenen Genossenschaft zur Folge. Ebenso wenig tritt eine Rechtsnachfolge ein.
2. Wird in der Mitgliederliste dennoch die Beendigung der Mitgliedschaft vermerkt, hat die Gesellschaft gegen die Genossenschaft einen auf Berichtigung gerichteten Anspruch.

Bestellung Betreuer, Absehen von der persönlichen Anhörung, Corona-Virus
AG Dresden, Beschluss vom 23.3.2020, 404 XVII 80/20
Zu den Anforderungen an das durch das Coronavirus ausgelöste Absehen von der persönlichen Anhörung des Betroffenen und des Verfahrenspflegers im Rahmen der Bestellung eines Betreuers.

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