Heft 7/2016 (Juli 2016)

Vorschau
Monika Hütter: Das Vereinfachte Verfahren auf Festsetzung des Kindesunterhalts
Peter Savini: Hinterlegung in Vermögensabschöpfungs- und Rückgewinnungshilfeverfahren
Johannes Weber und Volker Jurksch: Der notarielle Löschungsantrag als auflösende Bedingung
 
Grundstückserwerb durch WE-Gemeinschaft
BGH, Urteil vom 18.3.2016, V ZR 75/15
a) Die Wohnungseigentümer können grundsätzlich den Erwerb eines Grundstücks durch die Gemeinschaft beschließen. An der erforderlichen Beschlusskompetenz fehlt es nur dann, wenn es sich offenkundig nicht um eine Verwaltungsmaßnahme handelt.
b) Der Erwerb eines Grundstücks durch die Wohnungseigentümergemeinschaft entspricht jedenfalls dann in aller Regel ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn das Grundstück für die Wohnungseigentumsanlage von Beginn an eine dienende und auf Dauer angelegte Funktion hatte und diese mit dem Erwerb aufrechterhalten werden soll.
c) Die Kosten des Erwerbs eines Grundstücks stellen einen besonderen Verwaltungsaufwand im Sinne des § 21 Abs. 7 WEG dar, dessen Verteilung die Wohnungseigentümer mit Stimmenmehrheit abweichend von dem gesetzlichen Kostenverteilungsmaßstab des § 16 Abs. 2 WEG regeln können.
 
Teilanfechtung der Betreuungsanordnung
BGH, Beschluss vom 2.3.2016, XII ZB 634/14
Eine Teilanfechtung nur der Betreuungsanordnung ist ­ anders als die Teilan­fechtung der Betreuerauswahl ­ nicht möglich (Abgrenzung zu Senatsbeschluss vom 3. Februar 2016 –­ XII ZB 493/15.
 
Pfändung von Kindergeld
BGH, Beschluss vom 9.3.2016, VII ZB 68/13
Aus einem Titel über einen Anspruch aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung (§ 263 StGB) im Zusammenhang mit dem Kauf von Kinderschuhen können Ansprüche der Schuldnerin auf Zahlung von Kindergeld nicht gepfändet werden.
 
Umwandlung einer Kapital- oder Personen­handelsgesellschaft in eine GbR
BGH, Beschluss vom 14.1.2016, V ZB 148/14
Ist eine formwechselnde Umwandlung von einer Kapital- oder einer Personenhandelsgesellschaft in eine GbR zwar im Handelsregister eingetragen, im Grundbuch aber nicht durch eine berichtigende Eintragung nach § 47 Abs. 2 GBO nachvollzogen worden, bedarf es für eine Zwangsvollstreckung in das Grundstück keiner titelergänzenden Klausel nach § 727 ZPO. Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung können auf Grund eines auf die im Grundbuch eingetragene Gesellschaft lautenden Titels angeordnet und fortgesetzt werden.
 
Schuldrechtliche Anspruch auf Eintragung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit
OLG Nürnberg, Beschluss vom 26.1.2016, 15 W 1608/15
1. Der schuldrechtliche Anspruch auf Eintragung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit (Einräumungsanspruch) kann grundsätzlich nicht an einen Dritten abgetreten werden.
2. Etwas anderes gilt dann, wenn sich der Grundstückseigentümer durch unechten Vertrag zugunsten Dritter gegenüber dem Versprechensempfänger verpflichtet hat, die Dienstbarkeit für einen Dritten zu bestellen, und die Abtretungsmöglichkeit schuldrechtlich vereinbart wurde.
3. Der einen Dritten begünstigende Einräumungsanspruch kann durch Vormerkung gesichert werden.
4. Der Umstand, dass die Person und Zahl der Drittbegünstigten noch nicht bekannt ist, steht der Eintragung der Vormerkung  nicht entgegen, weil das grundbuchmäßige Erfordernis der genauen Bezeichnung des Anspruchsinhabers (Bestimmtheitserfordernis) nur für den Versprechensempfänger und nicht für die Drittbegünstigen gilt.
 
Erbquoten, Nachlasswert
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.1.2016, I-3 Wx 20/15
1. Besteht hinsichtlich der Frage der Erbquoten – wie typischerweise so auch hier – kein Anhaltspunkt dafür, dass der Erblasser für den Fall des Vorversterbens eines Miterben gewollt hätte, dass die diesbezügliche Verfügung in dem Sinne unwirksam würde, dass der betreffende Erbteil der gewillkürten Erbfolge entzogen werden und für ihn nunmehr gesetzliche Erbfolge gelten sollte, so kommt es allein darauf an, ob beim Vorversterben eines Erben dessen Erbteil den übrigen Erben nach dem Verhältnis ihrer Erbteile anwachsen sollte oder ob der Erblasser Ersatzerben berufen hat (hier ergibt Letzteres bereits die erläuternde Testamentsauslegung).
2. Ein etwaiger Verfahrensfehler des Nachlassgerichts in Gestalt einer Beeinträchtigung  rechtlichen Gehörs verhilft der Beschwerde nicht zum Erfolg, sofern der Beschwerdeführer sich – wie hier – im Rechtsmittelverfahren in vollem Umfang hat äußern können und das Beschwerdegericht dieses Vorbringen zur Kenntnis genommen hat.
3. In Erbscheinsverfahren bemisst sich der Wert, ausgehend vom Nachlassreinwert, nach dem mit dem Rechtsmittel verfolgten wirtschaftlichen Interesse (Anschluss an OLG Hamm – FGPrax 2015, 277 f. – hier: Wert um den sich der Erbteil des Beschwerdeführers infolge Anwachsung erhöht).
4. An seiner bisherigen Auffassung, dass unter Geltung des GNotKG – anders als nach dem früheren Recht der Kostenordnung – dem wirtschaftlichen Interesse eines Rechtsmittelführers keine maßgebliche Bedeutung mehr zukomme und (allein) auf die Rechtsmittelanträge abzustellen sei (FGPrax 2015, 182 f.), hält der Senat nicht länger fest.
 
Notvorstand, Beschwerdeberechtigung
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.2.2016, I-3 Wx 35/16
1. Für das allein als nach § 29 BGB bestellter Notvorstand eingelegte Rechtsmittel eines Beteiligten, der auch „einfaches“ Vereinsmitglied ist, fehlt mit Blick darauf, dass seinem Antrag im angegriffenen Beschluss in vollem Umfang stattgegeben worden ist, nicht die Beschwerdeberechtigung, wenn der Antragsteller hierdurch nicht nur rechtliche Vorteile erlangt, sondern ihm zugleich Rechtspflichten entstehen, was bei der Bestellung zum Notvorstand eines Vereins zu bejahen ist.
2. Die auf eine Aufhebung der registergerichtlichen Entscheidung gerichtete Beschwerde erweist sich wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig, wenn dem gerichtlich zum Notvorstand Bestellten eine einfachere Möglichkeit für die Abwendung der ihn beeinträchtigenden Rechtsfolgen in Gestalt der schlichten Erklärung der Nichtannahme des Amtes zur Verfügung steht (hier hatte der Bestellte parallel zum geführten Beschwerdeverfahren hinreichend deutlich erklärt, das Amt als Notvorstand nicht annehmen zu wollen, da das Registergericht ihn über die auf ihn zukommenden Aufgaben nicht sachgerecht informiert habe, worauf sich zu berufen ihm trotz früherer Einverständniserklärung nicht verwehrt ist).
 

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