Heft 8/2015 (August 2015)
Vorschau
Stefan Lissner: Die Dienstpostenbewertung für Rechtspfleger – ein notwendiges Übel?
Martin Weber und Christina-Maria Leeb: Aktuelle Fragen der Ergänzungspflegschaft nach § 1909 Abs. 1 Satz 1 BGB
Uwe Harm: Die Entwicklung im Vormundschafts-, Pflegschafts- und Betreuungsrecht seit 2013 (ohne Vergütungsrecht)
Ralf Engels: Zwangsverwaltung und Einkommensteuer – kritische Auseinandersetzung mit BFH, Urteil vom 10.2.2015, IX R 23/14 –
Testamentsvollstrecker, Betreuervergütung
BGH, Beschluss vom 15.4.2015, XII ZB 534/14
a) Bei einer durch ein Behindertentestament auf den Betroffenen übertragenen (Vor-)Erbschaft und gleichzeitiger Anordnung der Testamentsvollstreckung wird der Testamentsvollstrecker durch die Festsetzung der Betreuervergütung aus dem Vermögen des Betroffenen nicht in eigenen Rechten unmittelbar betroffen.
b) Er ist deshalb weder an dem Vergütungsfestsetzungsverfahren zu beteiligen noch steht ihm gegen die abschließende Festsetzungsentscheidung ein Beschwerderecht zu.
Keine nachträgliche Veränderung eines abgeschlossenen Handelsregistereintrags, Geschlechtsangleichung
BGH, Beschluss vom 3.2.2015, II ZB 12/14
Aus § 5 Abs. 1 TSG folgt kein Anspruch der Geschäftsführerin einer GmbH auf vollständige Löschung ihres vormals männlichen Vornamens im Handelsregister.
Zustellung an prozessunfähige Person, Heilung
BGH, Urteil vom 12.3.2015, III ZR 207/14
1. Die Unwirksamkeit der Zustellung an eine prozessunfähige Person (§ 170 Abs. 1 Satz 2 ZPO) kann gemäß § 189 ZPO dadurch geheilt werden, dass das zuzustellende Schriftstück dem gesetzlichen Vertreter der prozessunfähigen Person tatsächlich zugeht.
2. § 167 ZPO erfasst auch die erst durch eine – insgesamt noch „demnächst“ erfolgende – Heilung wirksam gewordene Zustellung.
Vollstreckungsauftrag der Gerichtskasse
BGH, Beschluss vom 18.12.2014, I ZB 27/14
1. Der Vollstreckungsauftrag der Gerichtskasse, mit dem zur Beitreibung von Gerichtskosten die Abnahme der Vermögensauskunft und erforderlichenfalls der Erlass eines Haftbefehls zu deren Erzwingung beantragt wird, ersetzt die vollstreckbare Ausfertigung des Schuldtitels.
2. Vollstreckungsaufträge der Gerichtskasse müssen schriftlich erteilt werden und eine Unterschrift sowie das Dienstsiegel tragen. Dabei genügt die Wiedergabe des Namens des Verfassers in Maschinenschrift, wenn er mit dem Beglaubigungsvermerk versehen ist.
3. Der Antrag der Gerichtskasse an den Gerichtsvollzieher auf Abnahme der Vermögensauskunft muss Angaben zum Grund, zur Höhe und zur Vollstreckbarkeit der Vollstreckungsforderung enthalten.
4. Die Verpflichtung des Schuldners zur Abgabe der Vermögensauskunft muss bereits im Termin bestanden haben. Ein dem Antrag der Gerichtskasse auf Abnahme der Vermögensauskunft anhaftender Formmangel kann nur mit Wirkung für die Zukunft geheilt werden und nicht rückwirkend eine Verpflichtung zum Erscheinen zum Termin begründen.
Vollstreckung wegen einer öffentlichen Last
BGH, Beschluss vom 12.3.2015, V ZB 41/14
Dem Gerichtshof der Europäischen Union wird zur Auslegung des Gemeinschaftsrechts gemäß Art. 267 Abs. 1 lit. b AEUV folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:
Erfasst der Begriff des dinglichen Rechts gemäß Art. 5 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1346/2000 des Rates vom 29. Mai 2000 über Insolvenzverfahren (ABl. EG 2000 Nr. L 160 S. 1) eine nationale Regelung, wie sie in § 12 des Grundsteuergesetzes i.V.m. § 77 Abs. 2 Satz 1 der Abgabenordnung enthalten ist, wonach Grundsteuerforderungen kraft Gesetzes als öffentliche Last auf dem Grundstück ruhen und der Eigentümer insoweit die Zwangsvollstreckung in den Grundbesitz dulden muss?
Keine Verpflichtung zur Löschung einer Zwangssicherungshypothek
BGH, Urteil vom 30.4.2015, IX ZR 301/13
Ein durch eine Zwangssicherungshypothek nachrangig gesicherter Gläubiger, dessen Recht bei einer Verwertung des Grundstücks wegen dessen wertausschöpfender Belastung durch im Rang vorgehende Rechte keinen Anteil am Erlös erwarten lässt, ist nicht verpflichtet, im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Grundstückseigentümers zugunsten der vom Insolvenzverwalter beabsichtigten freihändigen lastenfreien Veräußerung des Grundstücks die Löschung seines Sicherungsrechts zu bewilligen.
Katastermäßige Flächenzerlegung, Gewässergrundstück
OLG München, Beschluss vom 9.3.2015, 34 Wx 39/14
1. Die katastermäßige Flächenzerlegung eines Grundstücks hat keine materiell-rechtliche Wirkung; maßgeblich ist der Grundbuchinhalt.
2. Die Aufklärungs- und Ermittlungspflicht gilt auch im Amtsverfahren des Grundbuchrechts nur, soweit der Vortrag von Beteiligten oder der Sachverhalt dazu Anlass bietet. Allen denkbaren Möglichkeiten muss nicht nachgegangen werden; vielmehr können die Ermittlungen eingestellt werden, wenn ihre Fortsetzung ein die Entscheidung beeinflussendes Ergebnis nicht mehr erwarten lässt.
3. Zur eigentumsrechtlichen Zuordnung ehemaliger – in diesem Fall gebuchter – Gewässergrundstücke.
Entgeltl. Verfügung des Testamentsvollstreckers
OLG München, Beschluss vom 16.3.2015, 34 Wx 430/14
1. Der Vorlage eines Erbscheins oder der Zustimmung bisher unbekannter – durch einen Pfleger zu vertretender – Nacherben bedarf es nicht, soweit der Testamentsvollstrecker Miteigentumsanteile eines Grundstücks erfüllungshalber an Vermächtnisnehmer überträgt. Entgeltlichkeit ist auch dann gegeben, wenn der Testamentsvollstrecker eine Verfügung in Ausführung einer letztwilligen Anordnung des Erblassers vornimmt. In diesem Fall ist es zum Grundbuchvollzug weder erforderlich, dass sich das Vermächtnis aus einer öffentlichen Urkunde ergibt, noch dass die Stellung der Erben durch Erbschein nachgewiesen wird.
2. Des grundbuchtauglichen Nachweises bedarf die Entgeltlichkeit der Verfügung hingegen für die Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft durch den Testamentsvollstrecker, wenn Miteigentumsanteile anteilig auf die Erben übertragen werden sollen und das – privatschriftliche – Testament keine entsprechende Teilungsanordnung oder kein Vorausvermächtnis enthält.