Heft 12/2019 (Dezember 2019)
Verfahrenspfleger bei Betreuungsbedarfs,
Betreuung in allen Angelegenheiten
BGH, Beschluss vom 11.9.2019, XII ZB 537/18
a) Die Bestellung eines Verfahrenspflegers für den Betroffenen ist regelmäßig schon dann geboten, wenn der Verfahrensgegenstand die Anordnung einer Betreuung in allen Angelegenheiten als möglich erscheinen lässt (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 12. Juni 2019 –¬ XII ZB 51/19 –¬ juris).
b) Dass ein Betreuungsbedarf für das erkennende Gericht offensichtlich ist, steht als solches der Notwendigkeit der Bestellung eines Verfahrenspflegers nicht entgegen.
Beschwerdeinstanz, Verfahrenskostenhilfe, Nachträgliche wesentliche Änderungen
BGH, Beschluss vom 11.9.2019, XII ZB 120/19
Begehrt der Rechtsmittelführer Verfahrenskostenhilfe, muss er in der Beschwerdeinstanz mit der Ablehnung des Verfahrenskostenhilfegesuchs wegen fehlender Bedürftigkeit rechnen, wenn sich nach der erstinstanzlichen Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe wesentliche Änderungen ergeben haben (Fortführung von BGH Beschluss vom 14. Mai 2013 –¬ II ZB 22/11 –¬ juris).
Prozessführungsbefugnis des Zwangsverwalters in Kostenfestsetzungsverfahren
BGH, Beschluss vom 27.6.2019, V ZB 27/18
Enthält ein vollstreckbarer Titel eine Kostengrundentscheidung zu Gunsten oder zu Lasten des Zwangsverwalters, ist der Zwangsverwalter in dem nachfolgenden Kostenfestsetzungsverfahren ohne weiteres (aktiv oder passiv) prozessführungsbefugt, und zwar auch dann, wenn die Zwangsverwaltung vor Einleitung des Rechtsstreits, während des laufenden Prozesses oder nach Abschluss des Erkenntnisverfahrens aufgehoben worden ist.
Vergütung des Insolvenzverwalters, Versagung wegen unterlassener Offenbarung von Pflichtverstößen in anderen Verfahren
BGH, Beschluss vom 12.9.2019, IX ZB 76/18
Die Versagung der Vergütung des Insolvenzverwalters wegen Pflichtverletzungen in anderen Insolvenzverfahren kommt im Hinblick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz erst in Betracht, wenn gewichtige, vorsätzliche oder zumindest leichtfertige Pflichtverstöße festgestellt sind, deren unterlassene Offenbarung gegenüber dem Insolvenzgericht eine schwere, subjektiv in hohem Maße vorwerfbare Verletzung der Treuepflicht darstellt.
Verfahrenskostenhilfe, Änderungsverfahren nach Insolvenzeröffnung
BGH, Beschluss vom 28.8 2019, XII ZB 119/19
1. Für die bereits bei Insolvenzeröffnung angefallenen Gerichtskosten ist die Staatskasse ebenso Insolvenzgläubigerin wie für auf sie gemäß § 59 Abs. 1 Satz 1 RVG übergegangene, vor Insolvenzeröffnung entstandene Rechtsanwaltsgebühren (Fortführung von BGH Beschlüsse vom 13. Oktober 2016 -– IX ZR 250/16 ¬– NZI 2017, 62 und vom 28. Juni 2012 –¬ IX ZR 211/11 –¬ NJW¬RR 2012, 1465).
2. Solche Insolvenzforderungen können nur im Rahmen des ¬Insolvenzverfahrens und damit nicht im Wege einer verfahrenskostenhilferechtlichen Zahlungsanordnung geltend gemacht werden, so dass insoweit die Eröffnung des Insolvenzverfahrens der nachträglichen Anordnung von Zahlungen im Änderungsverfahren nach § 120 a ZPO entgegensteht.
Insolvenzverwaltervergütung, Zuschlag,
Delegation von Verwalteraufgaben
BGH, Beschluss vom 12.9.2019, IX ZB 1/17
Überträgt der Insolvenzverwalter eine ihm obliegende Aufgabe, die ein Verwalter ohne volljuristische Ausbildung nicht lösen kann, einem Rechtsanwalt und entnimmt er die dadurch entstehenden Auslagen der Insolvenzmasse, ist bei der Entscheidung über einen beantragten Zuschlag zur Vergütung zu berücksichtigen, dass dem Verwalter im Umfang der Delegation kein Mehraufwand entstanden ist.
Löschung Insolvenzvermerk im Grundbuch, ausländisches Insolvenzverfahren
OLG Köln, Beschluss vom 21.10.2019, 2 Wx 271/19;
1. Das Ersuchen eines Insolvenzverwalters auf Löschung eines aufgrund der Eröffnung eines ausländischen Insolvenzverfahrens im deutschen Grundbuch eingetragenen Insolvenzvermerks ist an das Insolvenzgericht zu richten.
2. Das Grundbuchamt trägt die Löschung des Insolvenzvermerks nur auf entsprechendes Ersuchen des Insolvenzgerichts ein.
3. Für die Löschung eines im Grundbuch eingetragenen Insolvenzvermerks über die Eröffnung eines ausländischen Insolvenzverfahrens gilt im Anwendungsbereich der EuInsVO Art. 102 § 6 Abs. 2 EGInsO (bzw. Art. 102c § 8 Abs. 2 EGInsO) entsprechend. Es bedarf keines Rückgriffs auf § 346 InsO.
Erbeinsetzung einer ambulant tätigen Pflegekraft
OLG Köln, Beschluss vom 21.8.2019, 2 Wx 216/19, 2 Wx 217/19
Die testamentarische Erbeinsetzung einer ambulant tätigen Pflegekraft durch die zu pflegende Person ist nicht gem. § 134 BGB i.V.m. § 7 WTG NRW unwirksam.
Gesellschafterliste, Verweigerung der
Aufnahme, offensichtlicher Formverstoß
KG, Beschluss vom 13.9.2018, 22 W 63/18
Das Registergericht kann die Aufnahme einer Gesellschafterliste in den Registerordner verweigern, wenn die zugrunde liegende Veränderung nur unter notarieller Mitwirkung wirksam vorgenommen sein kann, die Liste aber nur durch einen Geschäftsführer unterschrieben ist.
Pflichtverteidigervergütung, Verfahrensverbindung
OLG Celle, Beschluss vom 4.9.2019, 2 Ws 253/19
1. Die Vorschrift des § 48 Abs. 6 Satz 3 RVG gilt für alle Fälle der Verfahrensverbindung, unabhängig davon, ob die Beiordnung als Pflichtverteidiger vor oder nach der Verbindung erfolgt ist.
2. Eine Erstreckung der Beiordnung nach § 48 Abs. 6 Satz 3 RVG setzt nicht zwingend voraus, dass vor der Verbindung bereits ein Antrag auf Beiordnung als Pflichtverteidiger in dem hinzuverbundenen Verfahren gestellt wurde.